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"Rausch und Stille - Beethovens Sinfonien"
"Beethoven steht für eine Zäsur"

Die neun Sinfonien Ludwig van Beethovens nehmen eine Sonderstellung in der Musikgeschichte ein - der Musikwissenschaftler Karl-Heinz Ott hat sich in seinem neuen Buch intensiv mit den Instrumentalwerken auseinandergesetzt. Beethoven habe damit eine radikale Wende eingeleitet, sagte er im Dlf.

Karl-Heinz Ott im Gespräch mit Raoul Mörchen |
    Der Schriftsteller und Musikwissenschaftler Karl-Heinz Ott
    "Rauschhafter, exzessiver und unverständlicher", so muss Beethovens Werk damals auf die Zuhörer gewirkt haben, sagt der Musikwissenschaftler und Schriftsteller Karl-Heinz Ott. (dpa/ picture alliance)
    Das Beethoven-Jubiläum naht in großen Schritten. 250 Jahre werden nicht nur in seiner Geburtsstadt Bonn groß gefeiert - zum Stichtag gibt es auch eine große Zahl neuer Aufnahmen und Bücher. Der Schriftsteller und Musikwissenschaftler Karl-Heinz Ott hat deshalb seine Causa Beethoven jetzt schon verhandelt. Diese Causa ist nicht die Lebensgeschichte, nicht der ganze Beethoven, aber vielleicht doch das Herzstück: Neun große Instrumentalwerke - geschrieben über einen Zeitraum von knapp drei Jahrzehnten.
    "Ich wollte es vor allen Dingen in einen kulturgeschichtlichen Rahmen stellen und dabei die Frage behandeln: Was eigentlich an Beethoven das Neue ist", sagt Karl-Heinz Ott über sein Buch. Und das Neue ist im Wesentlichen Beethovens Instrumentalmusik.
    "Rauschhafter, exzessiver und unverständlicher"
    "Beethoven ist ein Komponist, der für eine Zäsur steht, für eine radikale Wende." Er habe sich damit auf etwas ganz anderes konzentriert, das damals noch keine Selbstständigkeit besessen habe. Der entscheidende Unterschied zu seinen Vorgängern Haydn und Mozart beispielsweise liege auch in der "Verständlichkeit der musikalischen Sprache". Haydn und Mozart bewegten sich im Großen und Ganzen im Bereich des Schönen. "Bei Beethoven wird alles rauschhafter, exzessiver und unverständlicher – zumindest für die damaligen Zuhörer. Man kann sich nicht mehr zurücklehnen auf dem Sitz."
    Beethoven habe an seiner Wirkungsstätte Wien eine Umbruchszeit erlebt. Das spiegele sich auch in seinen Sinfonien wider. Schon sein "Menuett" und auch die "Scherzi" in der 1. Sinfonie zeigten bereits den Abschied von der höfischen Welt – die Beethoven wohl auch immer "gehasst" habe, so Ott.
    Mit Blick auf aktuelle Beethoven-Aufnahmen begrüßt Ott die Orientierung an Metronom-Werten "die viele für unspielbar hielten, die von Beethoven selbst stammen. (...) Wer sich an diese Metronom-Angaben hält, wird nie einen langweiligen und gemütlichen Beethoven erleben."
    Karl-Heinz Ott: Rausch und Stille - Beethovens Sinfonien
    Verlag Hoffmann und Campe, 272 Seiten, 24,- Euro