"Der Teufel nutzt die Gelegenheit, Menschen dazu zu bringen, Verbrechen zu begehen."
So tönt es von Kanzeln, aus Megaphonen, in Radiointerviews. Die Stimme des Geistlichen dringt durch das Bürgerkriegsland:
"Bitte vergesst die Gewalt der Vergangenheit, um Stabilität zu schaffen, Frieden und Menschlichkeit."
Seit zweieinhalb Jahren ist sie der Zentralafrikanischen Republik abhandengekommen. In der ehemaligen französischen Kolonie herrschen Chaos und Gewalt. Islamische Aufrührer gegen christliche Gegen-Rebellen. So zumindest sieht es aus. So wie dieser verzweifelte Mann denken viele Menschen in dem verarmten Land:
"Ich sehe Muslime und Christen gegeneinander kämpfen. In so einer beschissenen Lage habe ich mein Land nie gesehen."
So denkt auch Erzbischof Nzapalainga. Der heute 48-Jährige, der als Sohn eines Katholiken und einer Protestantin rund 500 Kilometer entfernt von der Hauptstadt Bangui geboren wurde, weiß: Dieser Konflikt ist nicht so einfach, wie er von außen gemalt wird.
"Die muslimischen Kämpfer, die plötzlich überall im Land waren, sprachen nicht unsere Sprachen. Es waren Söldner aus dem Tschad und dem Sudan. Sie plünderten Häuser, säten Gewalt und Zwietracht und machten Nachbarn zu Feinden."
Besonders schlimm ist es in den Dörfern. Der Geistliche zieht los, um den verzweifelten Menschen dort beizustehen. Unterwegs wird er Zeuge, wie christliche Milizen versuchen, einen Muslim zu ermorden. Nzapalainga schreitet ein. Den Mann kann er retten. Doch um das Land vor der Spaltung zu bewahren, braucht es mehr. Der Erzbischof holt sich Unterstützung: Beim Präsident des Islamischen Rates der Zentralafrikanischen Republik. Imam Kobine Layama. Während die vermeintlichen Anhänger ihrer Religionen sich gegenseitig ermorden, setzen die obersten Geistlichen vereint auf Versöhnung:
„Wir entschieden uns, raus aufs Land zu gehen", erzählt der Erzbischof. „Dort gab es keine Institutionen mehr. Keine Regierung, keine Polizei. Die Menschen waren in den Händen dieser Banditen."
Die Kirchen werden zur einzig funktionierenden Institution in einem Meer von Chaos: Geistliche appellieren an die Vernunft. Sie ziehen durchs Land, um junge Menschen dazu zu bringen, ihre Waffen niederzulegen. Bringen sie dazu, lieber gegeneinander Fußball zu spielen. Sie veranstalten Turniere, sammeln Frauengruppen hinter sich. Appellieren an die Politiker. In Bangui hat jetzt eine Übergangspräsidentin die Macht. In der Bevölkerung aber regieren der Erzbischof und der Imam. Für Imam Layama steht fest: Dieser Konflikt ist kein religiöser. Denn dazu sind sich die Religionen zu nah.
"Wir, Muslime und Christen haben ein gemeinsames Erbe. Jesus Christus grüßte mit den Worten: Frieden sei mit Euch. Auch wir Muslime grüßen mit diesen Worten. Friede sei mit Dir - Das ist das Erbe, das wir teilen."