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Leuchtende Affen

Biologie. - Japanische Forscher haben Äffchen mit einem ursprünglich von Bakterien stammenden Leuchtgen ausgestattet. Die Tiere gaben dieses Gen sogar an ihre Nachkommen weiter. Die Weißbüschelaffen sollen künftig mit Genen für verschiedene menschliche Krankheiten versehen werden und so besser angepasste Versuchstiere werden. Denn das allgegenwärtige "Mausmodell" ist in der medizinischen Forschung nicht immer eine angemessene Parallele.

Von Martin Winkelheide |
    Sie sehen aus wie normale Weißbüscheläffchen. Wenn sie aber mit einer UV-Lampe angestrahlt werden, dann leuchten sie grün. Die Äffchen tragen ein zusätzlichen Gen in ihren Zellen. Ein Gen für ein grün fluoreszierendes Protein - GFP mit Namen -, sagt Hideyuki Okano vom Zentralinstitut für Versuchstiere im japanischen Kanagawa.

    "Das Gen für den grünen Fluoreszenz-Farbstoff war nicht nur in den Tieren der ersten Generation aktiv. Auch die Nachkommen der genetisch veränderten Weißbüscheläffchen tragen das Gen und leuchten grün. Das erste Mal weltweit ist es gelungen, dass genetisch veränderte Primaten ein zusätzliches Gen erfolgreich an die nächste Generation vererbt haben."

    Die japanischen Forscher wählten für ihr Experiment Weißbüscheläffchen, denn sie sind klein und genügsam. Sie können in Käfigen gehalten werden und sind bereits nach einem Jahr geschlechtsreif, so Erika Sasaki von Zentralinstitut für Versuchstiere in Kanagawa.

    "Weißbüscheläffchen bekommen jedes Jahr vier bis sechs Junge. Wenn wir also ein paar Äffchen genetisch manipulieren, dann können die sich weiter vermehren. Und wir haben sehr schnell sehr viele Tiere, die die neue genetische Eigenschaft tragen. Und mit diesen Tieren können wir dann forschen."

    Noch leuchten die Weißbüscheläffchen aus Japan nur. Aber bald schon wollen die Forscher auch weniger harmlose Gene einpflanzen. Gene, die krank machen. Hideyuki Okano:

    "Wir wollen genetisch veränderte Weißbüscheläffchen als Modell-Tiere nutzen zur Erforschung von Erkrankungen des Menschen. Insbesondere von Gehirn-Erkrankungen. Zum Beispiel der Parkinson-Krankheit. Oder der ALS, bei der Nervenzellen zu Grunde gehen, die für Muskelbewegungen wichtig sind. Wir hoffen auf große Fortschritte durch den Einsatz dieser neuen Modell-Tiere."

    Ist es ethisch vertretbar, Primaten, die mit dem Menschen nah verwandt sind, im Dienst der Forschung leiden zu lassen? Erika Sasaki plädiert dafür, abzuwägen.
    "Wir denken, wir sollten Affen dann als Modell-Tiere nutzen, wenn das Maus-Modell nicht ausreicht, um eine Krankheit zu verstehen oder neue Behandlungen zu entwickeln."

    Die japanischen Weißbüscheläffchen sind nicht die ersten genetisch manipulierten Primaten. Bereits 2001 stellten US-amerikanische Forscher einen Rhesus-Affen mit zusätzlichem Erbgut vor – auch er trug das GFP-Gen und leuchtete unter einer UV-Lampe grün. Aber bei den transgenen Affen aus Japan ist das zusätzliche Gen nicht allein in den Körperzellen eingebaut und aktiv – sondern auch in den Keimzellen. Deshalb konnten die genetisch veränderten Tiere das neue Gen weitergeben an ihren natürlich gezeugten Nachwuchs. Ob die neue Methode aus Japan den weltweiten Bedarf an Versuchs-Affen weiter wachsen lassen wird – diese Frage ist für Shoukhrat Mitalipov vom Primaten-Forschungszentrum im US-amerikanischen Bundesstaat Oregon noch offen.

    "Es werden mehr Primaten genutzt werden, weil wir jetzt bessere Werkzeuge haben, um aussagekräftigere Tiermodelle zu schaffen. Andererseits werden wir dann - dank der neuen, viel präziseren Tiermodelle - viel weniger Tiere brauchen, um eine spezielle Behandlung zu testen."

    Sicher ist: Die grün leuchtenden Weißbüscheläffchen aus Kanagawa werden eine neue Diskussion auslösen über den Sinn und die ethischen Grenzen von Tierversuchen an Primaten.