DFB-Bundestag
Was von der DFB-Präsidentschaftswahl zu erwarten ist

Am 11. März findet der DFB-Bundestag statt. Dabei wird auch der Nachfolger des zurückgetretenen Präsidenten Fritz Keller gewählt. Zur Wahl stehen Bernd Neuendorf und Peter Peters. Erstmals wird es somit eine Kampfabstimmung geben. Wir klären die wichtigsten Fragen zur Präsidentschaftswahl.

Von Olivia Gerstenberger |
    Ein Schild mit dem Logo des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) hängt vor dem Eingang zur DFB-Zentrale (Aufnahme mit Dreheffekt).
    Der Deutsche Fußball-Bund muss sich neu aufstellen. Erneut wird ein Präsident gesucht. (picture alliance/dpa)
    Seit Jahren belasten den DFB Intrigen und Skandale aller Art: interne Ränkespiele in der Führungsspitze, dubiose Steuergeschichten, Strafverfahren und immer wieder Rücktritte seiner Präsidenten - zuletzt von Fritz Keller im Mai 2021. Nun will sich Deutschlands größter Sportverband neu aufstellen.

    Was ist der DFB-Bundestag?

    Der Deutsche Fußball-Bund ist mit mehr als 7,1 Millionen Vereinsmitgliedern der größte nationale Fußballverband der Welt und Dachverband von 27 deutschen Fußballverbänden. Der DFB-Bundestag ist das höchste Gremium des Verbands. Er wählt unter anderem den DFB-Präsidenten und den Vorstand. Er setzt sich aus 262 stimmberechtigten Delegierten zusammen, darunter Mitglieder des DFB-Präsidiums, des DFB-Vorstands, der Deutschen Fußball-Liga (DFL) der Landes- und Regionalverbände, die etwa eine Zweidrittel-Mehrheit haben, sowie der Deutschen Fußball-Liga (DFL).

    Wer steht zur Wahl?

    Nominiert sind zwei Kandidaten: Bernd Neuendorf und Peter Peters. Neuendorf (60) ist Präsident des Fußball-Verbandes Mittelrhein und hat die Unterstützung der Landes- und Regionalverbände im Rücken, gilt also als Favorit.
    Bernd Neuendorf ist der Favorit bei der Wahl des neuen DFB-Präsidenten.
    Bernd Neuendorf ist der Favorit bei der Wahl des neuen DFB-Präsidenten (Marius Becker/picture alliance/dpa)
    Neuendorf möchte beim Fußball-Verband einen Kulturwandel herbeiführen. Als Aufklärer der Skandale der Vergangenheit sieht er sich aber nicht, sagte er im Dlf.

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    Peter Peters (59) ist mit Mitglied im FIFA Council, war bis vor kurzem 1. Vizepräsident des DFB und Vorsitzender des DFL-Aufsichtsrats und davor lange Manager beim FC Schalke. Er geht für das Profilager ins Rennen um das Präsidentenamt. Im Interview mit dem Deutschlandfunk sagte Peters allerdings, dass er sich nicht als Vertreter eines Lagers sehe, „weil ich bin absolut dagegen, dass es zwei Lager gibt, sondern es gibt einen Fußball.“
    Peter Peters, 1. DFB-Vizepräsident
    Peter Peters werden nur Außenseiterchancen bei der Wahl eingeräumt (dpa/picture alliance/Thomas Boecker/DFB)
    Beide Präsidentschaftsanwärter haben Frauen in ihren Teams: Neuendorf setzt auf Heike Ullrich, die aktuell kommissarische DFB-Generalsekretärin ist, Peters auf Silke Sinning, Professorin für Sportwissenschaft.

    Ist ein Neuanfang zu erwarten?

    Nicht wirklich. Extern hat sich besonders laut die Initiative "Fußball kann mehr" zu diesem Thema geäußert - mit prominenten Frauen aus dem Sport um Nationaltorhüterin Almuth Schult, Fußball-Funktionärin Katja Kraus oder ZDF-Fußballreporterin Claudia Neumann, die im Dlf kritisierte: "Wenn man bedenkt, dass tatsächlich kolportiert wird, dass auch jetzt für die Präsidentschaftswahl beim Bundestag im März alle Posten bereits abgesprochen sind - sind Transparenz und Glaubwürdigkeit wichtige Punkte, die ich nirgends erkennen kann."
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    Die Initiative hatte sich im Vorfeld der Wahl - begleitet von großer medialer Aufmerksamkeit - Gehör verschafft, konnte sich mit ihren Forderungen nach mehr Diversität in der DFB-Spitze oder dem Vorschlag einer Doppelspitze mit beiden Geschlechtern aber nicht durchsetzen.
    Grafik mit den Amtszeiten der DFB-Präsidenten: Vom 27. September 2019 bis zum 17. Mai 2021 war Fritz Keller DFB-Präsident - der frühere Präsident des SC Freiburg übernahm das Amt von seinem Vorgänger Reinhard Grindel. Dieser hatte das Amt des DFB-Präsidenten rund drei Jahre ausgeübt (2016-2019). Der erste Präsident in der Geschichte des DFB war Professor Dr. Ferdinand Hueppe - er übte das Amt von 1900 bis 1904 aus.
    (Statista, DFB)

    Wie wird der DFB vor der Wahl von den Fans wahrgenommen?

    Auch die Fußballfans glauben nicht an einen Neuanfang. Eine Umfrage des SID zeigt, dass fast 80 Prozent der Fußball-Fans mit der Führung unzufrieden sind. Bei der DFB-Präsidentschaftswahl fühlen sich 68,6 Prozent der Fans kaum bis gar nicht repräsentiert. 95 Prozent wünschen sich Reformen. Nur 27,3 Prozent glauben, dass der aktuelle Wahlprozess eine Reform einleiten kann.
    In einer weiteren Online-Studie mit rund 11.000 Teilnehmern haben mehr als 90 Prozent der These zugestimmt, dass es den Funktionären an der DFB-Spitze um Macht und Geld ginge – nur knapp 5 Prozent meinen, den Funktionären gehe es um das Wohl des Fußballs.
    „Unsere Umfrage zeigt deutlich, dass im Prinzip die Belange der Basis von der Spitze eigentlich nicht erkannt werden“, sagt Jana Wiske, eine der Forscherinnen. Es seien nicht nur die Skandale und die fehlende Nähe zur Nationalmannschaft, die das Vertrauen an der Basis erschüttert hätten, sondern auch fehlende Mitspracherechte insgesamt.

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    Die Umfrage zeige, dass es viele Fußball-Interessierte gebe, die Einfluss nehmen möchten. „Jetzt braucht es noch jemanden, der sie erhört und das als wertvolle Grundlage ansieht, um vielleicht einen Reformprozess einzuleiten“, so Wiske.
    Als "befremdlich" bezeichnete die Forscherin eine Stellungnahme des DFB, in der dem Forschungsteam unwissenschaftliches Arbeiten unterstellt worden war - noch vor Veröffentlichung der Studie. Darin hatte der DFB auch persönliche Verflechtungen eines Forschers mit Silke Sinning in den Raum gestellt. Die Forscher wiesen die Vorwürfe des DFB in einer eigenen Stellungnahme zurück und sprachen unter anderem von einem "indiskutablen Eingriff in die Privatsphäre".

    Welche Altlasten trägt der DFB noch mit sich herum, welche Rolle spielt Rainer Koch?

    Die Personalie Rainer Koch könnte zur Gretchenfrage bei dieser Wahl werden. Der DFB-Vizepräsident, der seit 2007 dem Präsidium angehört, ist höchst umstritten. Kritiker werfen ihm zahlreiche Verfehlungen und Verstrickungen in dubiose Machenschaften vor. Der 63-Jährige führt den DFB aktuell als Interimspräsident gemeinsam mit seinem Co-Chef Hans-Joachim Watzke. Er sitzt zudem im Exekutivkomitee der Europäischen Fußball-Union (UEFA).
    Mit Fritz Keller, Reinhard Grindel und Theo Zwanziger haben sich kurz vor dem Bundestag gleich drei ehemalige DFB-Präsidenten in einer gemeinsamen Stellungnahme für das Ende des "Systems Koch" ausgesprochen.
    Keller sagte im ZDF, ohne eine Distanzierung von Rainer Koch werde es im DFB keine Offenheit, keine Transparenz und keine Änderung im gesamten Filz geben. Rainer Koch hatte beim Rücktritt Fritz Kellers eine zentrale Rolle gespielt: Nach persönlichen Differenzen hatte Keller ihn während einer DFB-Präsidiumssitzung mit dem Namen eines Nazi-Richters angesprochen und trat danach zurück. Erst 2019 war er ins Amt gewählt worden.

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    Koch wies die Anschuldigungen als absurd zurück und wies auf persönliche Verfehlungen der zurückgetretenen Präsidenten hin: Auch Kellers Vorgänger Reinhard Grindel und Wolfgang Niersbach waren zurücktreten.
    Neuendorf sieht Koch weiter im DFB-Präsidium und im UEFA-Exko, Peters hat eine Zusammenarbeit mit Koch ausgeschlossen. Auch wenn Rainer Koch das Amt des 1. Vizepräsidenten abgeben wird, steht er dennoch zur Wahl als Vizepräsident. Ob er wieder zum Zug kommt oder mit Silke Sinning aus dem Team Peter Peters eine Gegenkandidatin in den Ring steigt, hängt davon ab, wer zuvor im Präsidentenwahlkampf das Rennen macht.
    Die Deutsche Fußball-Liga, also das Profilager, müsse sich nun bekennen, sagte Sportpolitik-Experte Thomas Kistner im Dlf: „Die DFL kann einen Präsident der Amateure akzeptieren, Neuendorf, aber im Fall Koch kann sie das nicht mehr.“ Dafür seien die erneuten Ermittlungen in einem Fall, den Koch zu verantworten habe, zu bedeutsam.

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    Beim DFB hatte es nämlich erneut Untersuchungen der Staatsanwaltschaft gegeben. Dabei ging es wieder um einen ominösen Vertrag mit Berater Kurt Diekmann, der seit Monaten Gegenstand von Debatten ist. Es besteht der Verdacht der Untreue. Auch die Sommermärchen-Affäre um die möglicherweise gekaufte WM 2006 in Deutschland ist nicht aufgeklärt.
    Quellen: Matthias Friebe, Thomas Kistner, DFB, Statista, sid, dpa