"Ich hörte, wie Joe Morello diesen Fünfviertel-Beat spielte. Ich wollte ein experimentelles Album machen, indem ich Taktarten benutzte, die im Jazz damals nicht verwendet wurden."
Die Vorherrschaft des marschähnlichen Vierviertel-Rhythmus im Jazz wurde 1959 gebrochen. "Take Five" im für Jazzverhältnisse seinerzeit ungewöhnlichen Fünfvierteltakt, geschrieben von Paul Desmond, wurde ein weltweiter Millionenseller. Beflügelt vom Überraschungserfolg des Albums "Time Out", schrieb Desmonds Partner, der Pianist Dave Brubeck, weitere Stücke in ungeraden Metren. Brubeck im Text zu einer seiner ersten Schallplatten:
"Ich definiere Jazz als eine improvisierte Musik, basierend auf europäischen Harmonien und afrikanischen Rhythmen. Über einem bekannten Thema improvisieren, geschmackvoll die avanciertesten Ideen unserer Zeit verwenden, ohne den Drive und die rhythmische Komplexität des frühen Jazz zu verlieren."
"Ich definiere Jazz als eine improvisierte Musik, basierend auf europäischen Harmonien und afrikanischen Rhythmen. Über einem bekannten Thema improvisieren, geschmackvoll die avanciertesten Ideen unserer Zeit verwenden, ohne den Drive und die rhythmische Komplexität des frühen Jazz zu verlieren."
Hufschlag der Pferde als Taktgeber
In San Francisco war Daves Mutter eine bekannte Klavierlehrerin gewesen. Sie heiratete einen Viehzüchter und verkündete, alle in ihrem Farmhaus in Nordkalifornien zu hörende Musik solle von den Bewohnern selbst kommen. Am 6. Dezember 1920 brachte sie ihren jüngsten Sohn Dave in Concord, einem Vorort von San Francisco, zur Welt. Dave Brubeck erzählte gern, warum er ungerade Rhythmen so liebte. Für ihn wurde das Cowboy-Leben auf der Farm zum prägenden Erlebnis:
"Der Hufschlag des Pferdes ergab einen Rhythmus, und da kamen einige dieser polyrhythmischen Ideen her."
Unterricht bei Arnold Schönberg
Drei von sechs Kindern - die Söhne Howard, Henry und Dave - wurden Komponisten und Musikpädagogen. Schon als Fünfjähriger konnte Dave nach Gehör improvisieren und hatte als 13-Jähriger sein Metier gefunden - als Jazzpianist in lokalen Bands, der sich in seiner Freizeit an Strawinsky die Zähne ausbiss. Lange konnte Dave keine Noten lesen, aber in der ländlichen Abgeschiedenheit fand er seinen Stil. Während seiner Militärzeit nahm er zwei Unterrichtsstunden bei Arnold Schönberg, die zweite endete in einem Eklat. 1946 folgte am Mills College ein Studium bei Darius Milhaud. Als Student experimentierte Brubeck mit einem Oktett-Ensemble, "The Eight" genannt, für das er Techniken aus der modernen Klassik auf den Jazz anwandte.
Die Sterne standen günstig für einen neuen Cool Jazz von der Westküste. Der Kritiker John Hammond beschrieb den jungen Eigenbrötler Brubeck als ...
"... eine neue Figur im Jazz, bei dem man zu Recht von 'progressiv' und 'radikal' sprechen kann … ein brillanter Techniker ... ein Vorreiter, kompromisslos ... Obwohl seine Musik zu Kopfe steigt, hat sie enormen Drive und überraschende Wärme."
"... eine neue Figur im Jazz, bei dem man zu Recht von 'progressiv' und 'radikal' sprechen kann … ein brillanter Techniker ... ein Vorreiter, kompromisslos ... Obwohl seine Musik zu Kopfe steigt, hat sie enormen Drive und überraschende Wärme."
Paul Desmond als kongenialer Partner
Die Aufmerksamkeit der Zuhörer zu erregen, Kommunikation herzustellen, darauf verstand er sich. Kleine Elemente aus der Klassik für den Jazz konnte er nutzbar machen und ließ so seinen Jazz anders klingen.
Nach einem Schwimmunfall auf Hawaii 1951, der ihn fast gelähmt zurückließ, musste er sein Trio auflösen. Wieder genesen, gewann sein Klavierspiel mit versetzten Blockakkorden zunehmend an Ausdruck. Er wurde der Motor eines neuen Quartetts, in dem das fast altmodische Altsaxofon-Spiel von Paul Desmond im hohen Register, das so verletzbar klang, unter die Haut ging.
"Paul und ich scheinen eine Art telepathischer Kommunikation zu haben ... Wir können kontrapunktische Linien entwickeln und die Gedanken des jeweils anderen antizipieren. Wenn zwei Musiker füreinander bestimmt waren, dann Desmond und ich."
Sein Quartett löste Brubeck 1967 auf, doch seinen Idealen blieb er stets treu: überraschender, wunderbar fließender Jazz, angenehm zu hören, in kleiner Besetzung. Die Kritik von damals an Brubeck ist verblasst, der Fünferrhythmus hat alle Attacken überlebt. Dave Brubeck starb mit 92 Jahren im Dezember 2012.