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Musik gegen Terror
Beethoven am Tigris

Der Krieg in Syrien steht im Mittelpunkt des Weltinteresses. Dabei tritt der Irak, der lange Zeit die Schlagzeilen beherrschte, zurück. Fälschlicherweise, denn auch der Irak kämpft um sein Fortbestehen. Kultur hat da eigentlich keinen Platz und gerade deshalb gaben ein Iraker und ein Deutscher ein Konzert - in Bagdad.

Von Susanne El Khafif |
    v.l.n.r.: Zinah Zakariya (Mitarbeiterin der Botschaft), Ekkehard Brose (Botschafter), Florian Heinisch (Piano), Karim Wasfi (Violoncello)
    v.l.n.r.: Zinah Zakariya (Mitarbeiterin der Botschaft), Ekkehard Brose (Botschafter), Florian Heinisch (Piano), Karim Wasfi (Violoncello) (Deutschlandradio - Susanne El Khafif)
    Die deutsche Botschaft in Bagdad. Eine Festung: Meterhohe Wachtürme, Schutzwälle, Sandsäcke, Stacheldraht. Schwer bewaffnetes Wachpersonal, das im Ernstfall zuschlagen wird. Die deutsche Botschaft in Bagdad ist weltweit die am stärksten gesicherte diplomatische Vertretung der Bundesrepublik.
    Ein Konzert mit internationalem Niveau, mit Künstlern aus dem Ausland – das hat es in Bagdad schon lange nicht mehr gegeben. Aus Angst vor Anschlägen. Aus Mangel an Interesse.
    Botschafter Ekkehard Brose, Initiator des Konzerts, hat daher etwas Besonderes geleistet, als er zwei herausragende Musiker zusammengebracht hat: Den Iraker Karim Wasfi und den Deutschen Florian Heinisch. Sie spielen anspruchsvolle, klassische Musik: Die 1. Cello-Sonate von Brahms, die "Appassionata" und die frühe Cello-Sonate Nr. 2 von Beethoven.
    Florian Heinisch, der Pianist, geboren in Eisenach, 26 Jahre alt, ein zurückhaltender junger Mann, ein offenes und freundliches Lächeln. Mit fünf Jahren begann er sein Klavierspiel, heute gehört Heinisch zu Deutschlands großen Nachwuchstalenten.
    Es geht darum wer gewinnt: die Zivilisation oder die Zerstörung
    Jung der eine, deutlich älter der andere ... Karim Wasfi, der Cellist, geboren in Kairo, Dirigent des irakischen Nationalorchesters, das ihm seine Renaissance verdankt. Ein Mann von großer Statur, schwarzes, zurückgekämmtes Haar, ein beeidruckender Vollbart. Ein Musiker. Aber auch ein Aktivist, der überall im Land mit seinem Orchester auftritt, sich dabei über ethnische und religiöse Grenzen hinwegsetzt – der als Solist an die Stätten des Terrors geht, dort sein Cello auspackt und spielt. Um derer zu gedenken, die umgebracht wurden. Und um die zu trösten, die keine Hoffnung mehr haben. Karim Wasfi glaubt an die Kraft der Musik ...
    "Schönheit gegen das Töten! Schönheit gegen die Hässlichkeit! Leben gegen den Tod. Schauen Sie: Der Tod ist unausweichlich. Wir alle werden sterben. Doch wir sollten dem Tod nicht noch mehr Wege auftun sondern dem Leben."

    "Ich denke, ich bin gefährlicher als die Terror-Organisation IS. Letztlich geht es doch darum, was am Ende gewinnt, die Zivilisation oder die Zerstörung."
    Ein Iraker und ein Deutscher im gemeinsamen Spiel
    "Beethoven hat ja mal gesagt, dass es einen Kampf gibt von der Finsternis zum Licht. Und so sieht er, glaube ich, auch seine Kompositionen. Es ist immer ein Kampf von der Finsternis. Aber am Ende steht immer das Licht."
    Die Musiker spielen auf Instrumenten, von denen es im Irak heute nur noch wenige gibt. Jahrzehnte der Gewalt und Zerstörung haben dem alten Kulturland zwischen Euphrat und Tigris auch seine Künste geraubt. Der Irak befindet sich heute in der Auflösung, Grenzen, die vor 100 Jahren von den Europäern, dem Engländer Sykes und dem Franzosen Picot, gezogen wurden, gibt es heute de facto nicht mehr.
    "Ich finde, es ist keine Lösung zu sagen, das betrifft uns alle nicht, das ist weit draußen, und hier ist Deutschland und Irak, das ist ganz weit weg und so, aber es ist nicht so. Wir leben in einer globalen Welt und es kommt alles wieder zurück, wenn wir uns nicht um diese Region kümmern."
    Deutschland ist im Irak aktiv, es beteiligt sich am sogenannten Stabilisierungsprogramm; Ortschaften, die von der Terrororganisation IS befreit wurden, sollen nachhaltig wieder aufgebaut werden, politisch und wirtschaftlich. Das Konzert, das der Iraker Karim Wasfi und der Deutsche Florian Heinisch jetzt gegeben haben, soll, so die Deutsche Botschaft in Bagdad, den Auftakt bilden für eine weitere Kooperation der beiden Künstler – womöglich mit gemeinsamen Konzerten in Deutschland. Auch das wäre sicherlich ein Beitrag für eine Stabilisierung des Irak.