Naher Osten
Israel kündigt "neue Phase" im Krieg gegen Hamas an

Nach dem Überfall der Hamas auf Israel hat Ministerpräsident Netanjahu die zweite Phase des Verteidigungskriegs gegen die palästinensische Terrororganisation ausgerufen. Schwerpunkt ist die Ausweitung der Bodeneinsätze im Gazastreifen.

    Israelische Artillerieeinheiten feuern nahe Sderot auf den Gazastreifen am 28.10.
    Israelische Artillerieeinheiten feuern nahe Sderot auf den Gazastreifen am 28.10. (IMAGO / Saeed Qaq)
    Die Notstandsregierung habe die Entscheidung einstimmig getroffen, sagte Netanjahu in Tel Aviv. Ziel sei es, die militärischen Fähigkeiten der Islamisten und ihre Herrschaft über das Gebiet zu zerstören. Außerdem gehe es darum, die Geiseln aus ihren Händen zu befreien. Die massiven Luftangriffe der vergangenen Wochen hätten der Hamas einen schweren Schlag versetzt, führte Netanjahu aus. Man stehe aber erst am Anfang. Der Krieg werde langwierig sein.
    Auch der israelische Verteidigungsminister Gallant sprach von vom Beginn einer neuen Phase im Krieg gegen die Hamas. Die Armee habe "oberhalb und unterhalb der Erdoberfläche" im Gazastreifen angegriffen: "Die Anweisungen an die Truppen sind klar. Die Operation wird bis auf Weiteres weitergehen." Er deutete an, dass das Militär demnächst eine umfassende Bodenoffensive im Norden des Gazastreifens beginnen könnte.
    Das israelische Militär forderte die Bewohner im Norden des Gazastreifens erneut auf, das Gebiet Richtung Süden zu verlassen. Dies sei eine dringende Empfehlung, schreibt Militärsprecher Hagari auf der Onlineplattform X. Er hatte zuvor erklärt, Israel schreite in den Kriegsphasen voran. Am jüngsten Einsatz beteiligt seien Infanterie, Panzertruppen, Ingenieurkorps und Artillerie. Es befänden sich weiter israelische Truppen im Gazastreifen.
    Nach Angaben Hagaris wurden in der Nacht auf Samstag rund 150 Ziele getroffen. Dazu gehörten von der Hamas genutzte unterirdische Tunnel sowie weitere Infrastruktur. Mehrere Terroristen der islamistischen Organisation seien getötet worden, hieß es. Die Familien der Geiseln, die sich noch in der Gewalt der Hamas befinden, forderten eine Erklärung von der israelischen Regierung.

    Hamas: Mehr als 8.000 Todesopfer

    Nach Angaben des palästinensischen Zivilschutzes wurden bei den jüngsten Angriffen im Gazastreifen hunderte Häuser zerstört. Internet und das Mobilfunknetz sind bereits gestern ausgefallen. Die Weltgesundheitsorganisation beklagte, dass Hilfe für die Zivilbevölkerung kaum noch möglich sei.
    Der UNO-Hochkommissar für Menschenrechte, Türk, hat nach dem nächtlichen Beschuss des Gazastreifens durch Israel vor "einem neuen Level der Gewalt und des Schmerzes" gewarnt. Der Verlust der Kommunikationsverbindungen in dem Gebiet habe zum Elend und Leid der Zivilbevölkerung im Gazastreifen beigetragen. Türk sagte, die humanitären Folgen und Folgen für die Menschenrechte würden sich noch lange bemerkbar machen. Er warne vor den "womöglich katastrophalen Konsequenzen umfangreicher Einsätze am Boden in Gaza". Tausende weitere Zivilisten könnten ihr Leben verlieren.
    Nach Angaben des von der Hamas betriebenen Gesundheitsministeriums sind seit der Ausweitung der israelischen Offensive 377 Menschen getötet worden. Insgesamt gebe es nun mehr als 8.000 Todesopfer im Gazastreifen. Die Angaben lassen sich nicht unabhängig prüfen. Sie werden teilweise in Zweifel gezogen. Die Weltgesundheitsorganisation kritisierte dies als zynisch. Die WHO habe über Jahre keinen Anlass für Zweifel an den Zahlen der Behörden in Gaza gehabt, sagte ihr Vertreter für die palästinensischen Gebiete, Peeperkorn.
    Der Sprecher des Hamas-Gesundheitsministeriums, al-Kedra, führte aus, Israel habe das Gesundheitssystem im Gazastreifen "komplett lahmgelegt", indem Internet und Mobilfunkverbindungen gekappt worden seien.

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    Diese Nachricht wurde am 29.10.2023 im Programm Deutschlandfunk gesendet.