Neue Sitzordnung, neue Gesichter, neue Kräfteverhältnisse. Die Wahlen im Oktober haben den österreichischen Nationalrat durcheinandergewirbelt. 85 neue Gesichter ziehen in den Nationalrat ein, fast die Hälfte aller Mandate. Die meisten neuen Abgeordneten gehören der konservativen ÖVP von Sebastian Kurz an, der zur Zeit Koalitionsverhandlungen mit der rechtspopulitischen FPÖ führt. Diese finden seit zwei Wochen hinter verschlossenen Türen statt, erste gemeinsame inhaltliche Markierungen haben Sebastian Kurz und FPÖ-Chef Heinz Christian Strache schon gesetzt:
"Wir haben eine klare Vorstellung von einem schlanken, effizienten Staat, der versucht, möglichst wenig Regulierung und Bürokratie zu schaffen, damit ein Maximum an Freiheit für die Bevölkerung möglich ist."
"Strikte Maßnahmen zur Unterbindung der Aktivitäten des politischen Islam in Österreich. Grenzraumsicherung in Österreich, solange die EU-Außen grenzen nicht entsprechend geschützt und gesichert werden, um die illegale Migration zu Stoppen und selbst zu entscheiden, wer nach Europa zuwandert und wer nicht."
"Strikte Maßnahmen zur Unterbindung der Aktivitäten des politischen Islam in Österreich. Grenzraumsicherung in Österreich, solange die EU-Außen grenzen nicht entsprechend geschützt und gesichert werden, um die illegale Migration zu Stoppen und selbst zu entscheiden, wer nach Europa zuwandert und wer nicht."
Die Sozialdemokraten müssen sich neu sortieren
Für diese Vorhaben wird die mögliche konservativ-rechtspopulistische Koalition mit 123 von insgesamt 183 Mandaten einen bequemen parlamentarischen Handlungsspielraum haben. Denn mit einer starken Opposition wird sie es eher nicht zu tun bekommen. Die Sozialdemokraten, immerhin zweitstärkste Kraft, müssen sich nach der verlorenen Wahl erstmal neu sortieren. Das wird ein langer Weg - gesteht auch noch Bundeskanzler Christian Kern ein, der im neuen Parlament die Fraktion – in Österreich sagt man Club – als Vorsitzender anführen wird:
"Unser Ziel muss es aber auch sein, den Club auf die neuen Voraussetzungen auszurichten. Da gibt es natürlich einen Unterschied zwischen Regierungsarbeit und Opposition. Das ist völlig logisch und unser Ziel muss es sein, den Club der SPÖ unsere Arbeit im Parlament zum inhaltlichen Kraftzentrum der SPÖ zu formen, und mit dieser Aufgabe haben wir am heutigen Tag begonnen."
Türkis-Blauer Neuanfang
Die Grünen werden dem neuen Nationalrat nicht angehören, sie sind an der hiesigen Vier-Prozent-Hürde gescheitert und müssen das erste Mal seit 31 Jahren in die außenparlamentarische Opposition gehen. Die Hoffnung des linken Lagers lag deshalb auf der Liste Pilz, um den langjährigen Grünenpolitiker Peter Pilz, die bei dieser Wahl zum ersten Mal angetreten war und den Einzug ins Parlament knapp geschafft hat. Die Liste Pilz steht aber vor einem Scherbenhaufen, weil ihr Namensgeber sein Mandat nicht antreten wird – Grund sind gegen ihn erhobene Vorwürfe, Frauen belästigt zu haben.
Bleiben noch die liberalen NEOS, die sich selbst als "starkes Gegengewicht zur rechtskonservativen Regierung" sehen. Mit zehn Mandaten werden sie aber nicht viel ausrichten können. Der österreichische Nationalrat steht vor einem Neuanfang, der türkis-blau sein wird, das sind die Farben der konservativ-rechtspopulistischen Mehrheit. Wenn die neuen Abgeordneten im Parlament Platzt nehmen, werden sich linke Gruppierungen vor dem Parlamentsgebäude versammeln. Eine Demonstration mit dem Motto "Nazis raus aus dem Parlament" ist angekündigt und richtet sich gegen die Vereidigung von Burschenschaftlern, die der FPÖ-Fraktion angehören.