Das Gerücht, der römische Kaiser Nero sei ein schlechter Musiker gewesen, der Rom habe anzünden lassen, hält sich mancherorts bis heute. Denn so schildert ihn das Hollywood-Historienepos "Quo Vadis?", mit dem Peter Ustinov 1951 der internationale Durchbruch als Filmschauspieler gelang. Seine Interpretation des grausamen Despoten, der selbstverliebt die Feuersbrunst besang, prägte jahrelang das Bild des Herrschers und bescherte dem Schauspieler einen Golden Globe.
Empathisch, mit bissiger Pointe und augenzwinkerndem Humor verschmolz der Charakterdarsteller mit seinen Rollen, egal, ob er König Lear, Captain Blackbeard oder einen Hund darstellte. Ustinov beherrschte acht Sprachen und berührte mit seinem Spiel Menschen aus den unterschiedlichsten Kulturkreisen. Woher das rührte, beschrieb er in einem Interview.
"Mein Vater war Deutscher, ist Engländer geworden. Sein Vater war Russe. Sein Bruder war im Ersten Weltkrieg als deutscher Soldat gefallen. Der andere Bruder ist Kanadier. Der jüngste Bruder ist Argentinier und die Schwester ist libanesisch."
Kampf gegen Nazi-Deutschland
Peter Ustinov selbst wurde am 16. April 1921 in London geboren. Mit 17 absolvierte er eine Schauspielausbildung am "London Theatre Studio" und erhielt zwei Jahre später seine erste Filmrolle. Doch der Zweite Weltkrieg unterbrach seine Karriere. Er wurde 1942 eingezogen und kämpfte in der Britischen Armee gegen Nazi-Deutschland. Dazu Ustinov selbst:
"Ich bin kein Pazifist, weil gegen Hitler konnte ich kein Pazifist sein. Ich bin nicht einer, der sagt: Ich bin anders als die anderen, ich würde gerne nicht kämpfen. Nein, gar nicht. Ich mache mit, weil was soll man machen unter solchen Umständen?"
Im Krieg lernte Peter Ustinov den britischen Schauspieler David Niven kennen, mit dem ihn eine lebenslange Freundschaft verband.
An seiner Seite spielte er später die, wie er selber sagte, größte Filmrolle seines Lebens: die Figur des exzentrisch-genialen Privatdetektivs Hercule Poirot.
Wissbegieriges Multitalent
Doch Peter Ustinov war weit mehr als ein Filmschauspieler. Das Multitalent schrieb rund 20 Theaterstücke und zehn Filmdrehbücher, machte als Schriftsteller, Maler, Moderator und Komiker von sich reden; er komponierte, entwarf Bühnenbilder und inszenierte weltweit Opern und Theateraufführungen:
"Ich habe die Schule nicht gerngehabt. Und dann habe ich viel später in meinem Leben sehr viel gelernt, weil ich immer eine Enzyklopädie bei meinem Bett habe. Und wenn ich nicht schlafen kann, lese ich ein bisschen. Ich weiß noch tausende von ganz nutzlosen Sachen, die sehr wichtig sind."
Kämpfer für Kinderrechte
Königin Elisabeth II. erhob Peter Ustinov 1992 in den Adelsstand. Seine Popularität nutzte "Sir Peter" vor allem, um als Sonderbotschafter des Kinderhilfswerks Unicef Geld für Hilfsprojekte in Krisengebieten zu sammeln, und er setzte sich für das weltweite Recht von Kindern ein, in Gesundheit, Frieden und Würde aufzuwachsen. Mit Bildung wollte er Vorurteile bekämpfen, weil sie die Völkerverständigung behinderten, und er verurteilte Krieg als politisches Mittel.
Als Präsident George W. Bush 2003 Bagdad bombardierte, rief Ustinov zum Ostermarsch der Friedensbewegung im rheinland-pfälzischen Ramstein auf, wo in der US-amerikanischen Air Base atomare Sprengköpfe gelagert waren.
"Ich probiere eben zu stimulieren. Ich glaube, wir können alle voneinander lernen. Aber man muss wach sein, und man muss sich selbst entscheiden. Ich will kein Führer sein. Ich will nicht, dass Leute mir folgen. Das würde mich nur genieren. Aber dass ich sie beeinflusse in diesem Sinn, ja, da bin ich völlig einverstanden. Weil ich habe selbst diese Straße begangen und habe bemerkt, alles, was schiefgehen kann auf diesem Weg."
Friedrich der Weise als letzte Rolle
Obwohl er in seinen letzten Lebensjahren schwer an Ischialgie und Diabetes erkrankt war, agierte Ustinov noch vor der Kamera. 2003 spielte er in "Luther" seine letzte Rolle als sächsischer Kurfürst Friedrich der Weise. Zur Premiere der deutsch-amerikanischen Koproduktion erschien der 82-Jährige bereits im Rollstuhl. Wenige Monate später starb er an Herzversagen. Beigesetzt wurde der Weltbürger in Bursins, einem Weinbauerndorf oberhalb des Genfer Sees.