Nur auf den ersten Blick ein gewöhnlicher Drucker. Der zweite Blick verrät: Gedruckt wird in drei Dimensionen. Und auch das ist noch nicht alles. Es handelt sich um einen Bio-Drucker, erklärt Luisa Krumwiede, Studierende im fünften Semester an der TU München:
"Wir versuchen letztendlich Zellen, also Gewebe, mit einem 3D-Drucker zu drucken. Und dazu haben wir einen konventionellen Plastik-3D-Drucker umgebaut zu einem 3D-Bioprinter."
Und so entsteht Schicht für Schicht, ganz langsam, ein biologisches Gewebe. Professionelle Gewebezüchter können das auch. Sie benutzen dazu allerdings Hydrogele. Das sind gelatineartige Gerüststrukturen, die den Zellen Halt geben. Die Studierenden vom iGEM-Team der beiden Münchener Universitäten verzichten darauf. Denn der Gerüstbau macht das Drucken aufwendig und kompliziert.
3D-Struktur aus lebenden Zellen
Sie haben stattdessen eine spezielle Bio-Tinte für den 3D-Druck entwickelt. Ein Bestandteil ist der Stoff Biotin, der auch als Vitamin B7 bekannt ist. Er soll in Kontakt mit den Zellen treten. Eine andere Substanz in der Bio-Tinte heißt Streptavidin. Das Protein bindet Biotin und funktioniert wie ein Klebstoff. Außerdem haben die Studierenden Zellen von Bakterien und Säugetieren so verändert, dass sie auf ihren Oberflächen spezielle Biotin-bindende Rezeptoren bilden, erklärt Krumwiede:
"Das alles soll dann miteinander quervernetzen, da Streptavidin die Bindungsstellen für Biotin hat, und Biotin an unseren Rezeptor binden kann. Das soll dann polymerisieren und eine 3D-Struktur ausbilden."
Aus Zellen und Bio-Tinte entsteht im 3D-Drucker ein Gewebe aus lebenden Zellen. Fertig für die Transplantation. Das Konzept klingt überzeugend, und so rechnet sich das iGEM-Team aus München selbstbewusst gute Chancen aus beim großen Finale in Boston. Luisa Krumwiede:
"Also wenn ich nicht glauben würde, dass wir eine Chance hätten, dann würde ich auch gar nicht hinfahren."
Krebszellen durch Optogenetik ausschalten
Die Universität Düsseldorf ist zum ersten Mal mit einem Team am iGEM-Wettbewerb beteiligt. Die Initiative ging dabei von den Studierenden selbst aus. Ihre Internetseite verrät die großen Ambitionen: Stell dir vor, du drehst einen Schalter, und der Krebs ist weg.
"Also uns ist aufgefallen, dass wir alle jemanden kennen, der von Krebs betroffen ist, und da haben wir uns überlegt, dass wir als Biologen da unbedingt etwas dran ändern sollten."
Julian Ohl ist einer von 19 Studierenden, die am Projekt mitgearbeitet haben. Trotz wenig Laborerfahrung gelang es ihnen zwei hochaktuelle Forschungsrichtungen zu verknüpfen - mit dem Ziel, eine wirksame Krebstherapie mit möglichst wenigen Nebenwirkungen zu entwickeln:
"Der Ansatz ist, dass wir uns optogenetischer Schalter bedienen. Das sind Proteine aus Pflanzen, die wir in den menschlichen Körper einbringen, und zwar gezielt in Krebszellen, und dort dann mit Licht bestrahlen. Das heißt wir benutzen Optogenetik, so heißt das Feld, wenn man mit Licht Proteine anschalten kann, und dadurch wird dann in Krebszellen gezielt der Zelltod eingeleitet."
Das Licht über Glasfaserkabel zum Krebs zu führen
Im Labor ging es zunächst darum, die optogenetischen Schalter in Zellen einzubauen. Sobald nun rotes Licht auf die Zellen trifft, entsteht ein Proteinkonstrukt, das den Zelltod auslösen kann. Anschließend muss noch blaues Licht hinzukommen. Es sorgt dafür, dass das Konstrukt zu den Mitochondrien gelangt. Erst dort kann es seine für Krebszellen tödliche Wirkung entfalten, erläutert Teammitglied Alina Kuklinski:
"Unser jetziger Standpunkt ist, dass wir unsere Konstrukte gebaut haben - sowohl der rote als auch der blaue Lichtschalter. Unsere Konstrukte sind nun bereit, nach Boston geschickt zu werden."
Noch nicht bei Krebs, aber in Zellkulturen mit Säugetierzellen haben die Studierenden das Prinzip erfolgreich getestet. Um es im menschlichen Körper einzusetzen, müssen das rote und das blaue Licht zum Krebs gelangen - zum Beispiel über feine Glasfaserkabel. Wissenschaftler arbeiten bereits an solchen Verfahren. Aber das ist nicht mehr Aufgabe des Düsseldorfer iGEM-Teams. Die Studierenden machen sich mit ihren Ergebnissen auf den Weg zum großen Finale nach Boston.
"Jetzt wird noch einmal Vollgas gegeben. Und wir sind auf jeden Fall glücklich, was wir bereits erreicht haben", sagt Kuklinski.