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Der Fall Skripal
Waren die Verdächtigen nur Touristen?

Die britische Regierung macht zwei Russen für den Anschlag auf den Ex-Agent Skripal verantwortlich. Nun gaben zwei Männer beim russischen Auslandssender Russia Today an, die Beschuldigten zu sein. Als Touristen seien sie nach Salisbury gefahren. Doch es bleiben Zweifel.

Von Thielko Grieß |
    Die beiden stehen nebeneinander in Winterjacken und mit Mützen neben den Einlasspforten und schauen auf einen Punkt oberhalb von ihnen.
    Das am 5. September 2018 veröffentlichte Standbild einer Überwachungskamera zeigt die beiden russischen Verdächtigen des Giftanschlags von Salisbury am dortigen Bahnhof am 3. März 2018: Ruslan Boshirov and Alexander Petrov (Metropolitan Police / ap)
    Das Interview mit zwei Männern ist heute Mittag auf rt.com erschienen. Die Chefredakteurin von RT, Margarita Simonjan, stellt ihnen gut 25 Minuten lang Fragen. Sie bestätigen, die zwei auf britischen Videokamera-Aufnahmen abgebildeten Männer zu sein. Sie hießen Alexander Petrow und Ruslan Boschirow. In Salisbury, England, hätten sie sich Anfang März als Touristen aufgehalten.
    "Anfangs hatten wir geplant, nach London zu reisen und dort zu entspannen, so ungefähr. Das war keine Geschäftsreise. Wir haben das so eingeteilt, dass wir Zeit in London verbringen und nach Salisbury fahren. Dort muss man natürlich einen Tag sein."
    "Das ist völliger Unsinn"
    Freunde hätten ihnen geraten, Salisbury zu besuchen, weshalb sie entschieden hatten, die dortige gotische Kathedrale zu besichtigen. Dies hätten sie am 3. und 4. März getan. Ob sie am Haus vorübergegangen seien, wo Sergej und Julia Skripal wohnten, wüssten sie nicht.
    "Vielleicht sind wir da vorbeigegangen, vielleicht auch nicht. Ich weiß es nicht, ich hatte den Nachnamen noch nie gehört, bis diese ganze Situation, dieser ganze Albtraum begann. Ich wusste nichts über sie."
    "Hatten Sie Nowitschok dabei? Oder ein anderes Gift? Oder eine andere gefährliche Flüssigkeit?", fragt Margarita Simonjan, die Chefredakteurin des staatlich gelenkten russischen Senders RT.
    "Nein. Ich glaube, das ist völliger Unsinn."
    Kaum Detail zu den Personen
    Sie seien, antworten sie im weiteren Verlauf des Interviews, keine Mitarbeiter des russischen Geheimdiensts GRU. Außerdem geben die beiden Männer darüber Auskunft, womit sie angeblich ihren Lebensunterhalt verdienen. Sie seien im Handel mit Nahrungsergänzungsmitteln für Fitnesssportler tätig und besäßen ein Unternehmen. Vertiefende Details zu beleuchten, lehnten sie ab, weil sie angesichts des öffentlichen Wirbels um sie um die Beziehung zu ihren Kunden fürchteten.
    Auf den beiden Passbildern sind ihre Köpfe zusehen, darunter stehen ihre Namen.
    Die Fahnungsfotos der beiden verdächtigen Russen Alexander Petrow und Ruslan Boschirow im Fall des Giftanschlags von Salisbury, veröffentlicht von der britischen Polizei am 5.9.2018. (Metropolitan Police / ap)
    Beide gaben an, keine öffentliche Aufmerksamkeit zu suchen. "Wir hoffen sehr, dass sich die Sache aufklärt. Und auch, dass die englische Seite sich bei uns für das entschuldigt, was sie uns gegenüber aufgebracht hat. Und dass sie dennoch die Leute finden, die an dieser Geschichte mit den Skripals beteilt waren. Worin besteht denn unsere Schuld? Wir wollen einfach, dass man uns in Ruhe lässt."
    Merkwürdige Umstände und offene Fragen
    Die Umstände dieses Interviews sind in verschiedenen Punkten merkwürdig zu nennen. In russischen sozialen Medien werden Auffälligkeiten und Zweifel diskutiert: Nicht klar ist, weshalb sich die beiden an den russischen Auslandssender RT gewendet haben und nicht an die populären großen Fernsehkanäle, die viel bekannter sind. Und woher sie angeblich die Handynummer der Chefredakteurin von RT kennen. Bekannte Publizisten schreiben im Netz, sie hätten diese Nummer nicht.
    Die Erklärungen der beiden Männer, weshalb sie unbedingt die Gotik der Kathedrale von Salisbury sehen wollten, wirken leblos. Fotografien, die ihren Besuch belegen, zeigten sie nicht. Auch ihr Reisepass wurde nicht abgebildet, wohl aber eine Jacke, die mit der auf britischen Fotografien übereinstimmt.
    Weshalb sie diese Jacke öffentlich zeigen, während sie gleichzeitig bekunden, Angst vor einem Gang vor die Haustür zu haben, wird nicht klar. Und die Interviewerin fragt zwei wichtige Fragen nicht: Wie erklären sich die beiden Männer die Nowitschok-Spuren in ihrem Hotelzimmer, die britische Ermittler gefunden hätten? Und weshalb haben sie gleich mehrere Rückflugtickets nach Moskau auf einmal gekauft?
    Antworten darauf fehlen - und die heute veröffentlichten Antworten werfen etliche neue Fragen auf.