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Wirtschaft
Medien und Banken sollen "repolonisiert" werden

Deutsche Verlage, die polnische Zeitungen halten: Das soll künftig die Ausnahme sein. Die Regierung in Warschau will Medien und Banken zunehmend in polnischer, wenn nötig staatlicher Hand wissen. Diese Investitionen wären teuer, und die Finanzierungsideen überzeugen kaum.

Von Florian Kellermann | 21.11.2016
    Ein Zeitung lesender Mann in einem Zeitungskiosk in Krakau.
    Viele deutsche Verlage sind in Polen aktiv. (imago/ZUMA Press)
    Jan Szewczak drückt sich gerne deutlich aus. Deutschen Journalisten und Politikern wirft er eine "angeborene Arroganz" vor. Sie kritisierten nicht einfach die Regierung in Warschau, sondern laut Szewczak führten sie einen "hybriden Medienkrieg" gegen Polen und seine Bürger.
    Daran seien maßgeblich polnische Medien beteiligt, die deutschen Verlagen gehören, so der Abgeordnete der rechtskonservativen Regierungspartei PiS: "Die Attacken von diesen Internetportalen, Zeitungen und Zeitschriften haben ein nie da gewesenes Ausmaß angenommen. Wenn ich die Meinungsbeiträge auf onet.pl lese, dann habe ich das Gefühl, Polen sei ein Land, das politisch irgendwo zwischen der Türkei und Syrien liegt."
    Das Nachrichtenportal "Onet.pl" gehört mehrheitlich dem Konzern "Ringier Axel Springer Polska", ebenso die Zeitschrift "Newsweek Polska" und die größte polnische Boulevardzeitung "Fakt". Aber auch andere deutsche Verlage sind in Polen aktiv. Der Großteil der Regionalzeitungen etwa ist in der Hand der Verlagsgruppe Passau.
    Medien sollen "repolonisiert" werden
    Deshalb nennen Vertreter aus dem Regierungslager, wie Jan Szewczak, auch die Medien als erstes, wenn sie davon sprechen, dass die polnische Wirtschaft repolonisiert werden müsse. Den Ton gibt der PiS-Vorsitzende Jaroslaw Kaczynski vor:
    "Da müssen wir mutig sein. Wir dürfen uns nicht terrorisieren lassen, wenn hier in Polen jemand aufschreit oder eventuell jemand in der Europäischen Union aufschreit. Staaten, die etwas zählen in der EU, und so ein Staat wollen wir sein, schützen ihren Markt. Und wir haben hier eine völlig falsche Situation. Dies sollten wir Schritt für Schritt ändern, sodass so viele Medien wie möglich polnisch werden, natürlich im Einklang mit den Regeln von zivilisierten Staaten."
    An den Medien kann die PiS ihre Losung von der Repolonisierung am besten verdeutlichen. Doch noch weit ambitionierter sind ihre Pläne im Finanzsektor. Der Abgeordnete Szewczak kennt sich da besonders gut aus - er ist Chef-Ökonom der polnischen Genossenschaftsbanken SKOK. Knapp 70 Prozent des polnischen Bankensektors sind in ausländischem Besitz. Und auch das müsse sich ändern, meint Szewczak. Denn anders, als manche behaupteten, habe Kapital eben doch eine Nationalität:
    "Es gab einen Nudelhersteller in Polen, der sich dynamisch entwickelt hat. Er hatte einen Kredit bei der Bank Pekao, die zur italienischen Unicredit gehört. Plötzlich kündigte die Bank den Kredit und der Hersteller ging pleite. Es zeigte sich, dass auch der italienische Pasta-Hersteller Barilla dort Kunde ist. Barilla eroberte in dieser Zeit sehr erfolgreich den polnischen Markt."
    Bankenübernahme durch den Staat?

    Solche Beispiele gebe es viele, meint Szewczak. Auch während der Finanzkrise 2008 habe sich der Nachteil ausländischer Banken gezeigt: Sie hätten polnischen Unternehmen den Kredithahn zugedreht.
    Einen ersten Schritt zur Repolonisierung gibt es: Der staatlich dominierte Versicherungskonzern PZU hat im vergangenen Jahr eine kleinere Bank, gegründet von einem italienischen Konzern, gekauft. Das war aber, noch bevor die PiS an die Macht kam.

    Unicredit würde gerne die zweitgrößte polnische Bank Pekao verkaufen, heißt es in Insiderkreisen. Aber wie soll der Staat das Geld für die Übernahme zusammenbringen? Jan Szewczak:
    "Wir müssen das Geld wohl aus den existierenden Staatsbetrieben nehmen und es aus Steuern generieren, vor allem dadurch, dass wir Steuerlücken schließen. In den vergangenen Jahren haben Unternehmen den Staat im großen Stil um Steuern betrogen, das waren jährlich etwa 80 Milliarden bis 90 Milliarden Zloty."
    Das sind umgerechnet rund 20 Milliarden Euro, für Polen ein großer Betrag, etwa fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Doch Experten bezweifeln, dass die Rechnung der PiS aufgeht. Es gelingt ihr zwar, die Steuereinnahmen zu steigern - aber nicht so stark wie geplant. Außerdem gibt sie mehr für Sozialleistungen aus, vor allem beim Kindergeld. Doch damit nicht genug: Gerade hat das Parlament beschlossen, dass vom kommenden Jahr an das Renteneintrittsalter wieder sinken soll. Eine Entscheidung, die den Haushalt mit jedem Jahr teurer zu stehen kommen wird.