Nach einer längeren Umbau-Pause, aber pünktlich zur Tausendjahrfeier läuten sie wieder, die Glocken des Wormser Doms. Zu den drei alten, die kurz nach dem Zweiten Weltkrieg als Provisorium aus billiger Sonderbronze gegossen worden waren, sind nun endlich fünf neue, hochwertigere hinzugekommen. Fast 70 Jahre hat es gedauert, bis der ehrwürdige Dom wieder ein standesgemäßes Geläut erhalten hat.
Touristenattraktion Wormser Dom
Ob mit oder ohne neue Glocken, der Dom ist die Touristenattraktion von Worms.
Bis zu 400.000 Besucher kommen jedes Jahr. Vornehmlich konzentriert auf die Monate von Mai bis Oktober formieren sie sich in kleineren oder größeren Gruppen auf dem Platz vor dem Dom, um sich nach ein paar Anweisungen von ihren Tour-Guides durch die tausendjährige Geschichte des Gotteshauses führen zu lassen.
Bis die ostasiatische Touristen-Truppe soweit ist, um zum Kultur-Sturm auf die Basilika anzusetzen, nutze ich meine Chance, ziehe vorbei, öffne die Holzpforte und treffe im Dom auf einen freundlichen, älteren Herren, der vor seinem Glaspavillon steht, wo er den Touristen Ansichtskarten, Kerzen und Infobroschüren verkauft, bzw. verkaufen sollte, denn viel lieber teilt der kleine, zierliche Mann mit Brille sein profundes Wissen über Dom- und Kirchengeschichte mit den Besuchern, bei denen er ehrliches Interesse vermutet und die ihm irgendwie sympathisch sind.
Ich habe heute großes Glück:
"Also hier können Sie alles studieren, Architektur, Kunstgeschichte und Religion"
Paul Christen heißt er. Gemeinsam mit seinen drei anderen ehrenamtlichen Rentner-Kollegen gehört Christen seit Jahren zum lebenden Inventar des Doms und weiß alles über ihn. Mich weist er sofort auf eine ganz große Besonderheit hin, die dieser katholische Dom zu bieten hat. Auf einem riesigen bunten Kirchenfenster sieht man einen protestantischen Prominenten:
Bis zu 400.000 Besucher kommen jedes Jahr. Vornehmlich konzentriert auf die Monate von Mai bis Oktober formieren sie sich in kleineren oder größeren Gruppen auf dem Platz vor dem Dom, um sich nach ein paar Anweisungen von ihren Tour-Guides durch die tausendjährige Geschichte des Gotteshauses führen zu lassen.
Bis die ostasiatische Touristen-Truppe soweit ist, um zum Kultur-Sturm auf die Basilika anzusetzen, nutze ich meine Chance, ziehe vorbei, öffne die Holzpforte und treffe im Dom auf einen freundlichen, älteren Herren, der vor seinem Glaspavillon steht, wo er den Touristen Ansichtskarten, Kerzen und Infobroschüren verkauft, bzw. verkaufen sollte, denn viel lieber teilt der kleine, zierliche Mann mit Brille sein profundes Wissen über Dom- und Kirchengeschichte mit den Besuchern, bei denen er ehrliches Interesse vermutet und die ihm irgendwie sympathisch sind.
Ich habe heute großes Glück:
"Also hier können Sie alles studieren, Architektur, Kunstgeschichte und Religion"
Paul Christen heißt er. Gemeinsam mit seinen drei anderen ehrenamtlichen Rentner-Kollegen gehört Christen seit Jahren zum lebenden Inventar des Doms und weiß alles über ihn. Mich weist er sofort auf eine ganz große Besonderheit hin, die dieser katholische Dom zu bieten hat. Auf einem riesigen bunten Kirchenfenster sieht man einen protestantischen Prominenten:
"Ja, jetzt wollte ich Ihnen zeigen: Hier ist Martin Luther. Mit der schwarzen Kutte und der roten Bibel. Und neben ihm ist Karl V. am Reichstag 1521. Und da steht auch Sola Fides, Sola Gratia, Sola Scriptura. Allein der Glaube, die Gnade Gottes und die Heilige Schrift. Das sind die Grundlagen für ihn. Das ist interessant, das Geschichtsfenster. Gucken Sie mal, da ist eine…"
Bevor mich Paul Christen weiter in die Geheimnisse des Geschichtsfensters einweihen kann, wird er in die profane Wirklichkeit entrissen. Der Wunsch einer Touristin erinnert ihn an seine eigentliche Aufgabe:
"Ich möchte eine Kerze kaufen…"
Bevor mich Paul Christen weiter in die Geheimnisse des Geschichtsfensters einweihen kann, wird er in die profane Wirklichkeit entrissen. Der Wunsch einer Touristin erinnert ihn an seine eigentliche Aufgabe:
"Ich möchte eine Kerze kaufen…"
Mit dem Domprobst in die Dom-Geschichte
Mittlerweile ist auch Tobias Schäfer vom benachbarten Pfarrbüro herübergekommen. Er ist Domprobst und Leitender Pfarrer von St. Peter, wie der Wormser Dom mit seinem offiziellen römisch-katholischen Namen heißt. Als ich Tobias Schäfer scherzhaft mit "Hausherr" begrüße, winkt der bescheiden ab:
"Ja, der eigentliche Hausherr ist der Liebe Gott – aber sein Hausmeister hier sozusagen"
Schäfer, ein sportlich wirkender Mittfünfziger mit dünnrandiger Brille, ist seit vier Jahren im Amt und in dieser Zeit zu einem wahren Dom-Fachmann geworden:
"Zum Bau des Doms kam es dadurch, dass im Jahr 1.000 der Bischof Burchard hier Bischof geworden ist. Und der hat befunden, dass der Vorgängerdom, der für die damalige Zeit auch schon ein gewaltiges Bauwerk gewesen sein muss, dass der zu klein sei und zu runtergekommen und dass es jetzt einen neuen Dom braucht."
"Ja, der eigentliche Hausherr ist der Liebe Gott – aber sein Hausmeister hier sozusagen"
Schäfer, ein sportlich wirkender Mittfünfziger mit dünnrandiger Brille, ist seit vier Jahren im Amt und in dieser Zeit zu einem wahren Dom-Fachmann geworden:
"Zum Bau des Doms kam es dadurch, dass im Jahr 1.000 der Bischof Burchard hier Bischof geworden ist. Und der hat befunden, dass der Vorgängerdom, der für die damalige Zeit auch schon ein gewaltiges Bauwerk gewesen sein muss, dass der zu klein sei und zu runtergekommen und dass es jetzt einen neuen Dom braucht."
Vor seiner Berufung nach Worms war Burchard die rechte Hand des Mainzer Erzbischofs Willigis gewesen und hatte erlebt, wie der sich mit seinem Dom ein beachtliches Denkmal gesetzt hatte. Voller Ehrgeiz wollte Burchard gleichziehen, ließ die alte Hauptkirche seiner neuen Wirkungsstäte abreißen und begann an gleicher Stelle mit dem Bau des Doms, der schon am 9. Juni 1018 in Anwesenheit von Heinrich II. eingeweiht werden konnte.
"Kaiser Heinrich war hier in Worms gewesen auf der Durchreise zu einem Feldzug und hat, so wird berichtet, den Dom fast vollendet angetroffen und hat den Bischof jetzt gedrängt, ihn doch in der Anwesenheit des Kaisers doch auch einzuweihen. Und man hat dann bei Nacht die Baustelle aufgeräumt und ausgefegt und am nächsten Tag mit großer Feierlichkeit die Dom-Weihe vollzogen", so Tobias Schäfer.
Prominenter Protestant auf katholischem Kirchenfenster
Auf dem Geschichtsfenster, das aus dem Jahr 1992 stammt, hat der Glaskünstler in zwanzig Segmenten wichtige Kapitel aus der Geschichte des Doms und der Stadt Worms festgehalten:
"Also das Besondere am Geschichtsfenster ist natürlich zu allererst, dass man in einem katholischen Dom den Martin Luther hat",
der 1521 auf dem berühmten Reichstag zu Worms seine Thesen verteidigte. Die Mehrheit der Wormser Bürger wendete sich übrigens in den folgenden Jahren den Lehren Luthers zu, wurde protestantisch und setzte dem Reformator Mitte des 19. Jahrhunderts ein riesiges Denkmal in die Innenstadt-Parkanlage am Ring.
Doch zurück zum Geschichtsfenster, das natürlich auch viele katholische Würdenträger zeigt:
"Papst Leo IX. ist hier im Wormser Dom zum Papst nominiert worden. Der Burchard, der den Dom gebaut hat, der Rupert, der um das Jahr 700 hier Bischof gewesen ist und der von hier aus losgezogen ist, um Bayern zu missionieren, der den Bayernherzog getauft hat, der Salzburg gegründet hat", sagt Schäfer.
Ein anderes Fenstersegment zeigt eine barbusige Jakobinerin, als Anspielung auf die Besetzung Worms durch französische Revolutionstruppen 1793. Links daneben ein französischer Soldat als Sinnbild für die Säkularisierung im Jahr 1803, als die Stadt ihren Bischofsitz verlor und der Dom von den Besatzungstruppen als Stall genutzt worden war. Ein weiteres Glasbild gedenkt der Opfer der Luftangriffe im Zweiten Weltkrieg.
"Ganz oben, in der Spitze des Fensters, dann ein Phönix, als Symbol der Auferstehung und damit natürlich auch ein Christussymbol, aber eben auch, dass aus dieser Geschichte, die ja auch so viel an Zerstörung mit sich gebracht hat, immer wieder neue Hoffnung und neues Leben wächst", so Schäfer.
Fenster aus mittelalterlicher Zeit sucht man im Wormser Dom vergebens. Das meiste, was die Jahrhunderte überdauert hatte, wurde 1921 durch die Druckwelle einer Explosion in einer 20 Kilometer entfernten Chemiefabrik zerstört. Den Rest besorgten die Fliegerbomben im Zweiten Weltkrieg,
"…so dass man ab den 1960er Jahren eine komplett neue Verglasung gemacht hat. Und hat dafür, für diese ganzen gotischen Anbauten, einen Künstler gewinnen können, den Heinz Hindorf aus Michelstadt im Odenwald, der moderne Fenster geschaffen hat, aber der ein Gespür hatte für die mittelalterliche Glaskunst. Also für diese Farbgebung, wie wir sie auch aus mittelalterlichen Fenstern kennen. Auch für diese Bildergeschichten die die mittelalterlichen Fenster oft erzählen, in moderner Sprache übersetzt hat und umgesetzt hat. Und das ist ihm wirklich gut gelungen. Das sind wirklich faszinierende Lichteindrücke", findet Schäfer.
"Also das Besondere am Geschichtsfenster ist natürlich zu allererst, dass man in einem katholischen Dom den Martin Luther hat",
der 1521 auf dem berühmten Reichstag zu Worms seine Thesen verteidigte. Die Mehrheit der Wormser Bürger wendete sich übrigens in den folgenden Jahren den Lehren Luthers zu, wurde protestantisch und setzte dem Reformator Mitte des 19. Jahrhunderts ein riesiges Denkmal in die Innenstadt-Parkanlage am Ring.
Doch zurück zum Geschichtsfenster, das natürlich auch viele katholische Würdenträger zeigt:
"Papst Leo IX. ist hier im Wormser Dom zum Papst nominiert worden. Der Burchard, der den Dom gebaut hat, der Rupert, der um das Jahr 700 hier Bischof gewesen ist und der von hier aus losgezogen ist, um Bayern zu missionieren, der den Bayernherzog getauft hat, der Salzburg gegründet hat", sagt Schäfer.
Ein anderes Fenstersegment zeigt eine barbusige Jakobinerin, als Anspielung auf die Besetzung Worms durch französische Revolutionstruppen 1793. Links daneben ein französischer Soldat als Sinnbild für die Säkularisierung im Jahr 1803, als die Stadt ihren Bischofsitz verlor und der Dom von den Besatzungstruppen als Stall genutzt worden war. Ein weiteres Glasbild gedenkt der Opfer der Luftangriffe im Zweiten Weltkrieg.
"Ganz oben, in der Spitze des Fensters, dann ein Phönix, als Symbol der Auferstehung und damit natürlich auch ein Christussymbol, aber eben auch, dass aus dieser Geschichte, die ja auch so viel an Zerstörung mit sich gebracht hat, immer wieder neue Hoffnung und neues Leben wächst", so Schäfer.
Fenster aus mittelalterlicher Zeit sucht man im Wormser Dom vergebens. Das meiste, was die Jahrhunderte überdauert hatte, wurde 1921 durch die Druckwelle einer Explosion in einer 20 Kilometer entfernten Chemiefabrik zerstört. Den Rest besorgten die Fliegerbomben im Zweiten Weltkrieg,
"…so dass man ab den 1960er Jahren eine komplett neue Verglasung gemacht hat. Und hat dafür, für diese ganzen gotischen Anbauten, einen Künstler gewinnen können, den Heinz Hindorf aus Michelstadt im Odenwald, der moderne Fenster geschaffen hat, aber der ein Gespür hatte für die mittelalterliche Glaskunst. Also für diese Farbgebung, wie wir sie auch aus mittelalterlichen Fenstern kennen. Auch für diese Bildergeschichten die die mittelalterlichen Fenster oft erzählen, in moderner Sprache übersetzt hat und umgesetzt hat. Und das ist ihm wirklich gut gelungen. Das sind wirklich faszinierende Lichteindrücke", findet Schäfer.
Romanischer Dom mit barockem Hochaltar
Doch gerade die Kombination von moderner Glaskunst und romanischer, bzw. in den Anbauten gotischer Architektur macht den Wormser Dom heute so einzigartig.
In seinen tausend Jahren hat der Dom viel durchmachen müssen. Schon zwei Jahre nach seiner Weihe sind große Teile eingestürzt. Auch nach der anschließenden Instandsetzung zeigten sich in den folgenden Jahrzehnten immer wieder neue Baumängel, sodass der Dom schließlich komplett abgetragen, aber auf dem alten Fundament vollkommen neu aufgebaut wurde.
Domprobst Schäfer führt mich zum Hochaltar. Hier umgibt uns opulente barocke Pracht, die der Wormser Dom ausgerechnet der schlimmsten Verwüstung verdankt, die er in seiner bewegten Geschichte erleben musste. Während des Pfälzischen Erbfolgekriegs zerstörten die Truppen des französischen "Sonnenkönigs" Ludwig XIV. nicht nur die komplette Stadt Worms, sondern legten auch noch Feuer im Dom:
"Nachdem hier alles ausgebrannt war, musste man dann den Dom neu ausstatten und hat den bedeutendsten Barockbaumeister der damaligen Zeit, nämlich Balthasar Neumann beauftragt, den Hochaltar neu zu schaffen. Und ich finde aber, bei aller barocken Pracht, die dieser Altar hat, sieht man ihm an, dass der Balthasar Neumann auch einen Respekt und auch eine Achtung vor der romanischen Architektur hier hatte. Sein Hochaltar fügt sich in die Architektur ein", erklärt Schäfer.
In seinen tausend Jahren hat der Dom viel durchmachen müssen. Schon zwei Jahre nach seiner Weihe sind große Teile eingestürzt. Auch nach der anschließenden Instandsetzung zeigten sich in den folgenden Jahrzehnten immer wieder neue Baumängel, sodass der Dom schließlich komplett abgetragen, aber auf dem alten Fundament vollkommen neu aufgebaut wurde.
Domprobst Schäfer führt mich zum Hochaltar. Hier umgibt uns opulente barocke Pracht, die der Wormser Dom ausgerechnet der schlimmsten Verwüstung verdankt, die er in seiner bewegten Geschichte erleben musste. Während des Pfälzischen Erbfolgekriegs zerstörten die Truppen des französischen "Sonnenkönigs" Ludwig XIV. nicht nur die komplette Stadt Worms, sondern legten auch noch Feuer im Dom:
"Nachdem hier alles ausgebrannt war, musste man dann den Dom neu ausstatten und hat den bedeutendsten Barockbaumeister der damaligen Zeit, nämlich Balthasar Neumann beauftragt, den Hochaltar neu zu schaffen. Und ich finde aber, bei aller barocken Pracht, die dieser Altar hat, sieht man ihm an, dass der Balthasar Neumann auch einen Respekt und auch eine Achtung vor der romanischen Architektur hier hatte. Sein Hochaltar fügt sich in die Architektur ein", erklärt Schäfer.
Im Refugium des Domküsters
Jetzt bin ich mit Markus Löhr verabredet. Der arbeitet seit zweieinhalb Jahren hauptberuflich als Domküster und ist in dieser Funktion für einfach alles zuständig. Er erledigt kleinere Reparaturen, tauscht Glühlampen aus, beaufsichtigt die täglichen Reinigungsarbeiten, versorgt den Verkaufs- und Infostand mit neuem Material, verwaltet die Geldspenden aus Opferstöcken und Kollekten und bereitet die Messen vor.
Das Refugium des drahtigen 48-jährigen verbirgt sich hinter einer riesigen Holztür in der ehemaligen Silberkammer des Doms, in der heute die Sakristei untergebracht ist. Viel Bewegungsfreiheit hat man hier nicht. Der Raum ist vollgestopft und gleicht einem Lager.
"Wir haben zwar einen großen Dom, aber wenig Platz zum Abstellen. Und da muss man halt mit dem Platz sehr sparsam umgehen", sagt Markus Löhr.
Links und rechts stehen mannshohe dunkle Holzschränke. Den Raum dazwischen nehmen unzählige Kerzenleuchter, Kreuze und riesige Kleiderständer ein, an denen die Gewänder der Messdiener hängen. Einen Schreibtisch sucht man hier vergebens. Für den wäre nämlich kein Platz. Markus Löhr geht zu einem massiven Holzschrank, der sich an der Stirnwand des Raums unter zwei hohen hellen Kirchenfenstern befindet:
"Also hier im Schrank verbirgt sich mein Büro. Hier steht der Laptop. Einen Drucker habe ich hier. Und einen Aktenvernichter. Und dann habe ich hier in einem größeren Schrank… liegen hier noch die Materialien für die Pförtner. Und dann habe ich hier noch eine Geldzählmaschine. Das gehört auch noch zu meinen Aufgaben. Die ganzen Geldeingänge müssen gezählt und verbucht werden. Und das habe ich mir hier auch in dem Schrank eingerichtet."
Hosenknöpfe, ausländische Geldmünzen oder alte D-Mark- und Pfennigstücke sortiert die Gelzählmaschine aus.
Die wahren Kirchenschätze befinden sich allerdings nicht im begehbaren Wandschrank von Markus Löhr, sondern in einem Tresorraum, der am Treppenaufgang einer der Glockentürme untergebracht ist.
"Ja, hier haben wir ein paar Reliquien. Von den Gefährtinnen der Heiligen Ursula zwei Schädel. Dann haben wir hier eine große Strahlenmonstranz, die wird gerne zu Ostern genommen. Und für mehrere Gottesdienste braucht man natürlich auch viele Hostienschalen. Das sind hier wirklich teilweise sehr alte Sachen. Die Kelche von 1500 oder Monstranzen 17. Bis 18. Jahrhundert", so Löhr.
Das Refugium des drahtigen 48-jährigen verbirgt sich hinter einer riesigen Holztür in der ehemaligen Silberkammer des Doms, in der heute die Sakristei untergebracht ist. Viel Bewegungsfreiheit hat man hier nicht. Der Raum ist vollgestopft und gleicht einem Lager.
"Wir haben zwar einen großen Dom, aber wenig Platz zum Abstellen. Und da muss man halt mit dem Platz sehr sparsam umgehen", sagt Markus Löhr.
Links und rechts stehen mannshohe dunkle Holzschränke. Den Raum dazwischen nehmen unzählige Kerzenleuchter, Kreuze und riesige Kleiderständer ein, an denen die Gewänder der Messdiener hängen. Einen Schreibtisch sucht man hier vergebens. Für den wäre nämlich kein Platz. Markus Löhr geht zu einem massiven Holzschrank, der sich an der Stirnwand des Raums unter zwei hohen hellen Kirchenfenstern befindet:
"Also hier im Schrank verbirgt sich mein Büro. Hier steht der Laptop. Einen Drucker habe ich hier. Und einen Aktenvernichter. Und dann habe ich hier in einem größeren Schrank… liegen hier noch die Materialien für die Pförtner. Und dann habe ich hier noch eine Geldzählmaschine. Das gehört auch noch zu meinen Aufgaben. Die ganzen Geldeingänge müssen gezählt und verbucht werden. Und das habe ich mir hier auch in dem Schrank eingerichtet."
Hosenknöpfe, ausländische Geldmünzen oder alte D-Mark- und Pfennigstücke sortiert die Gelzählmaschine aus.
Die wahren Kirchenschätze befinden sich allerdings nicht im begehbaren Wandschrank von Markus Löhr, sondern in einem Tresorraum, der am Treppenaufgang einer der Glockentürme untergebracht ist.
"Ja, hier haben wir ein paar Reliquien. Von den Gefährtinnen der Heiligen Ursula zwei Schädel. Dann haben wir hier eine große Strahlenmonstranz, die wird gerne zu Ostern genommen. Und für mehrere Gottesdienste braucht man natürlich auch viele Hostienschalen. Das sind hier wirklich teilweise sehr alte Sachen. Die Kelche von 1500 oder Monstranzen 17. Bis 18. Jahrhundert", so Löhr.
Domorgel in schwindelnder Höhe
93 Steinstufen führen in einem anderen Turm zum Arbeitsplatz von Domkantor Dan Zerfaß. In 17 Metern Höhe befindet sich die Hauptorgel des Doms. Wie ein Schwalbennest schmiegt sie sich an die Wand des nördlichen Langhauses. Wer hier Orgel spielt muss sportlich und schwindelfrei sein. 1985 wurde das Instrument an der gleichen Stelle aufgebaut, wo sich auch schon im 15. Jahrhundert eine Schwalbennestorgel befand, die aber beim großen Brand von 1689 zerstört wurde.
"Die heutige Konstruktion hat ein Stahlkorsett um das sie gebaut ist. Und die Stahlträger laufen raus in den Dachstuhl, bis an die Außenwand und es ist ein Riesenbetonklotz da draußen, der das Gegengewicht der Orgel darstellt. Das ist alles relativ vertrauenserweckend. Der Raum selber hat sowohl die Sprengungsversuche der Franzosen im 17. Jahrhundert und auch die Bombardierung der Engländer im Zweiten Weltkrieg überstanden und ist immer einfach stehengeblieben als einziges Gebäude weit und breit, da wird er auch die Orgel aushalten", sagt Dan Zerfaß.
Seit fast zwanzig Jahren ist Dan Zerfaß Domkantor in Worms. Ein Traumjob für den 1968 geborenen Organisten, der immer noch ins Schwärmen gerät, wenn er von der Schwalbennestorgel spricht, die er natürlich auch beim Festakt zur Tausendjahrfeier spielte:
"Ein besonderes Merkmal ist, dass sie klein ist. Sie ist mit 34 Registern eine der kleinsten Domorgeln Deutschlands, aber an einem so genialen Standort, als Schwalbennest, dass sie unten gefühlt doppelt so groß klingt, also sich der Schall von hier aus so klar und tragend durch den Raum bewegt, dass also viele wesentlich größere Domorgeln viel mehr Mühe haben den großen Raum zu beherrschen."
"Die heutige Konstruktion hat ein Stahlkorsett um das sie gebaut ist. Und die Stahlträger laufen raus in den Dachstuhl, bis an die Außenwand und es ist ein Riesenbetonklotz da draußen, der das Gegengewicht der Orgel darstellt. Das ist alles relativ vertrauenserweckend. Der Raum selber hat sowohl die Sprengungsversuche der Franzosen im 17. Jahrhundert und auch die Bombardierung der Engländer im Zweiten Weltkrieg überstanden und ist immer einfach stehengeblieben als einziges Gebäude weit und breit, da wird er auch die Orgel aushalten", sagt Dan Zerfaß.
Seit fast zwanzig Jahren ist Dan Zerfaß Domkantor in Worms. Ein Traumjob für den 1968 geborenen Organisten, der immer noch ins Schwärmen gerät, wenn er von der Schwalbennestorgel spricht, die er natürlich auch beim Festakt zur Tausendjahrfeier spielte:
"Ein besonderes Merkmal ist, dass sie klein ist. Sie ist mit 34 Registern eine der kleinsten Domorgeln Deutschlands, aber an einem so genialen Standort, als Schwalbennest, dass sie unten gefühlt doppelt so groß klingt, also sich der Schall von hier aus so klar und tragend durch den Raum bewegt, dass also viele wesentlich größere Domorgeln viel mehr Mühe haben den großen Raum zu beherrschen."