Archiv


Weltkulturerbe La Laguna

Das Stadtbild mit dem 500 Jahre alten Grundriss gab den Ausschlag, warum La Laguna 1999 den Titel Weltkulturerbe erhielt. Ab dem 16. Jahrhundert ließen sich hier Handelsfamilien nieder. Ihre Häuser haben alle die gleiche Bauart. Wie eine nicht enden wollende Mauer reihen sie sich in der Altstadt aneinander.

Von Carol Lupu |
    Eine Übersicht über die Stadt La Laguna bekommen Besucher, wenn sie erst an den Rand der Altstadt gehen. Dort steht die "Iglesia de la Concepción" - Maria Empfängnis Kirche - mit ihrem über die Stadtdächer ragenden Glockenturm. Unten gibt's Karten, die genau so günstig sind wie eine Tasse Kaffee in der benachbarten Cafeteria: 1 Euro 50. Mit dieser Karte kommt man in die schönsten Sehenswürdigkeiten der Ex-Hauptstadt von Teneriffa und dazu gehört erst mal die schmalen Treppe aus dem 17. Jahrhundert, die den Turm hinaufführt.

    "Und hier sind die Glocken, eins, zwei drei, vier fünf / Da kann man hin greifen. Und hier geht ein harter Wind. Das Allerschönste ist der Ausblick von hier oben. Auf der einen Seite seit sieht man den Regenwald von Teneriffa, und einen irren Regenbogen, / der ist so fantastisch, das man meint der geht 20, 30 Meter von uns zum Erdboden nieder."

    Der Ausblick ist zwar atemberaubend, aber nur wenn man in die satte Grünnatur blickt. Das Grün der Insel ist so ähnlich wie der von frischem Kopfsalat auf dem Felde. Aber die Sicht über die Stadt La Laguna von hier oben ist enttäuschend. Das liegt daran, dass nie eine Stadtmauer gezogen wurde, kein Anfang und Ende der Altstadt erkennbar ist. Alles sieht gleich aus: Flachdach neben Flachdach, gerade Straßen, gleiche Häuserhöhe- und Maße. Nur die Kirchendächer und das Kloster Santa Catalina, in dem wir gleich noch eine unverweste Leiche besuchen werden, heben sich hervor.

    "Herzlich willkommen in La Laguna, mein Name ist Dominga, die Stadtrundführung wird ungefähr ein Stunde dauern und wir enden an dem ehemaligen Kloster von San Augustin."

    Eben noch auf dem Turm habe ich mich nun in eine Touristengruppe eingereiht, wir stehen jetzt im Hof der Generalkapitäne. Die triste Sicht auf die Stadt hat sich ins Gegenteil gekehrt. Das Salatgrün der Pflanzen hängt aus Fenstern und Gesimsen an den ockergelben Mauern herunter.

    Dominga Rodriguez Almenara wartet im diesem Haus der Generalkapitäne, das heute Touristenbüro ist, auf die etwa 20 deutschen Gäste. Sie ist mit Leib und Seele Stadtführerin. In machen deutschen Reiseführern wird sie als "das" Original der Touristenbehörde erwähnt.:

    "Und in den 70ern, das wissen Sie auch, war der Ausländerboom in Europa. Nach Holland, Deutschland und der Schweiz sind sehr viele Spanier ausgewandert, inklusive mein Vater, also ich bin keine Deutsche, ich bin nur zufällig im Rheinland aufgewachsen und deswegen spreche ich auch etwas deutsch. Ist hier jemand aus Düsseldorf?"

    Geht man die Hauptstraßen entlang, habe ich den Eindruck, nicht an Häusern vorbei zu gehen, sondern an einer einzigen nicht endenden Mauer, die sich im Horizont verliert. Das Stadtbild ist der Grund, warum La Laguna 1999 von der UNESCO in das Weltkulturerbe aufgenommen wurde. Dominga hält zwei Stadtpläne in ihren Händen, einer davon ist aus Pauspapier, den liegt sie auf den andren.

    "Schauen sie mal, anhand dieses wunderschönen Planes kann man das perfekt erklären. Das hier das ist der aktuelle Stadtplan von La Laguna, den haben sie auch alle. Und das ist der erste, der vor mehr als vor 500 Jahren angefertigt wurde von einem italienischen Ingenieur, Torriani. Wenn wir beide vergleichen, dann können sie eindeutig sehen, das der Grundriss von La Laguna seit mehr als 500 Jahren der gleiche ist, die schachbrettartige Grundriss."

    Nicht nur der Grundriss ist der gleiche sondern auch die Häuser mit ihren Höfen habe keine große Veränderung erfahren.

    Wir gehen zum Kloster Santa Catalina. Catalina ist der spanische Name für Katharina. Das Kloster ist 1611 geweiht worden. Wir treten durch geschnitzte Eingangstore in den Innenraum. Die Decke der Kirche ist ebenfalls geschnitzt - dunkles Holz, so dunkel, dass es von oben drückt. Von den dunkelbraunen Balken der Decke hebt sich die Wand vorn im Altarbereich ab. Sie schimmert golden, als ob sie eine eigne Lichtquelle hätte. Gegenüber, auf der anderen, hinteren Seite im Raum, hinter Gitterstäben, aber steht die Sensation des Klosters.

    "Dort in der Ecke ruht der Leichnam der unverwesten Nonne, Sor María de Jesús. Das ist eine Nonne, die starb vor mehr als 270 Jahren in diesem Kloster. / Sie hat viel Gutes getan und als sie gestorben ist – sie ist am Alter gestorben – an dem Tag sind sehr viel Gläubige in die Kirche gekommen und haben ihr nachgeweint/. Damals wurde man ja ganz normal in der Erde begraben und das Kloster hier hat einen eigenen Friedhof. Diese Nonne hatte einen Seelenverwandten, das war der Corsal Amaro Pargo / der war drei Jahre unterwegs während die Nonne verstarb, und als er zurück kam, bat er um Erlaubnis, um sie ausgraben zu lassen, / Und als man sie ausgraben ließ stellte man fest, dass ihr Körper inkorrupt war, das heißt unverwest. Man glaubt ja, weil la Laguna eine sehr fruchtbare Erde hat, dass vielleicht der Verwesungsprozess sich gestoppt hat. Aber nach 300 Jahren hat man nun keine logische Erklärung mehr. Sie wurde untersucht. Das war selbstverständlich wie ein Wunder in La Laguna."

    Und jährlich zu ihrem Todestag wird der Sarg, in dem sie aufbewahrt wird, geöffnet. Ab fünf Uhr morgens stehen dann die Menschen Schlange, die Nonnen kochen Kakao für die Besucher, um das Warten zu erleichtern. Schwerkranke und Behinderte haben einen Sondereingang. Alle wollen das Mirakel sehen und manche erhoffen sich Linderung in Krankheit oder Nöten.

    "Das ist da hinten, so blau und Gold, genau, ein Sarg aus Blattgold, das Kuriose: Den Sarg kann man nur mit drei Schlüsseln öffnen. und diese Schlüssel haben die Nonnen und jedes Jahr am 15. Februar, das ist ihr Todestag, wird der Sarg aufgemacht und dann kann man ihren Leichnam sehen, also den halben Körper, nicht alles. Ich komme eigentlich jedes Jahr hin und besuch sie."

    Vom geistlichen zum weltlichen Leben der kanarischen Insel Teneriffa: Ab dem 16. Jahrhundert haben sich Handelsfamilien in La Laguna niedergelassen. Alle diese Familien haben die gleiche Bauart ihrer Häuser bevorzugt. Nach außen schlicht, aber die Innenhöfe sind Festsäle.

    In den Höfen haben die Händler auch ihre Waren zum anschauen ausgestellt und am Abend wurden dort auch Feste gefeiert an einer satten Tafel.

    "Warum nenne ich das Palast? Weil das der Haupthof war und dahinter kommen noch sämtliche Gebäude, hintere Höfe, ein Sklavenhof, dann die Weinkeller, ein Kutscheneingang, Pferdeställe, es ist wirklich sehr, sehr groß."

    Reiseführerin Dominga geht über den Hof, in die Mitte. Zwei, manchmal sogar drei Stockwerke hat solch ein Haus. Stein und Holz wechseln einander ab. Sie ähneln italienischen Höfen, nur sind sie viel kleiner, tiefer und durch das Holz kommt eine Art Wohnzimmeratmosphäre auf. In der Mitte des Hofes stehen Blumen und grüne Pflanzen. Hier in diesem Hof steht ein Brunnen, bis zur Brust hoch gemauert.

    "Und der Ziehbrunnen, man glaubt, dass der Original aus dem Haus ist, was sehr selten ist. Aber interessant ist, was im Brunnen selbst drinnen ist, der Brunnen ist ungefähr zehn Meter tief."


    Nun kommen einzelne Teilnehmer der Führung an den Brunnen, kneifen ein Auge zu und beugen sich über die Kunstvolle Abdeckung: darin sind Löchlein abgebildet, durch die man hindurch in die Tiefe schauen kann.

    "Hat jemand was gesehen? – Hier hab ich gesehen, da sieht man was in Brunnen. - Ne, zu viel Köpfe verderben den Brei, hier schauen sie mal hier durch! Sehen wie was im Wasser' Sehen sie nicht was leuchten im Wasser' Sehen sie es nicht unten leuchten – Ja doch da, wirklich, da, da, da, - nein, die Erleuchtung kommt nicht.

    Der Deckel hat ein Muster, haben Sie das mal gesehen, das ist ein Stern und der spiegelt sich im Wasser, und das sieht aus, als würde einer unten mit dem Lämpchen stehen. Das interessante ist, das Muster ist nicht umsonst da, um das zu verschönern, sondern anhand dessen konnte man den Brunnen geschlossen haben und man wusste immer, wie hoch oder wie tief der Wasserspiegel ist."

    Wasser ist das besondere der kanarischen Inseln, es und macht sie grün und bunt, das es so aussieht, wie es vielleicht im Paradiesgarten ausgesehen hat. Die Höfe La Lagunas erinnern ein klein wenig an das Paradies.