Sandra Pfister: Mehr Studienplätze und Spitzenunis sollen noch jahrelang zusätzliches Geld bekommen. Die Bundesbildungsministerin, der Bundesfinanzminister und die Wissenschaftsminister der Länder sind sich jetzt in groben Zügen einig, wer was bezahlt. Jetzt leiten sie das an die Ministerpräsidenten und an die Bundeskanzlerin weiter, und die entscheiden dann voraussichtlich am 11. Dezember endgültig darüber. Wir haben schon gehört, dass Bundesbildungsministerin Wanka das als Erfolg verkauft. Was sagt die Ländervertreterin Doris Ahnen dazu? Ich habe die rheinland-pfälzische Wissenschaftsministerin vor einer Stunde gefragt, ob die Verhandlungen für die Länder gut gelaufen sind?
Doris Ahnen: Es ist vor allen Dingen für die Wissenschaft gut gelaufen. Und ich glaube, dass es Bund und Ländern gelungen ist, vernünftige Vorschläge zu machen, wie es im Wissenschaftssystem weitergeht. Die Verlängerung des Hochschulpaktes zu vereinbaren, den Pakt für Forschung und Innovation mit inhaltlichen Weichenstellungen zu versehen und auch einen Grundsatzbeschluss für die Exzellenzinitiative auf den Weg zu bringen. Das werden wir jetzt alles der Ministerpräsidentenkonferenz im Dezember einmütig vorlegen können.
Pfister: Aber an welchen Punkten haben Sie sich durchgesetzt? Es gab ja ein paar Knackpunkte wie die Programmpauschale, bei denen Sie vorher ernsthaft mit dem Bund gestritten haben. An welchen Punkten haben Sie den Längeren gezogen und wo den Kürzeren?
Ahnen: Für die Länder war ganz besonders wichtig, dass der Hochschulpakt möglichst frühzeitig weiter vereinbart wird. Das ist nicht nur für die Länder wichtig, das ist auch für die Hochschulen wichtig, und das ist vor allen Dingen für die Studierenden wichtig. Und deswegen haben wir hier auf eine frühzeitige Vereinbarung gedrängt. Das ist uns gelungen, und darüber sind wir ganz besonders glücklich. Es hat nur an wenigen Punkten einen intensiveren Diskussionsbedarf gegeben, und einer war in der Tat das Thema Programmpauschale, wobei auch da nicht der grundsätzliche Dissens war, ob man die Programmpauschale fortführt oder nicht. Da sind sich alle einig, dass sie positive Auswirkungen für die Forschung in den Hochschulen hat. Sondern es ging um die Frage, wie hoch muss denn eigentlich die Programmpauschale sein, wie hoch sind die Kosten und wer beteiligt sich wie daran. Da gab es gute Gründe seitens der Länder zu sagen, die realen Kosten liegen bei etwa 40 Prozent. Das sagt auch ein Gutachten des Bundes. Und wenn der Bund 20 Prozent übernimmt, dann ist klar, dass die Länder schon jetzt in der Kofinanzierung mit drin sind.
Programmpauschalen: "Kompromiss gefunden"
Pfister: Um es noch mal deutlich zu machen, da geht es darum, wenn ein Forschungsprojekt bewilligt ist, dann müssen die Forscher in Räumen sitzen, die Räume müssen beheizt werden, sie brauchen Labore, sie brauchen Computer. All das muss nebenher bezahlt werden, und die Frage war, wer bezahlt es. Vor Kurzem hat der Bund gesagt, nö, das machen wir nicht alleine - wie sieht die Lösung jetzt aus? Wer bezahlt?
Ahnen: Die Lösung sieht jetzt so aus, dass der Bund weiterhin 20 Prozent Programmpauschale bezahlt und dass die Länder sich bereit erklärt haben, für neu bewilligte Projekte zwei Prozent oben drauf zu legen. Das ist dann immerhin für das einzelne Forschungsprojekt eine Steigerung um zehn Prozent. Dem Bund war es wichtig, dass die Länder sich beteiligen, und deswegen haben wir an dieser Stelle diesen Kompromiss gefunden. Ich sage aber noch mal dazu, die Länder sind über die Grundfinanzierung in einem deutlich höheren Maße drin als zwei Prozent.
Pfister: Zwei Prozent, das war jetzt Ihr Zugeständnis. Sie haben gerade selbst gesagt, der Punkt, der Ihnen, den Ländern am wichtigsten war, war der Hochschulpakt. Jetzt sind 760.000 neue Studienplätze dabei herausgekommen, finanziert jeweils hälftig von Bund und Ländern bis 2023. Reicht das?
Ahnen: Wir haben die neuesten Prognosen zugrunde gelegt. Wir beziehen uns ja immer auf das sogenannte Basisjahr 2005. Wir haben also noch mal geguckt, wie haben sich die Zahlen entwickelt. Und wir gehen davon aus, dass das, was wir jetzt an Prognosen haben, für die Zukunft auch verlässlich ist.
Pfister: Der Kritikpunkt des Bundes war ganz oft, selbst, wenn die Länder sagen, sie bezahlen die Hälfte dieser Studienplätze, dann haben einige Bundesländer sich nicht daran gehalten und nur kleinere Anteile finanziert. Aber es gab da nie Sanktionen. Hat der Bund da jetzt härtere Saiten aufgezogen bei diesen Verhandlungen?
Ahnen: Also erstens Mal gibt es bestimmte besondere Vereinbarungen für die Stadtstaaten und für die neuen Länder. Und die Länder haben auch in der Vergangenheit ihre Aufgabe schon sehr ernst genommen, die Gegenfinanzierung, die Kofinanzierung sicherzustellen, und sich in hohem Maße für die Hochschulen engagiert.
"Wir führen hier keinen Boxkampf"
Pfister: Also keine härteren Saiten?
Ahnen: Es gibt gar keinen Grund dafür. Wir führen hier keinen Boxkampf. Es geht auch nicht drum, ob der Bund sich ein bisschen mehr durchgesetzt hat oder sich die Länder ein bisschen mehr durchgesetzt haben. Dafür ist das Thema viel zu wichtig und viel zu groß, als dass man sich in solchen Kleinigkeiten jetzt verrennen sollte. Wir haben heute drei ganz wesentliche Punkte nach vorne auf den Weg gebracht, und das in großer Einmütigkeit. Ist doch ein tolles Ergebnis - ist doch auch eine Nachricht wert!
Pfister: Ich mache Ihnen Ihre Einmütigkeit überhaupt nicht kaputt. Deswegen kommen wir zu dem Punkt, der Ihnen beiden, der beiden Seiten wichtig war. Exzellenzinitiative, sickerte schon vorher durch, dass die über 2017 hinaus fortgesetzt wird. Jetzt ist das also Ihrerseits beschlossene Sache, also die Förderung für die Spitzenforschung. Wenn man jetzt mal ein bisschen ins Kleingedruckte schaut: Der Wissenschaftsrat als Beratergremium, der hatte ja gefordert, dass auch Exzellenz in der Lehre gefördert werden soll oder Transfer von Uni-Wissen in die Wirtschaft. Oder dass auch Fachhochschulen mal Geld kriegen. Hat sich das irgendwie heute konkretisiert, was davon kommen wird?
Ahnen: Wir haben heute einen Grundsatzbeschluss zum Thema Exzellenzinitiative gefasst. Das ist wirklich ein Grundsatzbeschluss. Der sagt nicht, wie die einzelnen Förderformate aussehen sollen in der Zukunft - kann er auch nicht, weil wir uns auf ein Verfahren verständigt haben, das eine Evaluation der Exzellenzinitiative vorgesehen ist und wir eine hochkarätige Expertenkommission eingesetzt haben, die ihre Arbeit auch schon aufgenommen hat. Und diese Expertenkommission wird erst Ende 2015 zu Ergebnissen kommen, und diese Ergebnisse sollen in die konkrete Ausgestaltung der Fortsetzung der Exzellenzinitiative mit einbezogen werden. Weil wir aber auch wissen, dass es auch an der Stelle Unruhe und Sorgen gibt, war es uns ganz wichtig, zu sagen: Grundsätzlich ist klar, wir wollen das fortsetzen.
"Ein gutes Gesamtpaket"
Pfister: Und auch in dem Umfang wie bisher?
Ahnen: Wir haben gesagt, wir wollen es grundsätzlich fortsetzen, auch in dem Umfang wie bisher.
Pfister: Für einige Länder ist das ja wichtiger, für andere, für Ihr eigenes nicht so sehr, weil sie bei der Exzellenzinitiative nicht so wahnsinnig viel abgekriegt haben. Waren alle Länder der Meinung, dass es sich genau in dem Umfang lohnt, die Exzellenzinitiative weiterzuführen, oder hätten viele gern mehr Geld in die Finanzierung von Studienplätzen umgeschichtet?
Ahnen: Diese drei Beschlüsse stehen in einem engen Zusammenhang, und sie sind ein gutes Gesamtpaket.
Pfister: Doris Ahnen war das, Wissenschaftsministerin in Rheinland-Pfalz und stellvertretende Vorsitzende der GWK, der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz von Bund und Ländern. Danke Ihnen, Frau Ahnen!
Ahnen: Danke!
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