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Was am Ende übrig bleibt

"Die Erhebung der Erbschaftsteuer mit einheitlichen Steuersätzen auf den Wert des Erwerbs ist mit dem Grundgesetz unvereinbar." Mit diesem Beschluss zu Jahresbeginn hatte das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber Hausaufgaben aufgegeben. Das Kabinett stimmte jetzt zwar einem überarbeiteten Gesetzentwurf zu - allerdings steht der Entwurf weiterhin unter Beschuss.

Von Constanze Hacke |
    " Wenn meine Oma oder mein Opa oder wer auch immer mir was vererbt, mir was schenkt, dann verstehe ich nicht, warum ich da dem Staat was abgeben soll davon. Und das jetzt zu deklarieren und da jemand anderen am Kuchen mitnaschen zu lassen, finde ich nicht gerecht.

    Ich denke, dass es ungerecht ist, Geld, was sich Leute ehrlich erarbeitet haben, was sie ehrlich versteuert haben, dann noch mal zu besteuern, nur, weil sie es nicht rechtzeitig ausgegeben haben.

    Wenn man was erbt, dann soll man demjenigen, der was erbt, egal jetzt, wie reich der ist, zumindest die Freude daran lassen, dass er was erbt und nicht, dass er nur belastet wird. Wenn es keine Freude macht, dann ist es eigentlich witzlos. Dann kann man's auch der Kirche schenken.

    Also, grundsätzlich gesehen ist es schon gerecht, eine Erbschaftsteuer. Denn es gibt schon Leute, die ohne irgendetwas dafür zu tun, sehr, sehr, sehr viel erben. Aber ich denke, für 80 Prozent der Bevölkerung ist die Erbschaftsteuer vielleicht nicht unbedingt erforderlich. "

    Gute Erbschaft, schlechte Erbschaft? Die Erbschaftsteuer hat ein Gerechtigkeitsproblem: Für ihre Gegner ist sie eine Neidsteuer, für ihre Befürworter ein Beitrag zur sozialen Gerechtigkeit. Für das Bundesverfassungsgericht ist das Erbschaftsteuerrecht ein Verstoß gegen das Grundgesetz - zumindest in seiner bislang gültigen Form.

    " Die Erhebung der Erbschaftsteuer mit einheitlichen Steuersätzen auf den Wert des Erwerbs ist mit dem Grundgesetz unvereinbar. Sie knüpft an Werte an, deren Ermittlung bei wesentlichen Gruppen von Vermögensgegenständen den Anforderungen des Gleichheitssatzes aus Artikel 3 Absatz 1 Grundgesetz nicht genügt. Der Gesetzgeber ist verpflichtet, eine Neuregelung spätestens bis zum 31. Dezember 2008 zu treffen. "

    Mit diesem Beschluss hatte das Bundesverfassungsgericht die unterschiedlichen Bewertungsmaßstäbe für Immobilien, Grundbesitz, Betriebsvermögen oder Aktien über Bord geworfen. Und zugleich dem Gesetzgeber Hausaufgaben aufgegeben, an deren Lösung sich das Gespann Koch/Steinbrück versuchte. Wie schon bei der Unternehmenssteuerreform erarbeiteten Hessens Ministerpräsident und der Bundesfinanzminister in einer Arbeitsgruppe Rahmendaten für den Gesetzentwurf einer Erbschaftsteuerreform. Die Vorzeichen dafür waren eindeutig: Die Steuer, die sowohl bei Erbschaften als auch bei Schenkungen erhoben wird, sollte in jedem Fall erhalten bleiben. Auch das Aufkommen, das den Ländern zusteht, durfte nicht wesentlich geringer ausfallen. Und darüber hinaus sollten Unternehmen weitestgehend von der Steuer verschont bleiben.

    Das Kabinett stimmte dem Gesetzentwurf gestern auf einer vorgezogenen Sitzung zu - allerdings gegen den Widerstand der beiden CSU-Bundesminister. Herausgekommen ist eine Reform, die sich im Wesentlichen auf drei Punkte konzentriert:

    1. Die Bewertung richtet sich zukünftig für alle Vermögensarten nach dem gemeinen Wert, sprich dem Preis, der beim Verkauf zu erzielen wäre - bislang wurden vor allem Immobilien weit unter diesem Wert veranschlagt.

    2. Betriebliches Vermögen wird von der Erbschaftsteuer weitestgehend ausgenommen - allerdings unter strengen Voraussetzungen.

    3. Die persönlichen Freibeträge für Erben und Beschenkte werden nahezu verdoppelt.
    Peer Steinbrück:
    " Die Hauptbotschaft lautet, dass für Ehegatten, Kinder, Enkelkinder durch die Anhebung der persönlichen Freibeträge es sehr viel leichter wird, Erbschaften weiterzugeben. Das bedeutet in der Tat, dass die alte Ansage, dass das viel zitierte ‚Oma ihr Häuschen' steuerfrei sein soll für all diejenigen, die sich in der Kategorie von normalen Erbschaften bewegen, dass dies von der Erbschaftsteuer freigestellt ist. "

    Was Bundesfinanzminister Steinbrück dabei allerdings verschweigt: Dies gilt nur für die engste Verwandtschaft, die erbrechtliche gerade Linie. Geschwister, Nichten und Neffen werden dagegen künftig genauso behandelt wie Fremde - und mit einem Steuersatz von 30 bis 50 Prozent belegt. Auch der Freibetrag von 20.000 Euro ist - verglichen mit den großzügigen Freibeträgen für Ehepartner, Kinder und Enkel von bis zu einer halben Million Euro - äußerst mager. Angesichts von sinkenden Geburtenraten und einer steigenden Zahl von Patchwork-Familien habe diese Regelung mit der Lebenswirklichkeit nicht mehr viel zu tun, ist der Bochumer Steuerrechtler Roman Seer überzeugt.

    " Wir haben eine ganz bunte Familienwelt, wo Unterhaltsbeistandspflichten kreiert werden, auch moralisch-sittliche Pflichten sich entwickeln, die gar nichts mehr immer mit der geraden Linie zu tun haben. Und da erscheint mir dieser Gesetzentwurf falsch zu liegen: Man will diese gerade Linie entlasten, aber dasselbe Steueraufkommen erzielen. Also muss ich die anderen belasten. Das ist letztlich die Logik, die dahinter steht, aber das ist eine Logik, die mich nicht überzeugt. "

    Auch nach dem Kabinettsbeschluss steht der Entwurf weiter unter Beschuss. Nicht nur Wirtschaftsminister Glos und Agrarminister Seehofer mahnten in einer mündlichen Protokollererklärung Nachbesserungen für Unternehmen an. Auch Verbandsvertreter monierten, Betriebe würden zu sehr in ihrer unternehmerischen Freiheit beschnitten. Auf die grundsätzliche Frage, die die Ausnahmen bei der Erbschaftsteuer rechtfertigen könnte, haben allerdings weder Verbände noch Politiker bislang eine Antwort gegeben: Gibt es tatsächlich gutes und schlechtes Vermögen? Und wenn ja, woran lässt es sich festmachen?

    Diese Frage ist so alt wie die Erbschaftsteuer selbst: 1906 führte die Reichsregierung die Erbschaftsteuer ein - in erster Linie, um die Aufrüstung des Kaiserreichs zu finanzieren. Die politische Begründung dafür lieferte ein SPD-Abgeordneter am 7. Dezember 1906 im Deutschen Reichstag:

    " Wer Besitz hat, für den hat der Staat am meisten zu sorgen. Für diesen hat er am meisten zu verteidigen, und in dem Maße, wie die Verteidigungskosten für das Einkommen und Eigentum der Besitzenden steigen, sollen die Besitzenden auch zu den Staats- und Reichslasten nach Maßgabe ihres Besitzes beitragen. Das ist ihre verdammte Pflicht und Schuldigkeit! "

    August Bebel sah in der Erbschaftsteuer eine Anstandssteuer, ein Mittel zur gerechten Verteilung der Lasten - und das ganz pragmatisch auch für den Verteidigungsfall. Sozialistischer klingt da schon fast, was bis heute in der bayerischen Landesverfassung steht:

    " Alle sind im Verhältnis ihres Einkommens und Vermögens und unter Berücksichtigung ihrer Unterhaltspflicht zu den öffentlichen Lasten heranzuziehen. Die Erbschaftssteuer dient auch dem Zwecke, die Ansammlung von Riesenvermögen in den Händen einzelner zu verhindern. "

    Erben - keine Privatsache?

    Ob der Fiskus ein Anrecht darauf hat, am privaten Nachlass beteiligt zu werden, ist umstritten. In Deutschland überwiegt das Argument, dass es sich hierbei um eine familieninterne Angelegenheit handelt, wie der Direktor des Max-Planck-Instituts für Gesellschaftsforschung, Jens Beckert, erläutert:

    " Es ist nicht das Individuum, das eigentlich Besitzer dieses Vermögens ist, sondern es ist der Familienverband als solcher. Und wenn ein Mitglied dieses Familienverbandes stirbt, dann gehen die Anteile auf die anderen Familienmitglieder über, ohne dass hier ein Eigentumsübergang stattfindet in dem Sinne, dass es dann auch besteuert werden könnte. Das ist eine sehr spezifisch deutsche Sichtweise. Und daraus lässt sich dann ableiten: nach Möglichkeit gar keine Erbschaftsteuerbesteuerung. Das ist ein Bereich der Familie, in den der Staat nicht hineinzureden hat. "

    Die Erbschaftsteuer also ein Eingriff in die Privatsphäre? Zumindest hat sie eine tragische Komponente: Schließlich sind die potenziellen Steuerpflichtigen gerade vom Tod eines Angehörigen betroffen. Welch emotional aufgeladenen Situationen dann durch den Kontakt mit dem Finanzamt entstehen, erlebt die Kölner Steuerberaterin Sabine Schwarz immer wieder in ihrer Kanzlei. Eine psychologisch nicht ganz einfache Aufgabe:

    " Wenn jemand unter sehr tragischen Umständen, vielleicht sehr jung verstorben ist, dann sind die Angehörigen oft gar nicht in der Lage, sich damit auseinanderzusetzen. Das ist nicht möglich. Ich habe das also auch schon erlebt, dass jemand kam und sagte: ‚Ich muss mich ja jetzt damit auseinandersetzen, aber ich kann das einfach nicht. Machen Sie das alles; ich gebe Ihnen für alles eine Vollmacht, ich unterschreibe, wo Sie wollen. Ich kann mich nicht damit auseinandersetzen, es geht einfach nicht.' Dann versuchen wir, nach Möglichkeit, ohne denjenigen allzu sehr zu belasten, das auf die Reihe zu kriegen, dass wir da eine Steuererklärung erstellen. "

    Ein Finanzbeamter, der in einer solchen Situation versucht, die Erbschaftsteuer einzutreiben, kann nur pietätlos wirken. Und dass Erben sich im Moment des Todes bereichert haben, dass dieser Vermögenszuwachs ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit gesteigert hat - eine solche Argumentation dürfte bei den Betroffenen auf wenig Verständnis stoßen.
    Die Zufälligkeit der Geburt: Chancengleichheit durch Umverteilung?

    Hatte das Erbe früher vor allem Versorgungscharakter, ist an diese Stelle das sozialstaatliche Sicherungssystem getreten. Dies wiederum finanziert sich aus Steuereinnahmen. Ein Argument, das Befürworter der Erbschaftsteuer anführen: Der Staat übernehme Aufgaben, die früher die Familie geleistet hat. In dieser neuen Solidargemeinschaft habe die Erbschaftsteuer einen wichtigen Platz, um gleiche Chancen für alle sicherzustellen.

    Denn wer wenig hat, vererbt auch wenig. Wer viel hat, kann viel weitergeben. Der soziale Status verfestigt sich über Generationen - und die Gesellschaft teilt sich in geborene Gewinner und Verlierer. Um diese auch volkswirtschaftlich relevanten Konsequenzen abzufedern, hat die Erbschaftsteuer nach Ansicht des Soziologen Beckert durchaus ihre Berechtigung:

    " Es ist völlig klar, dass man über eine Erbschaftsbesteuerung nicht Chancengleichheit in einem vollständigen Sinne herstellen kann. Denn es ist ja nicht nur über die Vermögensvererbung, dass Kinder unterschiedliche Chancen in Familien haben, sondern Eltern haben ganz unterschiedliches kulturelles Kapital. Eltern haben auch ganz unterschiedliche Möglichkeiten, ihre Kinder materiell zu fördern, was dann eben zu unterschiedlichen Chancen im Bildungssystem führt und zu unterschiedlichen Chancen, Positionen zu erlangen, die ein gutes Erwerbseinkommen ihnen ermöglichen. Was man mit der Erbschaftsbesteuerung aber schon erreichen kann, ist, dass bestimmte Spitzen abgeschnitten werden, dass Vermögenskonzentration ein Stück weit zurückgeführt werden kann. Und wenn man sich jetzt vorstellt, das Geld, das aus der Erbschaftsbesteuerung eingenommen wird, dann gezielt etwa zur Förderung von Bildungsinstitutionen eingesetzt würde, dann kann man schon sehen, dass die Besteuerung von Erbschaften ein Instrument sein kann, mit dem soziale Ungleichheit zumindest ein Stück weit reduziert werden kann. "

    Allerdings ergeben sich dabei gleich mehrere Probleme: Es ist haushaltsrechtliches Prinzip, dass Steuereinnahmen grundsätzlich nicht zweckgebunden verwendet werden dürfen. Alles, was in die öffentlichen Kassen fließt, muss auch für alle Ausgaben zur Verfügung stehen. Und selbst wenn sich Politiker hier und da für mehr Investitionen ins Bildungssystem entschließen: Bildung ist Ländersache - und wo ein Landesfinanzminister etwas beschließt, muss ein anderer noch längst nicht mitziehen. Das Umverteilungsinstrument Erbschaftsteuer könnte somit ein stumpfes Schwert sein.

    Lohnt sich die Erbschaftsteuer?

    Aus fiskalischer Sicht geht es hier um ein Randproblem. Denn gemessen an allen Steuereinnahmen spielt das Aufkommen der Erbschaft- und Schenkungsteuer mit einem Anteil von 0,4 Prozent eine untergeordnete Rolle. Eine Summe, die nach Auffassung des Bochumer Steuer-Professors Seer zu vernachlässigen ist:

    " Die Erbschaft- und Schenkungsteuer beträgt vom Aufkommen mal gerade vier Milliarden. Das ist ein Drittel der Tabaksteuer, ein Viertel der Versicherungsteuer, es hat fast Bagatellsteuercharakter - allerdings nicht für den einzelnen Betroffenen. Für den ist das vielleicht die Steuer seines Lebens. Und das zeigt, dass diese Steuer arg problematisch ist, denn sie führt nur zu einer geringen Umverteilungswirkung, weil das Aufkommen einfach zu klein ist. "

    Ein Untersuchungsteam der Universität Mannheim fand heraus, dass von jährlich rund 800.000 Todesfällen nur gut 60.000 besteuert werden - und damit nicht einmal jeder zehnte Erbfall. In Euro und Cent ausgedrückt: Von einem jährlich vererbten Vermögen von etwa 50 Milliarden Euro werden lediglich rund 15 Milliarden Euro mit Erbschaftsteuer belegt. Die Erbschaftsteuer ist damit einerseits auf einer äußerst schmalen Basis aufgebaut.

    Andererseits hat sich das Aufkommen aus der Steuer seit 1980 mehr als versiebenfacht - und dürfte womöglich in den nächsten Jahren weiter steigen. Zunächst einmal müssen die Bundesländer jedoch mit Steuerausfällen rechnen. Denn Erben haben vorübergehend ein Wahlrecht, ob sie nach altem oder neuem Recht besteuert werden wollen.

    Die Erbschaftsteuer kostet nicht nur den Steuerzahler, sondern auch die Verwaltung einiges. Alfons Kühn, heute Chef der Steuerabteilung beim Deutschen Industrie- und Handelskammertag - DIHK -, leitete vor Jahren selbst eine Erbschaftsteuerveranlagungsstelle in einem süddeutschen Finanzamt:

    " Die Vollzugskosten sowohl bei der Finanzverwaltung, aber erst recht bei den Steuerpflichtigen, die ihre Steuererklärungen machen müssen und die Überwachungsmaßnahmen gegenüber der Verwaltung auch nachhalten müssen, sind so teuer - Schätzungen gehen dahin, dass also etwa die Hälfte des Aufkommens allein mit Vollzugskosten belastet wird - sodass von den vier Milliarden tatsächliche Einnahmen dann allenfalls mal netto noch zwei Milliarden oder etwas weniger beim Fiskus ankommen. Alles andere wird eben durch Beratung und durch Administration in den Finanzämtern absorbiert. "

    Die Erbschaftsteuer lohnt sich daher vor allem für die Länder, die selbst wenige oder gar keine Einnahmen aus dieser Steuer haben, aber über den Länderfinanzausgleich vom Aufkommen der anderen profitieren. Denn etwa jeder zweite Euro Erbschaftsteuer stammt aus Baden-Württemberg, Bayern und Hessen.

    Die ostdeutschen Flächenländer haben dagegen so gut wie kein eigenes Erbschaftsteueraufkommen - und damit auch kaum Verwaltungskosten. Auf dieser Ebene funktioniert das Umverteilungsinstrument Erbschaftsteuer - zumindest solange, wie es keinen föderalen Steuerwettbewerb vergleichbar der kommunalen Gewerbesteuer gibt. International ist dieser Wettbewerb dagegen längst im Gange.

    Die Erbschaftsteuer - ein Auslaufmodell?

    Auch in Österreich hatte der Verfassungsgerichtshof über das Erbschaftsteuergesetz zu entscheiden. Und auch dort wurden die Bewertungsmaßstäbe für verfassungswidrig erklärt. In Österreich allerdings stritt die große Koalition ohne greifbares Ergebnis über die Erbschaftsteuer - mit dem Resultat, dass es sie ab August kommenden Jahres nun gar nicht mehr gibt.

    Ein Trend? Das internationale Bild zeigt vor allem eines: Unentschlossenheit. Zwar gibt es in einigen osteuropäischen Ländern wie Estland, Lettland oder der Slowakei keine Erbschaftsteuer. Viele andere Staaten jedoch erheben die Steuer, lassen aber zahlreiche Ausnahmen oder Freibeträge zu.

    Beispiel Schweiz

    In der Schweiz können die einzelnen Kantone Erbschaftsteuer erheben. Nicht alle machen Gebrauch davon. Und in keinem wird vom überlebenden Ehegatten Erbschaftsteuer verlangt.

    Beispiel Italien

    Unter Silvio Berlusconi im Jahr 2001 abgeschafft, führte die Regierung unter Romano Prodi die Erbschaftsteuer im vergangenen Jahr wieder ein. Allerdings mit enorm hohen Freibeträgen für Ehegatten und Kinder.

    Beispiel Polen

    Seit Jahresbeginn sind Ehepartner, Kinder, Enkel und Geschwister vollständig von der Erbschaftsteuer befreit - vorausgesetzt, sie melden das Erbe dem Finanzamt.

    Beispiel USA

    Die Vereinigten Staaten waren bis in die achtziger Jahre hinein in punkto Erbschaftsteuer ein Hochsteuerland. 2001 schnürte Präsident Georg W. Bush ein Steuersenkungspaket, das auch die Erbschaftssteuern einschloss. Ein Gesetz mit Verfallsdatum: Denn sollte der Kongress das Gesetz nicht verlängern, gelten ab 2011 wieder die ursprünglichen Bestimmungen - mit den alten, hohen Steuersätzen.

    Quo vadis Erbschaftsteuer?

    Auch in Deutschland mag man auf die Erbschaftsteuer nicht verzichten - aus Gerechtigkeitsgründen sei das keine sinnvolle Alternative, wie es im gestern beschlossenen Gesetzentwurf heißt. Worin aber besteht die Steuergerechtigkeit der Erbschaftsteuer? Nach Lesart des Bundesfinanzministeriums braucht der Staat die Steuer, um sich um jene zu kümmern, die niemals durch Erbschaften vermögend werden. Der DIHK-Steuerfachmann Kühn hält dies für den falschen Weg:

    " Richtig - betriebswirtschaftlich, ökonomisch, administrationsmäßig, rational - wäre der Verzicht auf die Erbschaftsteuer und eine andere Steuerquelle eben einfach stärker zu nutzen. Ich denke, die Umsatzsteuer ist eine der Quellen - nicht beim Steuertarif, aber beim Vollzug können diese vier Milliarden, die die Erbschaftsteuer bringen soll, durchaus noch erwirtschaftet werden. Aber diese Steuergerechtigkeit, die kann man auch mit anderen Steuerarten herstellen. Man muss nicht unbedingt eine Erbschaftsteuer dafür haben. "

    Die Politik jedoch hängt an der Erbschaftsteuer. Und um diese langfristig zu erhalten, liefern Experten immer wieder neue Variationen des Themas - etwa, Erbschaften genauso hoch zu besteuern wie Erwerbseinkommen, um dem Leistungsselbstverständnis der Gesellschaft gerechter zu werden. Oder aber die Steuersätze bei der Erbschaftsteuer insgesamt zu vereinheitlichen, um kein Vermögen mehr besser zu stellen als ein anderes. Oder aber nur noch Schenkungen und keine Erbschaften mehr zu besteuern, um keinen fiskalischen Nutzen aus dem Tod zu ziehen. Für die Steuerberaterin Sabine Schwarz sind dies letztlich nur theoretische Gedankenspiele.

    " Es ist ja nun mal auch ein deutsches Phänomen, dass nach dem Krieg hier große Vermögen geschaffen wurden. Das haben wir ja bei unseren Nachbarstaaten nicht in diesem Maße, das ist ja kriegsbedingt gewesen. Große Vermögen wurden aufgebaut und die werden jetzt alle vererbt. Vielleicht, wenn das mal vorbei ist und da ist nichts mehr mit großen Vermögen, weil vielleicht die neue Generation das auf den Kopf haut. Wenn das nicht mehr so lukrativ ist, dann wird man irgendwann dahin kommen, dann wird man es abschaffen. "