Archiv

Erforscht, entdeckt, entwickelt
Meldungen aus der Wissenschaft

Die Corona-Pandemie könnte zu deutlich mehr Malaria-Toten in Afrika führen +++ Die Corona-Pandemie könnte zu nachlassenden Forschungsstandards führen +++ Fossile Frösche liefern Einblicke in die Geschichte der Antarktis +++ Satellitendaten können helfen, Plastikmüll im Ozean zu entdecken +++ Russland nimmt den Bau des weltweit größten Atomeisbrechers in Angriff +++ Eine Studie zeigt, wie Vögel große Gehirne bekamen

Von Lennart Pyritz |
Neues aus der Wissenschaft - Die Wissenschaftsmeldungen aus "Forschung aktuell"
Neues aus der Wissenschaft – die Wissenschaftsmeldungen aus "Forschung aktuell" (Deutschlandradio)
Die Corona-Pandemie könnte zu deutlich mehr Malaria-Toten in Afrika führen
Davor warnt die WHO in einer Stellungnahme. Demnach könnten in diesem Jahr doppelt so viele Menschen an Malaria sterben wie in anderen Jahren, wenn der Kampf gegen die Infektionskrankheit durch die Coronavirus-Pandemie behindert wird. Modellrechnungen zufolge könnten es im schlimmsten Fall südlich der Sahara etwa 770.000 Todesfälle geben. Die WHO ruft daher dringend dazu auf, möglichst schnell wie bislang mit Insektenspray behandelte Moskitonetze und Medikamente zu verteilen, bevor Einschränkungen wegen der Ausbreitung des Coronavirus solche Aktionen einschränken oder ganz unterbinden könnten.
Forschende warnen in der Corona-Krise zudem vor einer "Bugwelle an zu spät diagnostizierten Krebsfällen" in Deutschland. Bislang mussten Krebspatienten im Regelfall keine bedrohlichen Versorgungsengpässe befürchten, doch Einschränkungen durch die Krisensituation seien spürbar. Das teilten das DKFZ, die Deutsche Krebshilfe und die Deutsche Krebsgesellschaft mit. Besonders besorgt zeigen sich die drei Institutionen über ausgesetzte Abklärungs- und Früherkennungsuntersuchungen. Zudem mieden Patienten aktuell häufig aus Angst vor Ansteckung den Arztbesuch. Eine Einschätzung, ob es im Zuge der Corona-Krise mehr Krebstote geben werde, gibt es noch nicht.
Quellen: DPA, WHO, DKFZ

Die Corona-Pandemie könnte zu nachlassenden Forschungsstandards führen
Davor warnen zwei Wissenschaftler im Fachmagazin Science. In der aktuellen Pandemie-Situation laufen weltweit Studien in beispiellosem Tempo, um das neue Coronavirus zu erforschen und die dadurch ausgelöste Erkrankung Covid-19 zu bekämpfen. Das könne zur Annahme führen, dass der drängende Gesundheitsnotstand es erfordert, von den hohen wissenschaftlichen Standards abzuweichen. Die Folge sei eine Flut schlecht geplanter oder unzureichend dokumentierter Studien zu Beginn der Pandemie gewesen, viele davon publiziert auf sogenannten Preprint-Servern – ohne die Begutachtung durch externe Fachleute.
Einige dieser Untersuchungen hätten trotzdem die Aufmerksamkeit von Medien und Entscheidungsträgern auf sich gezogen. Das birgt den Ethikforschern zufolge das Risiko, falschen Hinweisen zu folgen und Ressourcen zu verschwenden. Forschung und öffentliches Gesundheitswesen müssten schlecht gemachte Studien vermeiden, um robuste Ergebnisse zu erhalten, fordern die Experten.
Ein konkretes Beispiel: Einzelne Forschende sollten dem Drang widerstehen, kleine Studien ohne Kontrollgruppen durchzuführen. Sie sollten stattdessen nach Möglichkeiten suchen, an größeren, sorgfältig geplanten Studien teilzunehmen.
Quelle: Science

Fossile Frösche liefern Einblicke in die Geschichte der Antarktis
Zwischen 2011 und 2013 hat ein Forschungsteam auf der Seymour-Insel in der Antarktis etwa 40 Millionen Jahre alte fossile Überreste von Amphibien gefunden. Es sind die ersten auf dem Kontinent geborgenen Fossilien moderner Froschlurche. Die Fragmente von Hüft- und Schädelknochen werden einer Familie zugeordnet, von der noch heute fünf Arten in den südamerikanischen Anden leben, darunter der sogenannte Helmkopf oder Chilenische Ochsenfrosch.
Die damaligen Bedingungen auf der antarktischen Halbinsel kurz vor deren Vereisung könnten vergleichbar gewesen sein mit dem feucht-gemäßigten Klima südamerikanischer Wälder heute, schlussfolgern die Autoren im Fachblatt Scientific Reports. Eben dort liegt auch der Lebensraum der heute noch existierenden Vertreter der Froschfamilie.
Quelle: Scientific Reports

Satellitendaten können helfen, Plastikmüll im Ozean zu entdecken
Im Fachmagazin Scientific Reports beschreibt ein Forschungsteam eine neue Methode, um auf der Meeresoberfläche treibende Müllteppiche aus Kunststoffteilchen mit einer Größe von mehr als fünf Millimetern von natürlichen Materialien zu unterscheiden. Der Ansatz basiert auf Daten der ESA-Erdbeobachtungssatelliten Sentinel-2. Mit deren Hilfe und einem Algorithmus lässt sich das Plastik anhand seiner spektralen Signaturen identifizieren, also an den unterschiedlichen Reflexionseigenschaften bei einzelnen Wellenlängen. Die Autoren hoffen, dass ihr Verfahren künftig hilft, Plastikmüll in den Weltmeeren aufzuspüren und Aufräumarbeiten zu planen.
Die Forscher gewannen die Signatur-Daten anhand von Plastikmüll vor der Küste Südafrikas und Griechenlands. Außerdem griffen sie auf vorliegende Satellitendaten zu natürlichem Treibgut wie Seetang, Holz oder Meerschaum zurück. Dann testeten sie ihr Verfahren in Küstengewässern vor Ghana, Kanada, Vietnam und Schottland. Das Ergebnis: Sie konnten Plastikmüll mit einer durchschnittlichen Genauigkeit von 86 Prozent von anderen Materialien oder Wasser unterscheiden.
Quelle: Scientific Reports

Russland nimmt den Bau des weltweit größten Atomeisbrechers in Angriff
Der Staatskonzern Rosatom und die Werft Swesda haben einer Mitteilung zufolge gestern den Vertrag für den Bau des Schiffes unterzeichnet. Der Eisbrecher soll "Leader" heißen und künftig einen ganzjährigen Zugang zur Arktis gewährleisten. Der Antrieb erfolgt durch zwei Atomreaktoren, mit einer Gesamtleistung von 120 Megawatt. Damit soll das Schiff in der Lage sein, bis zu vier Meter dickes Eis zu durchbrechen. Russland erhebt Anspruch auf die Rohstoffe am Meeresboden der Arktis. Der Eisbrecher könnte auch dafür die Wege freimachen. Das erste von drei Schiffen soll 2027 vom Stapel laufen.
Die Kosten für das Gesamtprojekt werden mit 1,5 Milliarden Euro angegeben, wie die Staatsagentur Tass meldet. Der geplante Eisbrecher hat eine Länge von 209 und eine Breite von 47,7 Metern. Gebaut wird das Schiff in der Stadt Bolschoi Kamen in der Region Primorje am Pazifik. Das zweite Schiff soll 2030, das dritte 2032 fertig gestellt sein.
Rosatom ist die Abkürzung für Föderale Agentur für Atomenergie Russlands.
Quellen: DPA, Rosatom

Eine Studie zeigt, wie Vögel große Gehirne bekamen
Erschienen ist sie im Fachmagazin Current Biology. Darin rekonstruiert ein Forschungsteam die Geschichte der Hirnevolution vom Tyrannosaurier bis zu modernen Krähen. Die Forscher nutzten Daten zum Hirnvolumen von Dinosaurieren, ausgestorbenen Spezies wie Archäopteryx und Riesenalk sowie heute lebenden Vögeln. Die legen nahe: Nach dem Massenaussterben von Arten am Ende der Kreidezeit entwickelten sich bei vielen Vogelfamilien proportional zum Körper größere Gehirne. In dieser Phase besiedelten bestimmte Vogelspezies frei gewordene Lebensräume neu.
Allerdings zeigt sich bei den Vögeln kein einheitliches Bild. Bei Emus oder Tauben etwa ist die relative Hirngröße vergleichbar mit der eines Dinosauriers. Dagegen verfügen Papageien und Krähenvögel über in Relation zum Körper sehr große Gehirne – und besonders ausgeprägte kognitive Fähigkeiten.
Quelle: Current Biology