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Neue Konzepte für Kantinen

Betriebskantinen, Imbissbuden, Restaurants und Restaurantketten, der Bäcker oder Metzger nebenan - viele Anbieter bemühen sich um den Mägen von Berufstätigen und anderen Kunden, die außer Haus essen wollen oder müssen. Der Markt gilt als entwicklungsfähig, denn noch immer bringen viele Menschen ihr Essen von zu hause zur Arbeitsstelle mit - Kantinenessen hat nicht überall einen guten Ruf. Mit neuen Ideen und auch mit neuen Anbietern soll sich das ändern. Einige dieser Konzepte wurden auf einer Tagung zum Zukunftsmarkt außer Haus-Verzehr in Göttingen vorgestellt.

Von Carolin Hoffrogge |
    Im schicken Anzug steht Frank Epping hinter einer großen mannshohen Kaffeebar in der Aula der Göttinger Universität. Der Mittvierziger bietet Latte Macchiato, Espresso, Cappuccino, Brötchen, Bagel, Snacks. Die Tagungsteilnehmer stehen bei ihm Schlange.

    Wir wollen einfach den Trend der jungen Leute, auf Trendprodukte unterstützen. Mit allen Sinnen genießen.

    Mit allen Sinnen genießen, der Spaßeffekt bei der Nahrungsaufnahme ist wichtig, sagt Unternehmensberaterin Annette Mützel. Das Ambiente muss stimmen, die Nahrung schmackhaft zurecht gemacht sein und ansprechend angeboten werden. Sie spricht bei der Außer Haus Verpflegung vom dritten Platz im Leben eines Menschen. Zuerst kommt der eigene Wohnraum, dann der Arbeitsplatz und dann

    Der Ort, wo ich gerne hingehe, wo man mich kennt, wo ich vielleicht auch nicht so eine Nummer bin. Wo ich persönliche Kontakte habe. Wo ich nett bedient werde . Wo ich Gleichgesinnte treffe.

    Besonders gut verkauft sich zur Zeit Essen als hippes Gemeinschaftserlebnis. Statt der Großfamilie sitzen Menschen aller Couleur und Altersgruppen an langen Tischen. Annette Mützel mit einem trendigen Beispiel aus London:

    Riesenlange Reihen von Tischen, wo man sich einfach dazu setzt. Wo man nett ins Gespräch kommt. Wo man ein ganz tolles asiatisches Essen bekommt, zu einem super Preis. Die Köche bereiten das vor den Augen der Gäste zu und kriegen das in großen Schalen serviert. Auch das Geschirr ist schon so einzigartig. Es ist alles anders als normal.
    Ein Wohlfühlangebot bietet auch Frank Epping seinen Kunden. Das etwas andere Erlebnis zaubern seine Mitarbeiter jeden Abend ihren Kunden herbei.

    Das ist ein Gastronomieprodukt, wo wir morgens Kaffee anbieten im Cafehaus. Und abends innerhalb von 2 Minuten wird das ganze Ambiente gewechselt und wir sehen aus wie eine Cocktailbar. Das ganze Ambiente wird runtergeklappt und sie sehen die Cocktails und wir haben abends die Cocktailbar. Das ist eigentlich neu, das man zwei wichtige gastronomische Konzepte in einem System vereint. Das haben wir selbst entwickelt, wir wollten was besser machen als die das was es schon gab.

    Frank Eppings Augen leuchten, mit seinen Kaffeehäusern, die sich durch Runterklappen der Thekenregale schwupp di wupp in Cocktailbars verwandeln lassen hat der Mittvierziger eine Marktlücke entdeckt. Und verdient gutes Geld. Kaffeeunternehmer Epping mit seiner nächsten, außergewöhnlichen Idee.

    Wir wollen versuchen mehr Events zu bringen, wir legen sehr viel Wert auf gesunde Ernährung. Geht sogar soweit das sie in Zukunft Menüs buchen können für 14 Tage und abends um 20 Uhr wird dann gemeinsam gejoggt. Wir wollen einfach Gastronomie ganzheitlich ansehen und nicht nur eine Tasse Kaffee verkaufen.

    Achim Spiller arbeitet als Professor für Agrarmarketing an der Universität Göttingen. Er hat die Tagung zum Außerhausverzehr organisiert. Auch wenn die Kaffeehäuser und der Fastfood Bereich expandieren, quält sich die deutsche Gastronomie mit weniger Gästezahlen.

    Das kam insbesondere durch die Einführung des Euros, wo die Gastronomen zum Teil ja auch kräftig zugelegt haben bei den Preisen und die deutsche Gastronomie verliert immer noch sehr stark, hat ein Hochpreisimage und ihr altern die Kunden allmählich weg, während der Fastfoodbereich boomt.

    Auch die Verpflegung von Schülerinnen und Schülern ist ein großer Markt. Hier mahnt Achim Spiller eine höhere und bessere Qualität der Produkte an. Denn besonders bei Kindern und Jugendlichen ist das gesundheitlich wichtig:

    Die Kindergärten machen sich noch viel Gedanken darüber, auch über pädagogische Konzepte. Ernährungspädagogik. In den Grundschulen noch ein bisschen und in den weiterführenden Schulen wird das mehr so als Versorgung gesehen und da werden dann zum Teil wirklich Konzepte gefahren, die weder die Kinder an eine vernünftige Ernährung heranführen noch wo die Produkte selbst hochwertig sind.

    Für Landwirten und Gemüsebauern sieht Professor Spiller ein großes Potential Geld in dem Außer Haus Verzehr zu verdienen. Vielleicht sogar mehr als bei der Direktvermarktung. Aber
    sie müssen sich dafür anstrengen, ihre Produkte wie Salat, Fleisch oder Gemüse flexibler nach Bestellung vorzubereiten.

    Köche sind extrem zeitknapp. Das heißt, die sind so eingebunden, das man aktives Marketing braucht. Das man den Köchen auch vorgefertigte Lösungen anbietet. Man muss logistisch ungeheuer flexibel sein. Es geht einfach nicht, das der Spargel mitten in der Saison nachmittags ausgeht. Da muss auch ein Landwirt in der Lage sein, kurzfristig nachzuliefern.

    Ein großes Potential der Außerhausverpflegung bietet sich auch Schlachtereien und Bäckereien. Sie haben steigende Zuwachszahlen und sind mittlerweile schon bei einem Marktanteil von knapp 15 Prozent. Insgesamt wird die Außerhausverpflegung in diesem Jahr weiter boomen und mit einem Anteil von fast 50 Prozent bald amerikanische Verhältnisse erreichen.