Deutschland präsentiert sich auf der UNO-Siedlungskonferenz Habitat mit Sperrholzplatten und mobilen Gemüsebeeten: Salat, Bohnen und Paprikastauden – der beste Pavillon, findet Alejandro Silva, Bürgermeister in Santa Elena an Ecuadors Küste - vor einem halben Jahr wurde die Stadt durch ein schweres Erdbeben fast zerstört.
"Vor allem das Projekt finde ich gut: Alles hier im Pavillon ist aus Materialien, die später zum Bau von Häusern in den Gebieten eingesetzt werden, die vor einem halben Jahr vom Erdbeben zerstört worden sind. 10.000 Dollar zahlt die Regierung als Entschädigung, hier haben wir Bausteine, preiswert und aus nachhaltigem Material. Die Idee ist, dass sich die Leute daraus selbst neue Häuser bauen können."
Deutschlands zweites großes Thema: Mobilität in den Städten
Vernetzung mit den Kommunen, Beteiligung der Bürger - nur so kann nachhaltiger Wandel in Städten gelingen – gerade auch in Entwicklungsländern. Das ist die Botschaft des deutschen Pavillons auf dem UN-Weltsiedlungsgipfel. Es gilt auch für Deutschlands zweites großes Thema auf der Habitat: Mobilität in den Städten. Über eine Milliarde Euro sollen in nachhaltige und integrierte Verkehrskonzepte fließen, in die Weiterbildung von lokalen Partnern und Pilotprojekte in Afrika, Asien, Lateinamerika.
"Weil es so ein ganz zentrales Instrument für Armutsbekämpfung ist. Wenn sie nicht von A nach B kommen, zu einem bezahlbaren Preis, in einer vernünftigen Zeit, dann ist es für jemanden sehr schwierig, seinen Lebensunterhalt zu erwirtschaften." Tania Vorwerk, beim Entwicklungs-Ministerium für die Abteilung "Infrastruktur und Umwelt" zuständig, stellt Deutschlands große Mobilitätsoffensive in Quito vor.
Applaus auch von Almuth Schauber von Mísereor, die Forderung des Hilfswerkes allerdings: Neue Infrastruktur-Bauten dürfen nicht dazu führen, dass ärmere Bevölkerungsschichten ihre Jobs verlieren. Denn genau das passiere häufig: Taxi- oder Rikschafahren sei gerade in Armenvierteln oft eine wichtige Arbeitsalternative. "Taxifahrer haben natürlich das Interesse ihren Lebensunterhalt zu verdienen, ökologisch oder nicht, das sei mal dahingestellt, sie müssen eingebunden werden, mitgenommen werden."
Ein gemeinsamer Lernprozess, in beide Richtungen
Die Entscheidungsträger aus dem BMZ sind allerdings nicht mit angereist: Denn Bundes-Entwicklungsminister Gerd Müller und Kollegin Barbara Hendricks aus dem Umweltministerium haben ihre Teilnahme kurzfristig abgesagt. Schon etwas bedauerlich, findet auch Berlins Bürgermeister Michael Müller, der nun die deutsche Delegation leitet, gerade weil Wandel ja nur durch eine gute Zusammenarbeit von Bund und Kommunen funktioniere. Gleichzeitig betont er: Während die Stimme der Städte früher kaum ernst genommen wurde auf dem internationalen Parkett, habe sich das im letzten Jahr enorm an Gewicht gewonnen – nicht nur wegen Habitat.
"Und besonders interessiert sind viele daran, wie wir umgehen mit unserem öffentlichen Nahverkehrssystem, wie wir umgehen mit dem Thema Wohnungsbau, mit der Flüchtlingsaufnahme, der Integration, als das was wir Berliner auch selbst erleben als die große Themen, das wird auch international wahrgenommen und auch abgefragt."
Natürlich seien die Erfahrungen einer Stadt wie Berlin nicht mit der von Megastädten in Schwellenländern wie Lagos, Manila oder Sao Paulo zu vergleichen – doch Ansätze, Konzepte, Vorgehensweisen könnten geteilt werden – ein gemeinsamer Lernprozess, in beide Richtungen.
"Also wenn wir sehen wie aufgeregt hier manche Debatten geführt werden, bei unseren Wachstums- und Veränderungsprozessen und in Asien oder Lateinamerika, die haben viel größere Probleme und die werden auch bewältigt und darüber tauschen wir uns aus."