Bäume ausreißen kann er zwar noch nicht, aber sonst schon allerlei: Der Allgäuer Karl Merk war vor einem Jahr der weltweit erste Patient, der im Rahmen einer Transplantation zwei neue Arme erhielt.
"Also so zwei Kilogramm kann ich schon heben, so vom Boden weg, das geht schon gut. Die Türe aufmachen oder Fahrrad fahren. Also ich bin auch schon mit dem Bulldog-Traktor gefahren. Also das alles funktioniert."
Dennoch legt Karl Merk - buchstäblich - die Hände nicht in den Schoß: Denn eine regelmässige Physiotherapie ist nötig, damit der Bewegungsapparat der Spenderarme irgendwann einmal richtig funktionieren wird. Der weltweit einzigartigen Operation vor einem Jahr folgte eine weltweit ebenso einzigartige Physiotherapie. Das Hauptproblem dabei: Zehn Jahre lang hatte Karl Merk überhaupt keine Arme mehr. Und das hatte entscheidende Auswirkungen auf die Steuerungsmechanismen im Gehirn, berichtet Heidemarie Geier, Leiterin der Physiotherapie am Klinikum Memmingen:
"Dadurch, dass er so lange Zeit keine Arme mehr hatte, ist das motorische Zentrum im Gehirn unterfordert gewesen. Und man konnte auch im CT erkennen, dass die Repräsentation der Arme sich zurückgebildet hat im Gehirn, weil es eben nicht mehr gefordert wurde. Und wir sind jetzt dabei, über die Bewusstseinsebene das wieder zu erlangen, was mal da war. Das geht sehr langsam, ist sehr schwierig - und wie gesagt mit hoher Konzentration von Seiten des Patienten verbunden."
Mit hoher Konzentration und viel Zeitaufwand: Fast acht Stunden täglich kommt Karl Merk zur Physiotherapie ins Klinikum Memmingen. Dort wartet ein eigens auf die doppelte Armtransplantation zugeschnittenes Übungsprogramm auf ihn.
"Das eine sind passive Übungen. Das heißt: Die Hand des Patienten wird geführt und er muss mir sagen, wo die Hand hingeführt wird. Also wir haben Tableaus, wo verschiedene Zahlen drauf sind, verschiedene Formen. Und der Patient muss dann sagen, wo diese Hand sich jetzt befindet, auf welcher Zahl, auf welcher Form. Das zweite Stadium ist: Der Patient führt uns dorthin. Er führt uns auf die zwei oder auf die drei. Und das muss der Patient dann assistiv machen. Und die dritte Form wäre dann das Perfekte, dass er von sich aus die Hand bei geschlossenen Augen überall dorthin führen kann, wo ihm wir das sagen: Die richtige Richtung, der richtige Weg, die Geschwindigkeit und die richtige Muskelanspannung. Und das muss er alles zusammen bringen. Das funktioniert ganz hervorragend."
Überhaupt sind die Ärzte überrascht über die Fortschritte, die Karl Merk, der Mann mit den zwei neuen Armen, macht. Überaus gut bekamen die Experten die zu erwartenden Abstoßungsreaktionen in den Griff. Zwei dieser Abstoßungsreaktionen verliefen schwach und zeigten sich durch rote Flecken auf den Spenderarmen. Sie konnten durch Medikamente zur partiellen Schwächung des Immunsystems, vor allem durch Cortison, eingedämmt werden. Eine dritte Abstoßungsreaktion verlief stärker. Hier habe, so Professor Andreas Nerlich, Chefarzt der Institute für Pathologie Klinikum München-Schwabing, die potentielle Gefahr einer Abstoßung der Arme bestanden. Doch auch diese Immunreaktion habe man durch gezielten Medikamenteneinsatz in den Griff bekommen.
"Man hat dann die Dosierung der Abstoßungsmedikamente erhöht, vor allem Cortison mehr gegeben und hat dann gerade bei der stärkeren Reaktion ein neues Medikament gegeben, dass ein Antikörper gegen eine bestimmte Immunzelle ist, das heute bei der Behandlung der Schuppenflechte eingesetzt wurde und bei Transplantationen noch nie eingesetzt worden ist. Darauf ist diese Reaktion zurückgegangen und beherrschbar geblieben."
Entscheidend für die dennoch geringe Zahl der Abstoßungsprozesse sei die Vorbehandlung des Transplantates, also der beiden Arme, gewesen - ein Verfahren, das auch für ähnliche in der Zukunft anstehende Operationen maßgeblich sei. Professor Andreas Nerlich:
"Das ist konditioniert worden sozusagen in dem Knochenmark, das man transplantieren musste, das im Knochen drin ist. Da hat man die Immunzellen selektiv erst einmal ausgelöscht oder hat sie sozusagen reduziert, sodass von dieser Seite die Gefahr ganz offensichtlich erfolgreich verhindert werden konnte."
Hier sehen die Experten für weitere komplexe Transplantationen in Zukunft sogar noch Verbesserungsbedarf. Denn die Behandlung von Abwehrreaktionen des Körpers mit starken Medikamenten gilt als große Belastung des Körpers als auch des Transplantates. Nebenwirkungen können jederzeit auftreten. Zukünftig kann sich Professor Christoph Höhnke, Leiter der Plastischen und Ästhetischen Chirugie am Klinikum Memmingen und vor einem Jahr Leiter des Operationsteams, ein alternatives Verfahren zur Eindämmung der Abwehrreaktionen vorstellen.
"Wir sind im internationalen Kontakt. Und es gibt auch andere Methoden, die viel versprechender sind für eine Toleranzentwicklung, dass man ohne Medikamente eine Transplantation durchstehen kann."
Noch allerdings ist nicht ganz klar, wie ein solches Verfahren aussehen könnte.
"Da sind sicherlich Knochenmarktransplantation und Stammzellen beteiligt. Daran arbeiten wir international. Wir erarbeiten Standards und hoffen, in dieser Richtung international weiterzukommen. Aber grundsätzlich hätte dies an dieser ersten Operation nichts geändert."
"Also so zwei Kilogramm kann ich schon heben, so vom Boden weg, das geht schon gut. Die Türe aufmachen oder Fahrrad fahren. Also ich bin auch schon mit dem Bulldog-Traktor gefahren. Also das alles funktioniert."
Dennoch legt Karl Merk - buchstäblich - die Hände nicht in den Schoß: Denn eine regelmässige Physiotherapie ist nötig, damit der Bewegungsapparat der Spenderarme irgendwann einmal richtig funktionieren wird. Der weltweit einzigartigen Operation vor einem Jahr folgte eine weltweit ebenso einzigartige Physiotherapie. Das Hauptproblem dabei: Zehn Jahre lang hatte Karl Merk überhaupt keine Arme mehr. Und das hatte entscheidende Auswirkungen auf die Steuerungsmechanismen im Gehirn, berichtet Heidemarie Geier, Leiterin der Physiotherapie am Klinikum Memmingen:
"Dadurch, dass er so lange Zeit keine Arme mehr hatte, ist das motorische Zentrum im Gehirn unterfordert gewesen. Und man konnte auch im CT erkennen, dass die Repräsentation der Arme sich zurückgebildet hat im Gehirn, weil es eben nicht mehr gefordert wurde. Und wir sind jetzt dabei, über die Bewusstseinsebene das wieder zu erlangen, was mal da war. Das geht sehr langsam, ist sehr schwierig - und wie gesagt mit hoher Konzentration von Seiten des Patienten verbunden."
Mit hoher Konzentration und viel Zeitaufwand: Fast acht Stunden täglich kommt Karl Merk zur Physiotherapie ins Klinikum Memmingen. Dort wartet ein eigens auf die doppelte Armtransplantation zugeschnittenes Übungsprogramm auf ihn.
"Das eine sind passive Übungen. Das heißt: Die Hand des Patienten wird geführt und er muss mir sagen, wo die Hand hingeführt wird. Also wir haben Tableaus, wo verschiedene Zahlen drauf sind, verschiedene Formen. Und der Patient muss dann sagen, wo diese Hand sich jetzt befindet, auf welcher Zahl, auf welcher Form. Das zweite Stadium ist: Der Patient führt uns dorthin. Er führt uns auf die zwei oder auf die drei. Und das muss der Patient dann assistiv machen. Und die dritte Form wäre dann das Perfekte, dass er von sich aus die Hand bei geschlossenen Augen überall dorthin führen kann, wo ihm wir das sagen: Die richtige Richtung, der richtige Weg, die Geschwindigkeit und die richtige Muskelanspannung. Und das muss er alles zusammen bringen. Das funktioniert ganz hervorragend."
Überhaupt sind die Ärzte überrascht über die Fortschritte, die Karl Merk, der Mann mit den zwei neuen Armen, macht. Überaus gut bekamen die Experten die zu erwartenden Abstoßungsreaktionen in den Griff. Zwei dieser Abstoßungsreaktionen verliefen schwach und zeigten sich durch rote Flecken auf den Spenderarmen. Sie konnten durch Medikamente zur partiellen Schwächung des Immunsystems, vor allem durch Cortison, eingedämmt werden. Eine dritte Abstoßungsreaktion verlief stärker. Hier habe, so Professor Andreas Nerlich, Chefarzt der Institute für Pathologie Klinikum München-Schwabing, die potentielle Gefahr einer Abstoßung der Arme bestanden. Doch auch diese Immunreaktion habe man durch gezielten Medikamenteneinsatz in den Griff bekommen.
"Man hat dann die Dosierung der Abstoßungsmedikamente erhöht, vor allem Cortison mehr gegeben und hat dann gerade bei der stärkeren Reaktion ein neues Medikament gegeben, dass ein Antikörper gegen eine bestimmte Immunzelle ist, das heute bei der Behandlung der Schuppenflechte eingesetzt wurde und bei Transplantationen noch nie eingesetzt worden ist. Darauf ist diese Reaktion zurückgegangen und beherrschbar geblieben."
Entscheidend für die dennoch geringe Zahl der Abstoßungsprozesse sei die Vorbehandlung des Transplantates, also der beiden Arme, gewesen - ein Verfahren, das auch für ähnliche in der Zukunft anstehende Operationen maßgeblich sei. Professor Andreas Nerlich:
"Das ist konditioniert worden sozusagen in dem Knochenmark, das man transplantieren musste, das im Knochen drin ist. Da hat man die Immunzellen selektiv erst einmal ausgelöscht oder hat sie sozusagen reduziert, sodass von dieser Seite die Gefahr ganz offensichtlich erfolgreich verhindert werden konnte."
Hier sehen die Experten für weitere komplexe Transplantationen in Zukunft sogar noch Verbesserungsbedarf. Denn die Behandlung von Abwehrreaktionen des Körpers mit starken Medikamenten gilt als große Belastung des Körpers als auch des Transplantates. Nebenwirkungen können jederzeit auftreten. Zukünftig kann sich Professor Christoph Höhnke, Leiter der Plastischen und Ästhetischen Chirugie am Klinikum Memmingen und vor einem Jahr Leiter des Operationsteams, ein alternatives Verfahren zur Eindämmung der Abwehrreaktionen vorstellen.
"Wir sind im internationalen Kontakt. Und es gibt auch andere Methoden, die viel versprechender sind für eine Toleranzentwicklung, dass man ohne Medikamente eine Transplantation durchstehen kann."
Noch allerdings ist nicht ganz klar, wie ein solches Verfahren aussehen könnte.
"Da sind sicherlich Knochenmarktransplantation und Stammzellen beteiligt. Daran arbeiten wir international. Wir erarbeiten Standards und hoffen, in dieser Richtung international weiterzukommen. Aber grundsätzlich hätte dies an dieser ersten Operation nichts geändert."