musaeum clausum
Unter Verwendung eines nachgelassenen Textes von Sir Thomas Browne
Aus dem Englischen von Ulrich Bassenge
Komposition, Regie und Realisation: Ulrich Bassenge
Solisten: Wolfgang Roth, Georg Karger, Yogo Pausch, Ulrich Bassenge
Produktion: BR 2010
Länge: 47'36
Als einer der letzten Menschen, die alles wussten (wie sonst nur noch sein Zeitgenosse Athanasius Kircher), notiert Sir Thomas Browne (1605 - 1682) in einem nachgelassenen Text die Desiderata eines imaginären Museums. Er wünscht sich ein verschollenes Ovid-Gedicht ebenso wie ein (nie erschaffenes) Gemälde eines ‚Elefanten auf dem Hochseil - geritten von einem Neger-Zwerg‘, ein Kruzifix aus Froschknochen oder ein Straußenei, bemalt mit einem Bild der Schlacht von Alcazar, in der drei Könige das Leben verloren. Vieles in dieser Liste sei verschollen, verloren, verbrannt, geraubt, verkauft, fragmentiert... ist die erträumte Wunderkammer des britischen Universalgelehrten ein gelehrter Witz oder eine Utopie? Brownes virtuelles Museum ist nicht das erste seiner Art (bereits ein Jahrhundert zuvor parodierte Rabelais eine imaginäre Bibliothek), aber eines der sprachmächtigsten. Wie kein anderer steht dieser kolossale Text mit seinen eigentümlichen Vernetzungen für die verlorene Zeit, in der Wissen, Glauben, Kunst und Einbildungskraft wie selbstverständlich in eines zusammenflossen. Noch nicht aufgerissen scheint der Graben zwischen Information und Wissen, jene Wunde unserer Tage. Ulrich Bassenge exploriert mit Browne den Verlust universaler Bildung im Zeitalter des Internet.