26. September 2024
Die internationale Presseschau

Auch heute ist ein Hauptthema der Kommentare der Konflikt zwischen dem israelischen Militär und der Terrormiliz Hisbollah im Libanon.

Zerstörte Autos, Häuser und Straßen in einem Vorort der libanesischen Hauptstadt Beirut.
Nach den israelischen Angriffen auf den Libanon herrschen dort vielerorts Chaos und Panik, tausende Menschen sind auf der Flucht. (AFP / ANWAR AMRO)
Dazu schreibt die italienische Zeitung LA STAMPA: "Der Krieg im Libanon ist ausgebrochen. Kriege zwischen einem Staat und einer Miliz sind unausgewogene Kriege im doppelten Sinne. Einerseits sind die militärischen Fähigkeiten eines Staates viel größer als die der raffiniertesten Miliz. Israel ist es gelungen, der Hisbollah äußerst harte Schläge zu versetzen. Andererseits ist der Sieg eines Staates über eine Miliz fast unmöglich. Das liegt daran, dass der Sieg eines Staates in absoluten Zahlen ausgedrückt wird, während der Sieg einer Miliz bedeutet, nicht zu verlieren und somit zu überleben", bemerkt LA STAMPA aus Turin.
Die britische Zeitung THE TIMES bezeichnet die Hisbollah im Libanon als "die mächtigste Terrororganisation der Welt" und erwartet: "Israel mag nicht in der Lage sein, die Hisbollah zu vernichten, aber es könnte sie wohl lähmen - was für die meisten Libanesen ein willkommenes Ergebnis wäre. Viel zu lange schon hat ein terroristischer Schattenstaat das öffentliche Leben im Libanon vergiftet und dem Land Souveränität, Stabilität und Wohlstand verwehrt. Der Untergang der Hisbollah, der sogenannten Partei Gottes, kann nicht früh genug kommen", hofft die TIMES aus London.
Zum gleichen Thema führt die norwegische Zeitung AFTENPOSTEN aus: „Es bestehen große Ähnlichkeiten zwischen der Hamas im Gazastreifen und der Hisbollah im südlichen Libanon. Beide Milizen sind als Terrororganisationen zu betrachten, die vom islamistischen Regime im Iran unterstützt werden. Israels Regierung betrachtet sie als ihre Todfeinde. Die Hamas im Gazastreifen ist militärisch inzwischen stark geschwächt, und das gilt jetzt auch für die Hisbollah. Israels Premierminister Netanjahu hätte diese Bewegungen gerne ein für alle Mal eliminiert, aber das wird ihm nicht gelingen. Was Israel jetzt mehr als alles andere bräuchte und was weite Teile seiner Bevölkerung fordern, ist ein Waffenstillstand im Gazastreifen und Freiheit für die noch lebenden Geiseln. Eine solche Vereinbarung wäre auch ein wichtiger Schritt für eine De-Eskalation im Konflikt mit der Hisbollah im Norden. Es ist eine Tragödie, dass Netanjahu einem solchen Schritt im Weg steht“, urteilt die Zeitung AFTENPOSTEN aus Oslo.
Die panarabische Zeitung SHARQ AL-AWSAT mit Sitz in London stellt fest: "Hisbollah-Führer Hassan Nasrallah war sich sicher, dass der Iran seiner Miliz bei der Konfrontation mit Israel beistehen würde. Das war eine Fehleinschätzung. Darum irrte er auch in der Annahme, der Konflikt mit Israel würde eine bestimmte Intensität nicht überschreiten. Und darum ist es auch unwahrscheinlich, dass Israel seine Operationen gegen den Libanon einstellen wird. Der Iran hält sich trotzdem zurück. Er strebt etwas anderes an, nämlich Verhandlungen mit den USA", merkt SHARQ AL-AWSAT aus London an.
Auch die israelische Zeitung HAARETZ verweist auf die Rolle des Iran im Konflikt zwischen Israel und der Hisbollah: "Die 'Vergeltungsrechnung', die die Hisbollah mit Israel aufgemacht hat, hat den Interessen des Iran bisher recht gut gedient, unter der Bedingung, dass sie nicht zu einem totalen Krieg führt, in den der Iran direkt verwickelt werden könnte. Der Iran selbst trug zur Beruhigung der Lage bei, als er die kluge Entscheidung traf, vorerst nicht auf die Ermordung des ehemaligen Hamas-Führers Ismail Haniyah in Teheran zu reagieren - auch wenn der Iran weiterhin damit droht, dass die Vergeltung kommen wird. Aber angesichts der Ausdehnung des libanesischen Kriegsschauplatzes und der Einschätzung, dass Israel dort auf einen offenen Krieg zusteuert, muss der Iran möglicherweise eine schmerzhafte strategische Entscheidung treffen, um sein wichtigstes Kapital - den von der Hisbollah kontrollierten Libanon - zu erhalten, nämlich indem er sich direkt als Vermittler oder zumindest als 'Schattenvermittler' einschaltet, um den Krieg zu beenden", merkt HAARETZ aus Tel Aviv an.
Vor diesem Hintergrund war die erste Rede des neuen iranischen Präsidenten Peseschkian vor der UNO-Vollversammlung erwartet worden. Sie wird von der in Shanghai erscheinenden Zeitung JIEFANG RIBAO kommentiert: "Der erste Auftritt des neuen iranischen Präsidenten hatte einen vorsichtigen und zurückhaltenden Charakter. Peseschkian ging bei seiner Rede auf all die heißen Themen ein wie den Konflikt in Gaza, die Kämpfe zwischen Israel und der Hisbollah und die Beziehungen seines Landes zu Israel. Im Vergleich zu seinen Vorgängern wirkte sein Ton weit milder. Er weiß zu genau, dass sein durch die lang andauernden Sanktionen des Westens geschwächtes Land kein ebenbürtiger Gegner Israels ist und sich auch keine gesellschaftlichen Unruhen leisten kann. Er warnte eindringlich vor einer Eskalation der Lage in der Region, als wollte er eine wohlwollende Antwort auf den Feuerpausen-Appell der westlichen Staaten geben. Iran scheint einen pragmatisch agierten Präsidenten bekommen zu haben", kommentiert JIEFANG RIBAO aus Shanghai.
Die französische Zeitung LE FIGARO erwartet jedoch nicht viel von dieser UNO-Vollversammlung: "Selten hat eine UNO-Vollversammlung Ihre Spaltungen und Ihre Hilflosigkeit oder sogar Ihre Unfähigkeit, sich den Herausforderungen zu stellen, so offengelegt. Untergraben durch die Spaltungen seiner fünf ständigen Mitglieder, den Siegern des Zweiten Weltkriegs, versagte der UNO-Sicherheitsrat systematisch in seiner Fähigkeit, große Konflikte zu beenden, bis zu dem Punkt, an dem er heute eher einem politischen Theater ähnelt, in dem die Großmächte gegeneinander antreten, als einem Entscheidungsgremium", merkt LE FIGARO aus Paris an.
Themenwechsel: Die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG aus der Schweiz befasst sich mit dem angekündigten Rücktritt des Bundesvorstands der Grünen in Deutschland: "Seit längerer Zeit befinden sich die Grünen im Sinkflug. Verantwortlich für die Wahlpleiten waren laut Lesart der Grünen bisher die Spitzen der Christdemokraten um den CDU-Chef Friedrich Merz, mediale grünenfeindliche Kampagnen und die Propaganda des russischen Diktators Wladimir Putin. Die Möglichkeit, dass am Absturz der Grünen auch die Grünen selbst schuld sein könnten, schien den Parteigrößen eine weniger plausible Erklärung. 'Transformation' ist einer der Lieblingsbegriffe der grünen Partei. Sie will die Wirtschaft transformieren und die Gesellschaft sowieso. Jetzt müssen die Grünen beim Parteitag im November zeigen, dass sie sich selbst transformieren können", notiert die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG.
Auch die spanische Zeitung LA VANGUARDIA analysiert den Rückzug: "Der Grund ist das schlechte Abschneiden bei den Wahlen in drei ostdeutschen Ländern, bei denen in Brandenburg und Thüringen der Wiedereinzug in den Landtag verfehlt wurde. Innerhalb der Ökopartei ist sogar von der schlimmsten Krise der letzten Jahre die Rede. Deutschland ist politisch geeint, aber es bestehen weiterhin Trennlinien. Der Osten hat einen beachtlichen wirtschaftlichen Aufschwung erlebt, aber der Abstand zum Westen besteht fort. Heute, 34 Jahre nach der Wiedervereinigung, ist die Arbeitslosigkeit im Osten höher und das Pro-Kopf-Einkommen geringer. Das alles führt zu einer wachsenden Skepsis gegenüber der Bundesregierung und zu wachsendem Unbehagen auf dem Gebiet der früheren DDR – und es führt dazu, dass immer mehr Bürger die radikale Rechte wählen“, schätzt LA VANGUARDIA aus Barcelona.
DER STANDARD aus Österreich prognostiziert: "Mit dem Austausch der Parteispitze wird es nicht getan sein. Um wieder auf die Beine zu kommen, müssen die Grünen definieren, wofür sie künftig stehen wollen. Für radikalen Klimaschutz, der auch etwas kostet? Oder für eine abgespeckte Variante? Für eine unveränderte Willkommenskultur oder doch für mehr Härte in der Asylpolitik? Das wird der schwierigere Teil der Mission 'Neustart'", meint zum Ende der internationalen Presseschau DER STANDARD aus Wien.