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Wettbewerb als ethische Frage
Höher, schneller – und wie weiter?

Konkurrenz belebt das Geschäft, lautet eine Binsenweisheit. Aber ein Wirtschaftssystem, das auf dem Recht des Stärkeren basiert, gilt als unmenschlich. Wann ist Konkurrenz belebend, wann vernichtend? Ein Malermeister, ein Bäckermeister, ein Theologe und ein Papst geben alltagstaugliche Antworten.

Von Irene Dänzer-Vanotti | 02.11.2016
    Two athletes running on a bridge model released Symbolfoto
    Konkurrenz - mal kritisch, mal positiv. (imago stock&people)
    "Ich bin sehr leistungsorientiert, ich bin perfektionistisch und ich möchte immer das Bestmögliche hervorbringen. So – und wenn jetzt der Konkurrent noch dabei ist, dann will ich nicht nur das Bestmögliche hervorbringen. Ich will auch der Beste sein, der Erste sein, der Schnellste sein. Dann wird das zum Riesenwettbewerb und dann wird das zu Stress für mich."
    (Stefan Kloss, Malermeister)
    "Konkurrenz ist für mich persönlich erst einmal ganz wichtig. Es beflügelt mir dann auch immer wach zu bleiben, hungrig zu bleiben und letztendlich mein Bestes zu bringen."
    (Josef Hinkel, Bäckermeister)
    Immer. Ein Gedicht von Robert Gernhardt:
    "Immer einer behender als du
    Du kriechst
    Er geht
    Du gehst
    Er läuft
    Du läufst
    Er fliegt:
    Einer immer noch behender."
    Konkurrenz versus Menschlichkeit
    "Man konkurriert. Es ist eine menschliche Grundbefindlichkeit, die auch im Christentum nicht einfach weg ist. Also auch Christen, christliche Unternehmer konkurrieren, auch miteinander, gegeneinander, um ihre Position am Markt."
    (Peter Mörbel)
    "Für mich steht Konkurrenz im Gegensatz zur Menschlichkeit. Denn bei der Konkurrenz muss ich den anderen ja abhängen, hinter mich lassen. Und bei der Menschlichkeit geht es darum, miteinander zu agieren und achtsam zu sein und, hilfsbereit zu sein."
    (Stefan Kloss, Malermeister)
    Der Malermeister Stefan Kloss hat einen radikalen Blick auf die Konkurrenz. Übertroffen wird er darin zurzeit von Papst Franziskus. In seinem Apostolischen Schreiben "Evangellii Gaudium" wettert er geradezu gegen ein Wirtschaftssystem, das auf permanenten Wettbewerb aufgebaut ist:
    "Heute spielt sich alles nach den Kriterien der Konkurrenzfähigkeit und nach dem Gesetz des Stärkeren ab, wo der Mächtigere den Schwächeren zunichtemacht. Als Folge dieser Situation sehen sich große Massen der Bevölkerung ausgeschlossen und an den Rand gedrängt: ohne Arbeit, ohne Aussichten, ohne Ausweg. Der Mensch an sich wird wie ein Konsumgut betrachtet, das man gebrauchen und dann wegwerfen kann. Wir haben die 'Wegwerfkultur' eingeführt, die sogar gefördert wird."
    "Wenn wir uns unsere eigene Gründungsurkunde, die Bibel, anschauen, dann fängt's schon ganz früh mit der Konkurrenz an mit Kain und Abel."
    (Peter Mörbel)
    "Ich hab fünf Geschwister und das geht dann schon bei Tisch los."
    (Josef Hinkel, Bäckermeister)
    Josef Hinkel. Bäckermeister aus Düsseldorf. Zwei Geschäfte, eine Dependence. 95 Angestellte.
    "Es ist ein Kämpfen um einen Platz – in der Familie dann eben oder wenn man als Bäckermeister darum kämpft, dass man da, wo man ist, schön stark bleibt."
    Stefan Kloss. Selbständiger Malermeister und Restaurateur. Arbeitet im Ein-Mann-Betrieb:
    "Ich gehe der Konkurrenz aus dem Weg und dann kann ich auch menschlich agieren."
    Konkurrenz. Sie begleitet das Leben vom Spiel im Sandkasten bis zum Essen am Seniorentisch, das Berufsleben von der ersten Bewerbung an. Je nach Temperament und Tagesform finden Menschen sie lästig, unwürdig, spannend oder herausfordernd. Zurzeit scheint der Wettbewerb entfesselt. Der Kaffeeröster bietet T-Shirts an, Reisen und den dazu passenden Koffer. Die Tankstelle macht Blumenhändlern, Würstchenverkäufern und Bäckern Konkurrenz. Nur Bäcker können nicht direkt zurückschlagen. Benzin vertrüge sich schlecht mit ihrem Angebot.
    Der Versandhauskonzern bedroht die kleine Buchhandlung. Die kann sich unter diesem Druck nur aufrichten, wenn sie sich auf ihre eigene Qualität besinnt. Vielleicht überlebt dann die kleine Buchhandlung, der Versandkonzern sowieso – aber mittelgroße Händler scheitern.
    "Einer ist immer der Letzte."
    Außerdem konkurrieren Chinesen mit Indern und beide haben die Rumänen abgehängt und deutsche Produzenten auf vielen Gebieten ohnehin. In der globalisierten Welt wird konkurriert ohne Pause. Nicht einmal die Nacht senkt sich gnädig auf die Rivalen.
    "Denn irgendwo ist immer Tag."
    Von Kain und Abel bis Jesus - ein biblisches Thema
    Konkurrenz. Das Wort kommt vom lateinischen concurrere. Das heißt zusammenlaufen. Etwa auf einem Marktplatz. Dort vergleichen einzelne Menschen, Gruppen, Unternehmen und Parteien ihre Fähigkeiten oder Waren miteinander. In der Konkurrenz wetteifern die Beteiligten um die Gunst von Dritten, um Kunden, Anhänger, Wähler oder Gläubige. Konkurrenz ist meist ein auf Dauer angelegtes Ringen, in dem Erfolg und Niederlagen hin und her wogen. Wer ins Hintertreffen geraten ist, kann neidisch werden. Eine Grunderfahrung. Schon der dritte Mensch schaut auf den vierten mit Neid. Kain und Abel buhlen um die Gunst Gottes.
    "Und der Herr sah gnädig an Abel und sein Opfer, aber Kain und sein Opfer sah er nicht gnädig an. Da sprach Kain zu seinem Bruder Abel: lass‘ uns auf’s Feld gehen. Und es begab sich, als sie auf dem Felde waren, erhob sich Kain wider seinen Bruder Abel und schlug ihn tot!"
    Italien, Tavarnelle, 19.08.2016 Die Abtei Badia a Passignano, einst vom Benediktinerorden gegründet. Fresco, das die Ermordung Abels durch Kain darstellt.
    Ermordung Abels durch Kain - die erste Konkurrenzgeschichte in der Bibel (imago stock&people)
    "Dass diese Schlüsselgeschichte am Anfang der Bibel steht, ist sicherlich ein Signal, das hält die ganze Bibel auch durch, Konkurrenzen untereinander, um die Liebe Gottes oder um den richtigen Weg in der Befolgung der göttlichen Gebote – das zieht sich total durch."
    Der evangelische Theologe Peter Mörbel leitet in der Evangelischen Akademie im Rheinland Tagungen zu Wirtschaftsthemen. Es geht, unter anderem, darum, wie Wettbewerb christlich und ethisch vertretbar gestaltet werden kann. Der Ursprung der Konkurrenz liegt, nach allgemeiner Lebenserfahrung, in Geschwisterneid und Bruderzwist. Dieses Motiv spielt auch die Bibel in verschiedenen Varianten durch.
    "Esau und Jakob."
    Sie sind Zwillinge. Esau nur Minuten älter als sein Bruder. Dennoch ist er der Erbe. Der Brauch seines Volkes regelt das glasklar. Weil Esau aber gerade Heißhunger auf eine Speise hat, die Jakob gekocht hat, verkauft er ihm dieses Erbe. Für das Linsengericht. Den Segen von Vater Isaak, der auch dem Älteren gebührt, erschleicht sich Jakob noch dazu. Für Esau bleibt nur die Aufforderung des Vaters:
    "Deinem Bruder sollst Du dienen!"
    Dieser Konkurrenzkampf ist nicht nur ein Spiel zweier Charaktere. Er ist vielmehr von Gott selbst gesetzt. Er hatte der Mutter der beiden, Rebekka, schon als sie schwanger war gesagt:
    "Zwei Völker sind in Deinem Leibe /../ und ein Volk wird dem anderen überlegen sein und der Ältere wird dem Jüngeren dienen."
    Gott setzt also Konkurrenten in die Welt. Jeder Beteiligte hat seinen Platz. Jakobs Leben führt nicht auf die Siegerstraße. Er muss herbe Verluste hinnehmen, muss 14 Jahre lang um die Frau buhlen, die er liebt, um Rahel. Sie stirbt bei der Geburt des jüngsten Sohnes Benjamin. Jakobs Lieblingssohn Joseph wird nach Ägypten verkauft: Jakobs langes Leben ist voll Leid, Glück und wieder Leid.
    "Also, die Geschichte erklärt die Stringenz des Handelns Gottes in Sprüngen, nicht in irgendeiner logischen Kontinuität, sondern in Wendungen, die für uns Menschen rätselhaft bleiben."
    Konkurrenzkämpfe scheinen eine Möglichkeit zu bieten, den eigenen Platz im Leben zu finden, der - nach biblischem Verständnis - vorbestimmt ist. Schön finden Menschen das trotzdem nicht immer. Der Theologe Peter Mörbel:
    "Und da ist die Klage erlaubt, 'warum hab ich jetzt so nen Nachteil, eigentlich bin ich doch genauso gut wie der andere und du lässt mich hier hängen' ja, die Hiob-Erfahrung, die auch nicht ne Erfahrung von Fairness ist, sondern von extremer Ungerechtigkeit … "warum werde ich so krank, warum verlier ich alles" … und dann liefert die Hiob-Geschichte aber gleichzeitig auch wieder das Gegenteil, nämlich am Ende den guten Schluss, er kriegt alles wieder, er hat gar nicht wirklich was verloren, sondern er ist in diesem Leben mit den Aufs und Abs eigentlich gereift."
    Mit Jesus, sollte man denken, im Neuen Testament, wäre alles anders. Keine Konkurrenz, nur Liebe! Aber: weit gefehlt.
    "Jesus nimmt ganz nüchtern wahr, dass es so ist, dass Menschen untereinander konkurrieren. Dass auch seine Jünger untereinander konkurrieren, wer darf nahe beim Meister sitzen."
    "Er sagt seinen Freunden: Macht euch zu den niedrigsten Dienern eurer Gemeinschaft und versucht nicht, die anderen alle zu überragen mit eurem Konkurrenzgehabe."
    "Also genau das Gegenteil von dem machen, was normal ist. Das ist ‘ne Vorgabe, die uns bis heute Schwierigkeiten macht."
    (Peter Mörbel)
    Ohne Konkurrenz - unglaublich faszinierend
    "Im Sinne von - du zuerst, nein - du zuerst, nein - du zuerst! Wirklicher totaler Wechsel – und das finde ich unglaublich faszinierend."
    (Stefan Kloss, Malermeister)
    In dieser Haltung arbeitet der Malermeister Stefan Kloss. Er hat sich darauf spezialisiert, historische Fassaden zu renovieren, streicht aber auch unspektakuläre Häuser und Wohnungen. Konkurrenz geht er aber bewusst aus dem Weg. Geht das?
    "Das ist wirklich möglich. Ich bin der lebendige Beweis!"
    Der 50jährige, jugendliche wirkende Mann scheut Konkurrenz nicht etwa aus Angst vor Mitbewerbern - sondern aus Selbsterkenntnis:
    "Ich bin sehr leistungsorientiert, ich bin perfektionistisch und ich möchte immer das Bestmögliche hervorbringen. Ich will auch der Beste sein, der Erste sein, der Schnellste sein. Dann wird das ein Riesenwettbewerb und dann wird das zu Stress für mich."
    Er will sich Zügel anlegen, um seinen eigenen Ansprüchen an Menschlichkeit zu genügen. Zunächst sagte er sich:
    "Du hast dieses Problem, diesen großen Ehrgeiz und man muss lernen, damit umzugehen. Ich habe verschiedene Sachen ausprobiert und habe versucht, mich zu spiritualiseren. Aber das nutzt dann nichts. Man ist entspannt am Abend und am Sonntag, aber wenn es am Montag wieder losgeht, ist es wieder weg. Und dann sag‘ ich mir: schaff‘ Dir Bedingungen, dass dieser Moment gar nicht auftritt – ganz simpel!"
    Stefan Kloss findet das gar nicht so schwierig:
    "Wenn es eine Ausschreibung gibt, nehme ich einfach nicht daran teil, wo mehrere Leute sich unterbieten dürfen. Oder, ein anderes Beispiel: wenn der Kunde mir direkt sagt, ‚ich habe hier noch ein Angebot vom anderen Handwerker‘, dann sage ich: ‚nehmen Sie den!‘ Und fertig. So einfach mache ich das und ich kann es mir tatsächlich leisten. Ich arbeite zu 100 Prozent nur auf Empfehlung und bin voll beschäftigt."
    Er will Konkurrenten nicht unterbieten, will nicht billiger arbeiten als andere – er will einfach mit seinen Fähigkeiten bestehen. Da er sein eigener Chef ist, kann das durchzuhalten.
    Mit Konkurrenz - um wach zu bleiben
    "Konkurrenz ist für mich persönlich erst einmal ganz wichtig. Es beflügelt mich auch immer wach zu bleiben, hungrig zu bleiben und letztendlich mein Bestes zu bringen."
    (Josef Hinkel, Bäckermeister)
    In Josef Hinkels Bäckerei kommt kein Kunde sofort dran. Die Schlangen vor der Brottheke bilden sich nicht etwa, weil die Verkäuferinnen und Verkäufer langsam oder desinteressiert wären oder weil es keine anderen Bäckereien in der Altstadt gäbe - im Gegenteil: rechts von seinem Geschäft, links davon und um die Ecke gibt es Brot und Kuchen. Josef Hinkel ist ehrgeizig wie Stefan Kloss und setzt im Wettbewerb auf seine Stärken:
    "Meine ganz klare Spezialisierung ist Brot - und da gebe ich volle Pulle Gas. Nicht, dass ich damit meine Konkurrenz ausschalten wollte. Im Gegenteil. Weil ich die Mitbewerber ja auch als Impuls brauche. Aber ich kämpfe schon mit aller Macht, da ganz vorne mit dabei zu bleiben."
    Hinkel – ein großer, schlanker agiler Mann – macht sich auch selbst zum Markenzeichen seines Betriebs. Auch wenn er gewinnen will, bedeutet Wettbewerb für den bekennenden Katholiken nicht, andere zu verdrängen:
    "Man muss auch erkennen, dass der Mitbewerber, egal, ob es eine Tankstelle ist, ob es ein Backwerk ist oder ob es ein Kollege ist, die haben alle auch ihren Wunsch Geld zu verdienen und davon zu leben, zu wohnen. Und das muss man nicht nur respektieren, das muss man auch wollen und unterstützen. Deshalb würde ich niemals über einen Mitbewerber schlecht reden."
    "Ich freue mich, dass es eine große Vielfalt gibt – ob es ein Discounter ist oder ein Premiumbäcker – alle sollen existieren am Markt und im fairen Wettbewerb dann halt auch überleben."
    Verdrängungswettbewerb tötet
    95 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt er in der Backstube und in den Geschäften. In einer Großbäckerei würden aus der gleichen Menge Weizen, Roggen oder Dinkel, Nüssen, Rosinen und Butter an einem Tag ein Bäcker und viele Maschinen Brot herstellen. Nur dieser eine Bäcker bekommt dort seinen Lohn, nur einer zahlt Steuern und Versicherungsbeiträge. Bei Hinkel tun das 95 Angestellte. Auch wenn er den Wettbewerb nicht scheut, ärgert es ihn, wenn die Großen Gesetze und Markt-Regeln zu ihren Gunsten beeinflussen:
    "Was ich kritisch finde, wenn die Großunternehmer über Lobbyarbeit in den Parlamenten die Rahmenbedingungen so verschlechtern, dass die kleineren und mittleren Unternehmen im Handwerk, die Bäcker in meinem Beruf, darunter leiden und zwar massiv. Ich hab das beobachtet, in der Zeit, wo ich jetzt in der Innung aktiv bin, dass 90 Prozent gerade wegen dieser Verordnungen zugemacht haben."
    Baking bread at the Polessky Bread Baking
    In einer Großbäckerei stellen ein Bäcker und viele Maschinen Brot her - in der Backstube von Josef Hinkel arbeiten 95 Menschen. (dpa/ Foto: Igor Zarembo)
    "Diese Wirtschaft tötet."
    Sagt Papst Franziskus zu diesem Verdrängungswettbewerb.
    "Es ist unglaublich, dass es kein Aufsehen erregt, wenn ein alter Mann, der gezwungen ist, auf der Straße zu leben, erfriert, während eine Baisse um zwei Punkte in der Börse Schlagzeilen macht. Das ist Ausschließung. Es ist nicht mehr zu tolerieren, dass Nahrungsmittel weggeworfen werden, während es Menschen gibt, die Hunger leiden. Das ist soziale Ungleichheit."
    Der Theologe Peter Mörbel von der Evangelischen Akademie im Rheinland sieht die Kirche gefordert, sich einzumischen, wo der Wettbewerb verzerrt wird:
    "Und wenn von diesem Kartellrecht zu exzessiv Gebrauch gemacht wird, dann müssen sich eben auch andere zu Wort melden. Das tun die Kirchen, indem sie zum Beispiel bei den großen Verhandlungen um TTIP, Ceta und andere Handelsabkommen, sich zu Wort melden, weil sie dort zu Recht vermuten, dass einseitige Vorteile gewährt werden und dass es eine ganze Menge Verlierer gibt, die eigentlich mit unternehmerischen Entscheidungen direkt selbst nichts zu tun haben, aber wo sie als Kunden dann stärkere Nachteile hinnehmen müssen."
    "Einer immer begabter als du
    Du liest
    Er lernt
    Du lernst
    Er forscht
    Du forschst
    Er findet:
    Einer immer noch begabter."
    Es ist das "immer", das so schmerzt und seinen Stachel setzt. Selbstzweifel aber – selbst wenn sie sich nie ganz zurückdrängen lassen - halten weder der Maler Stefan Kloss noch der Bäcker Josef Hinkel für gute Ratgeber im Wettbewerb:
    "Wenn ich mir Angst machen würde – Angst ist immer ein ganz schlechter Ratgeber – wenn ich immer überlegen würde, was die anderen anders machen, was die besser machen, dann würde ich ja vor schlotternden Knien gar nicht mehr arbeiten können. Ich besinne mich wirklich gerade auch im Wettbewerb auf mich selber, wo ist meine Stärke?"
    "Eine Stärke herauszuarbeiten, die ja auch von den Kunden gesehen wird, ist viel, viel effektiver und braucht viel weniger Energie als eine Schwäche, die man hat, in der richtigen Weise zu behandeln."
    (Josef Hinkel, Bäckermeister)
    Konkurrenz zur Klärung, wer's am besten kann
    In einer Organisation wie der Kirche, in der viele Mitarbeiter von sich selbst ethisches Verhalten verlangen, mögen sie sich vornehmen, die Bergpredigt wörtlich zu nehmen:
    "Selig sind die Sanftmütigen, denn sie werden das Erdreich besitzen."
    Wenn die Bibel zugeklappt ist und diese Worte verhallt sind, rangeln aber auch die Sanftmütigen miteinander und sei es darum, sich in eben dieser Sanftmut gegenseitig zu übertreffen.
    "Wir sind doch zu nett zu einander, um zu konkurrieren."
    Hinter weicher Stimme kann sich dann eine beinharte Sieger- oder Siegerinnen Mentalität verbergen. Wo offene Konkurrenz ausgeblendet wird, kann sie untergründig mit versteckten Strategien ausgefochten werden. Mobbing ist nicht selten die Folge.
    "Immer einer beliebter als du
    Du wirst gelobt
    er wird geliebt
    Du wirst geehrt
    Er wird verehrt
    Dir liegt man zu Füßen
    Ihn trägt man auf Händen:
    Einer immer noch beliebter."
    "Ehrlich, würde ich eigentlich raten, damit umzugehen."
    "Bei dem, was man selber nicht so gut kann, sich vielleicht nach Kräften weiterbilden, aber auch nüchtern in der Einschätzung der eigenen der Grenzen der eigenen Möglichkeiten bleiben.
    Das, das wäre so etwas, was in allen Bereichen gilt, wo Konkurrenz ein Aspekt ist zur Klärung, wer kann‘s am besten."
    (Peter Mörbel)
    Konkurrenz. In Philosophie und Theologie wird sie nicht systematisch gedeutet, obwohl sie zum Menschsein gehört. In der Wirtschaft gibt es immer wieder Bemühungen, dem Ringen um den besten Platz den Wert der Solidarität entgegenzusetzen. In Gewerkschaften und Genossenschaften ist das auch gelungen. Ob die Grundsatzkritik des Papstes an der Dauerkonkurrenz Veränderungen bringt bleibt abzuwarten – mit Skepsis.
    Wenn jeder Einzelne von Konkurrenten umworben wird – wie etwa in der Werbung – kann und muss er sich entscheiden, wen sie wählt, wo, wie und was er kauft. Stoppen wird die entfesselte Konkurrenz niemand. Man kann ihr nur Treue zu einzelnen Produkten oder Anbietern entgegensetzen. Der Bäcker Josef Hinkel denkt groß angesichts des Lebensangebots:
    "Inzwischen bin ich der tiefen Überzeugung, dass die Welt und auch die Menschen – eben auch jede Bäckerei – ein Spiegelbild der Schöpfungskraft Gottes ist. Und ich werde doch nicht gegen den lieben Gott selber kämpfen. Deshalb die tiefste Überzeugung: jeder hat auf seinem Platz die Möglichkeit, seine Energie reinzustecken, seine Ideen, seine Liebe auch – das muss ich respektieren, das tue ich auch – aber das Gleiche tue ich auch!"