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Deutscher Frauen-Basketball
Der lange Weg zu mehr Sichtbarkeit

Seit dieser Woche wird in der Damen-Basketball-Bundesliga (DBBL) die Playoff-Finalserie zwischen Keltern und Osnabrück ausgespielt. Nur: das Interesse der Fans ist gering. Dem deutschen Frauen-Basketball fehlen professionelle Strukturen. Die Liga und der Deutsche Basketball-Bund wollen das ändern.

Von Mathias von Lieben |
Playoffs der DBBL: GiroLive Panthers Osnabrück - Rutronik Stars Keltern am 23.04.2021 in der OSC Halle in Osnabrück. Emma Eichmeyer (Osnabrück) im Zweikampf mit Alexandria Elisabeth Kiss-Rusk (Keltern).
Das zweite Playoff-Spiel zwischen den Girolive-Panthers Osnabrück und den Rutronik Stars Keltern: Die Osnabrückerin Emma Eichmeyer und drei Gegenspielerinnen. (IMAGO / osnapix)
"Es ist Finale. Zwischen den Rutronik Stars Keltern und den Girolive-Panthers aus Osnabrück." Keltern gegen Osnabrück. Spiel eins am Mittwoch im Playoff-Finale der DBBL, der Frauen-Basketball-Bundesliga, online live übertragen auf Sporttotal.tv. Nur: Wieder einmal dürften kaum mehr als 2.000 Zuschauer, also die Stammfans, den kostenfreien Live-Stream verfolgen. Das schätzt auch Nina Probst, Gründerin des Internetportals "Sportfrauen.net":
"Die, die sich für Basketball interessieren, oder allgemein für Sport, die kennen das Angebot gar nicht. Da ist meine Vermutung, dass man da durchaus mehr Leute erreichen kann, wenn man das breiter streut."

Kaum Öffentlichkeitsarbeit der Liga

Nur: Die Liga betreibe bis auf wenige Aktivitäten in sozialen Medien nahezu keine Öffentlichkeitsarbeit. Was für Probst auch die Erklärung dafür ist, dass höchstens Lokalmedien über die DBBL berichten.
"Aber im Vergleich zu anderen Ligen wie Volleyball, Fußball, auch Eishockey, müssen wir beim Basketball immer selbst auf die Suche gehen nach Informationen. Und man bekommt die nicht geliefert. Und das ist für Redaktionen, die den Frauensport nur am Rande behandeln, super schwierig."
Die Liga verschicke weder Pressemitteilungen, noch gebe es einen Newsletter oder andere Informationsangebote für Journalisten und Journalistinnen. Am Mittwoch fand sich selbst auf der Startseite der offiziellen Homepage der DBBL kein Hinweis darauf, dass am Abend das erste Finalspiel steigt.
"Da müssen wir uns glaube ich noch ein Stück weit besser aufstellen", sagt Philipp Reuner, seit September letzten Jahres Geschäftsführer der DBBL: "Und gerade in dem Bereich, was die journalistische und redaktionelle Arbeit angeht, ein besseres Angebot machen."
GiroLive Panthers Osnabrück - Rutronik Stars Keltern am 23.04.2021 in der OSC Halle in Osnabrück: Jasmine Monique Thomas (Keltern) im Zweikampf mit Frieda Bühner (Osnabrück).
Beim zweiten Playoff-Spiel: Jasmine Monique Thomas (Rutronik Stars Keltern) im Zweikampf mit Frieda Bühner (Girolive-Panthers Osnabrück). (IMAGO / osnapix)
Das Problem: Es fehlen sowohl personelle als auch finanzielle Ressourcen. Neben Geschäftsführer Reuner hat die DBBL nur eine weitere hauptamtliche Mitarbeiterin – seit März. Einen Pressesprecher oder eine Pressesprecherin gibt es nicht. Zwar ist seit dieser Saison ein japanischer Autohersteller Namensgeber der Liga. Aber: Viel mehr als den Spielbetrieb zu organisieren ist offenbar trotzdem nicht drin. Und selbst damit hatte die Liga – oft zum Unmut der zwölf Bundesliga-Vereine - in dieser Saison Pandemie-bedingt größere Probleme. Nationalspielerin Leonie Fiebich, die bis zuletzt beim elffachen Meister TSV Wasserburg unter Vertrag stand, sagt:
"Im Großen und Ganzen ist die DBBL eigentlich fast überhaupt nicht professionell." Doch die DBBL trägt an der unbefriedigenden Situation nicht die alleinige Schuld, zumal auch Frauen-Bundesligen in anderen Sportarten unter fehlender Aufmerksamkeit leiden. Im Vergleich zur Volleyball- oder Handball-Bundesliga scheint die DBBL aber geradezu unterzugehen. Auch weil öffentlichkeitswirksame Erfolge fehlen. Die Frauen-Nationalmannschaft konnte sich seit zehn Jahren nicht mehr für eine EM qualifizieren, in der internationalen Euroleague ist kein deutscher Verein vertreten.

Professionelle Strukturen im Frauen-Basketball kaum möglich

Große Sprünge sind für die Vereine kaum möglich, sagt Patrick Ketzer, Betreiber des Frauen-Basketball-Podcast "Ballers Lounge". Denn: Mit Ausnahme von Liga-Primus Keltern seien die restlichen Mannschaften wie Wasserburg, Herne, Marburg oder Halle zu 90 Prozent auf lokale Kleinsponsoren angewiesen. Professionelle Strukturen könnten so nicht entstehen:
"Wir haben in den meisten Vereinen einen hauptamtlichen Trainer. Und das war es dann eigentlich schon. Ab und zu dann noch mit viel Glück einen Manager. Und der muss eigentlich alle Bereiche abseits des Spielfelds abdecken. Von Reiseplanung über Marketing, Kommunikation, alles Weitere hängt dann häufig in der Hand von einer Person."
Zum Beispiel in der von Paula Zaschka, seit September Abteilungsleiterin Basketball beim finanziell angeschlagenen, elffachen deutschen Meister TSV Wasserburg. Zaschka kommt nicht aus dem Basketball, war vor ihrer Verrentung Abteilungsleiterin in einer Möbelfirma. Zwar hat sie noch einen Stellvertreter. Um professionelle Strukturen samt Öffentlichkeitsarbeit zu etablieren, reiche der kleine Etat aber nicht aus:
"Wir haben uns auch schon mal Leute als Berater dazu geholt, weil wir festgestellt haben, es gibt Dinge, da brauche ich manchmal noch einen Rat. Also zu zweit kann man das nicht stemmen, schon gar nicht vom Aufwand her."
Viele Bundesliga-Standorte plagen Existenz-Sorgen, nicht nur in Coronazeiten. Eine Folge: die Gehälter für Spielerinnen liegen oft noch nicht mal im vierstelligen Bereich. Und weil die meisten Verträge mit dem letzten Spieltag einer Saison enden, droht im Sommer die Arbeitslosigkeit. Für die besten deutschen Spielerinnen: unattraktiv.
Damit sich die Vereins- und Ligastrukturen professionalisieren, setzt Wasserburgs Abteilungsleiterin Paula Zaschka auf die "Agenda 2030", eine seit vergangenem Oktober bestehende Kooperation zwischen der Liga und dem Deutschen Basketball-Bund, um den Frauen-Basketball zu fördern. Eine Taskforce untersucht derzeit den Status Quo bei den Vereinen, inhaltliche Gruppen sollen anschließend konkrete Maßnahmen einleiten. Der DBB, der den Frauen-Basketball selbst lange vernachlässigt hat, will auch mit personellen Ressourcen bei der Professionalisierung der DBBL helfen. Vize-Präsident Armin Andres prophezeit, dass sich die Vereinslandschaft dadurch mittelfristig verändern und professionalisieren wird:
"In Zukunft wird es natürlich so sein, dass nur jemand in der ersten Bundesliga spielen kann wie bei den Herren, der einen gewissen Mindest-Etat aufbringt, weil es ja sonst keinen Sinn macht. Aber wir müssen jetzt anfangen, dass wir die Damen-Bundesliga in zehn Jahren wieder hoffähig machen."
Ob die ehrgeizigen Ziele der Agenda 2030 erreicht werden? Zum Beispiel, dass Frauen-Basketball zur erfolgreichsten Teamsportart wird? Daran werden sich DBB und DBBL messen lassen müssen.