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Wissenschaftsjournalismus
Neues Magazin dank Crowdfunding

Immer mehr Projekte werden über Crowdfunding finanziert. So auch das Vorhaben der Journalisten Georg Dahm und Denis Dilba. Über 35.000 Euro haben sie für ihr neues digitales Wissenschaftsmagazin gesammelt. Mitte des Jahres soll die Erstausgabe erscheinen.

Von Axel Schröder |
    Die Hamburger Journalisten Denis Dilba (li.) und Georg Dahm
    Die Hamburger Journalisten Denis Dilba (li.) und Georg Dahm (Tinka und Frank Dietz)
    So entspannt waren Georg Dahm und Dennis Dilba schon lange nicht mehr. Die Journalisten sitzen im "Gloria", einer Bar im Hamburger Schanzenviertel, wollen feiern, warten auf ihre Gäste. Vor sich frisch gezapfte Biere. Und einen Laptop, der anzeigt, wie viel Geld sie für ihre Idee, ein neues digitales Wissenschaftsmagazin, schon gesammelt haben:
    "Hier! Das sind wir!: 35.062,21 Euro. Also 116 Prozent der Zielsumme. Das ist also schon mal…"
    "Yeah!"
    "Wow! Das ist echt der Hammer! Und da ist schon wieder jemand dazugekommen."
    "Abgefahren!"
    Knapp 600 Menschen haben in den letzten sechs Wochen Geld für das Projekt gespendet. Die Idee dieses Crowdfundings: Per Internet können Unterstützerinnen und Unterstützer 20, 30 oder auch 100 Euro auf ein Treuhandkonto überweisen. Kommt genug zusammen, startet das Projekt, belohnt die Spender mit einem günstigen Abo. Gelingt das nicht, wird das Geld zurücküberwiesen. Einfach einen Internetaufruf starten und sich dann zurücklehnen - das funktioniert aber nicht, so Georg Dahm:
    "Wir sagen gern: Eine Crowdfunding-Kampagne ist wie ein Froschschenkel: Zuckt nur, solange du Strom anlegst. Das heißt, der Großteil dieser Zeit sieht so aus: morgens aus dem Bett quasi in die Tastatur gefallen. Die ersten Feeds oder was auch immer abgesetzt, dann irgendwann ins Büro gerollt. Machen, machen, tun, tun. Angefangen von Interviews führen, Kontakte auftun, E-Mail-Verteiler zusammenstellen, Leute anschreiben, hinterher telefonieren, erklären, was wir da vorhaben. Du rödelst wirklich von früh bis spät."
    Es den schwerfälligen Großverlagen zeigen
    Dennis Dilba nickt, die Augen noch etwas müde. "Substanz" soll ihr Magazin heißen, erzählt er. Und wöchentlich zunächst fünf, sechs, sieben Reportagen aus dem Wissenschaftsbetrieb liefern. Die Idee dazu kam den beiden, nachdem sie gleich zwei Mal miterleben mussten, wie guter Journalismus scheitern kann: Dilba und Dahm arbeiteten für die Financial Times Deutschland und die deutsche Ausgabe des New Scientist. Bis die Verlagsleitungen entschieden, die Blätter einzustellen. Trotz qualitativ hochwertiger Berichterstattung. Georg Dahm und Dennis Dilba gründeten die "Fail Better Media GmbH" und wollen es den schwerfälligen Großverlagen zeigen. Geschichten anders erzählen, besser. So Dennis Dilba:
    "Bei unseren Geschichten ist also auch wirklich eine Geschichte zu haben. Also nicht ein Thema. Nicht: "Alles über Windkraft". Sondern denjenigen darstellen, der einen substanziellen Beitrag zur Windkraft geleistet hat, dafür gekämpft hat, vielleicht auch gelitten hat. Die Argumente, Für und Wider darstellen, seine Freunde, seine Feinde. Und dann: Wo stehen wir jetzt? Was hat seine Entwicklung für die Windkraft bedeutet? Wie kann sich das verändern durch diese Entwicklung? Das ist dann eben eine "Substanz"-typische Geschichte!"
    Und die wollen sie über eine Smartphone-App verkaufen. Ohne nervige, aufploppende Werbebanner, sondern mit klarem, ruhigen Layout, mit Links, die Einzelaspekte eines Themas genauer erklären. Sexy Wissenschaftsjournalismus soll "Substanz" bieten.
    "Ein Wissenschaftler ist für uns im Prinzip genau wie ein Rockstar oder ein Start-up-Gründer: Alle drei haben eine Idee, an die sie glauben und für die sie sich die Finger blutig arbeiten. Und wir glauben, dass alle drei gleichermaßen sexy sind. Und im Zweifelsfall hat der Wissenschaftler noch eine Idee, wo für uns ein schönes neues Krebsmedikament herkommt. Was auch noch mal extra sexy ist."
    "Es ist ein Versprechen!"
    Wie das am Ende aussehen soll, zeigt Georg Dahm auf seinem aufgeklappten Laptop:
    "Sehr zurückgenommen, eine klassische Typografie, viel Weißraum auf der Seite, damit beim Reinwischen, wenn dann Bilder von Protagonisten reinkommen, dass die wirklich wirken können."
    Die ersten Gäste kommen. Junge Journalisten, Grafiker und Programmierer, die "Substanz" zum Laufen bringen wollen. Die nächsten Biere werden geordert. Und bei aller Freude spüren Georg Dahm und Dennis Dilba langsam den Druck, nun auch liefern zu müssen:
    "Das ist echt extrem emotional. Weil du ja wirklich ein Versprechen machst. Und dann mit großen leuchtenden Augen vor diesem Rechner sitzt und dann macht es: "Pling", "Pling", "Pling" und es hat wieder jemand Geld in dein Treuhandkonto getan - wie geil ist das denn? Und du weißt: Es ist ein Versprechen!"
    Ein Versprechen, dass bis Mitte des Jahres, mit der Erstausgabe von "Substanz" eingelöst und zum ersten Erfolg ihrer "Fail Better GmbH" werden soll.