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Vor 125 Jahren geboren
Howard Hawks, einer der großen Filmerfinder Hollywoods

Lange unterschätzt, gilt Howard Hawks heute als wohl wichtigster Regisseur des klassischen Hollywood. Elegant und pointensicher spielte er mit dem Geschlechterkampf - und entdeckte dabei Stars wie Lauren Bacall, John Wayne oder Humphrey Bogart. Am 30. Mai 1896 wurde Hawks geboren.

Von Marli Feldvoß |
    Ein Schwarzweiß Foto zeigt einen Mann mit kariertem Tweed-Jackett, freundlich in die Kamera blickend
    Undatierte Aufnahme des Hollywood-Regisseurs Howard Hawks (Imago/ Ronald Grant Archive / Mary Evans)
    Heute gehört Howard Hawks zu den großen Geschichtenerzählern des amerikanischen Kinos. Doch die Anerkennung blieb ihm lange verwehrt. Selbst in den Jahren seiner größten Kassenerfolge von 1939 bis 1949 wurde er bei den Oscarverleihungen stets übergangen. Erst als er in späteren Jahren anfing, Interviews zu geben, kam zum Vorschein, wer dieser Howard Hawks eigentlich war. Ein Filmerfinder, ein ganz Großer. Vom "intelligentesten aller amerikanischen Regisseure" sprach Franҫois Truffaut schon in den Fünfzigern und schwärmte von Hawks Gangsterfilm "Scarface" (1932):
    "Das ist nicht Literatur, das ist vielleicht Tanz, vielleicht Poesie, auf alle Fälle Kino."
    Der am 30. Mai 1896 in Goshen, Indiana, geborene Howard Winchester Hawks, ältester Sohn eines Papierfabrikanten, studierte Architektur und Ingenieurwesen und ist eher zufällig zum Kino gestoßen. Seine Leidenschaften waren schnelle Autos und Flugzeuge. Immer Tempo! So sprang er bei einem Dreh mit Mary Pickford ein, als der Regisseur ausfiel, und wurde entdeckt. Dass er später auch den Gangsterfilm und die Screwball Comedy auf Touren brachte, war kein Wunder. Hawks war ein Rekordjäger. Sein Ziel: Den Rekord des damals schnellsten Films "The Front Page" zu brechen. Sein Remake "His Girl Friday" von 1940 brachte es auf 240 Worte pro Minute. Da wurden die Sätze so frisiert, dass sie sich überlappten, die neueste Tontechnik kam zum Einsatz, nicht zuletzt die Stoppuhr. Alle hatten einen Heidenspaß. In Hochform Cary Grant als Herausgeber Walter und Rosalind Russell als Starreporterin Hildy, ein Ex-Ehepaar mit Streitkultur.

    Hawks scharte kongeniale Autoren um sich

    "His Girl Friday" wurde ein Bombenerfolg. Zur Arbeitsgrundlage des Außenseiters Hawks gehörte, dass er sich den Knebelverträgen der Studios entziehen und unbehelligt mit unabhängigen Produzenten arbeiten konnte. Seine Devise: Gegen den Strom schwimmen, neue Erzähllösungen finden: "Try the opposite". Dafür scharte er die besten Autoren um sich, William Faulkner, Ernest Hemingway, immer dabei der Turboschreiber Ben Hecht, auch der schillernde Produzent Howard Hughes. Eine Truppe von Professionals - sophisticated war für sie kein Fremdwort.
    125. Geburtstag von Ben Hecht - Der gefragteste Drehbuchautor Hollywoods
    Ben Hecht war nicht nur ein Drehbuchautor, der zwei Oscars erhielt, sondern auch noch Romanautor, Stückeschreiber und Journalist – ein Sensationsreporter, der auf dem Großstadtpflaster Chicagos in die Schule des Lebens ging. Am 28. Februar 1894 wurde er in New York City geboren.
    Hawks Geheimnis, seine "Geheimwaffe", war das Understatement. Im Gespräch mit Josef von Sternberg, bringt er sein Erzählprinzip auf den Punkt:
    "You make a great scene out of a little thing and I take a big thing and make a little scene."
    Eine große Sache kleinreden, das war sein Ding. Hawks war keiner, der, wie von Sternberg, die Vernebelungs- und Zauberkräfte der Traumfabrik entfachte, sondern einer, der alles herunterspielte. Sein trockener Humor trug seine vierzig Filme, egal ob Komödien oder Abenteuerfilme, verpackt in einem eleganten symmetrischen Erzählstil. Hollywoodformat! Die Hawks-Filme waren unverwechselbar und modern. Zeitlos, cool, Berühmt etwa der Dialog, in "To Have and Have Not",, von 1944, in dem Lauren Bacall, Humphrey Bogart erklärt, zum Pfeifen müsse er bloß die Lippen zusammenlegen - und blasen:
    "You know how to whistle, don’t you Steve. You just put your lips together - and blow."
    Hawks erklärte später, die Rolle der Bacall sei entstanden , "weil wir Idee hatten, ein Mädchen reinzubringen, das genauso dreist wirken sollte wie Bogart.". Hawks Frauen stehen ihren Mann, das war die Botschaft. Frauen, die ohne Sattel reiten und scharf schießen konnten, wie Slim, seine Ehefrau, waren nach seinem Geschmack. Schlagfertig und pointensicher durften sie auch sein.

    Männerfreund und Geschlechterkämpfer

    Das war Geschlechterkampf zwischen Ebenbürtigen. Dafür wird Howard Hawks bis heute gefeiert. Er war ein waschechter Amerikaner aus dem Mittelwesten, nüchtern, unheroisch, unkonventionell, pragmatisch. Am wohlsten fühlte er sich in der Gesellschaft von Männern beim Fischen und Jagen. Respekt und Loyalität waren Ehrensache
    Film-Biografie: "Curtiz" - "Casablanca" behind the scenes
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    Hawks' vorletzter Film "El Dorado" (1966) war ein Abgesang auf den Western. Für Hawks eine Liebesgeschichte zwischen zwei Männern, gespielt von Robert Mitchum und John Wayne. Zum Schluss sieht man sie auf Krücken durch die Hauptstraße stolpern. Howard Hawks starb am 26. Dezember 1977 in seinem Haus in Palm Springs.