"Eine Popsängerin sieht sich die Musik, den Text und die Melodie an. Sie lernt das, und so singt sie's dann, immer wieder. Nicht mit mir."
Als Anita Belle Colton wurde sie am 18. Oktober 1919 in Chicago geboren. Schon im Kindergarten sang sie gerne und viel. Von ihren Eltern wirklich geliebt fühlte sie sich nie, wurde nie in den Arm genommen, nie von der Mutter zärtlich behandelt.
"Wie eine Schildkröte entwickelte ich einen harten Panzer, um mich zu schützen.
Zu Hause viel Streit und Gesang
Die schönen Momente zu Hause kamen, wenn "Mum" Klavier spielte und sie alle drei sangen. Sonst wurde viel gestritten und geschrien, bis ihr Vater die Familie verließ.
"Ich wuchs in Chicago im Uptown-Distrikt auf. Das war kein guter Ort. Ich war ja noch ein Kind, was wusste ich schon von der Welt? Meine Idee war, nach Hollywood zu gehen. Das spornte mich an - und weg war ich."
Lange Zeit fiel es ihr schwer, offen über ihre wahren Gefühle zu sprechen. Verzweifelt versuchte sie zu ergründen, was sie als einziges Kind einer alleinerziehenden Mutter so ungeliebt machte.
Künstlername O'Day - ein irischer Slangausdruck
Es war kurz nach der Wirtschaftskrise, daheim war die Krise ein Dauerzustand, nie war genug Geld da. Mit zwölf Jahren sang sie für Münzen, die man vor ihr auf den Tanzboden warf. Als junge Künstlerin nannte sie sich O'Day, nach dem irischen Slangausdruck für die "Kohle". Entertainerin wollte sie werden, genauer: Sängerin. Nichts konnte damit konkurrieren.
"Musikalische Intimität konnte tiefer und besser sein als die heißeste Liebesaffäre."
"The Canary" - den Kanarienvogel – so nannten die Musiker die Sängerin einer Bigband, die geduldig auf einem Stuhl vor dem Schlagzeug saß und auf ihren Einsatz wartete, um dann zwei oder drei Songs zu singen. "Einmal bin ich ein Saxofon, das nächste Mal bin ich eine Trompete", sagte O'Day selbst.
16 Jahre lang heroinsüchtig
1941 kam ihre große Chance, als sie zur Gene Krupa Band stieß. Davon konnte sie kaum die Miete bezahlen, dann kam sie zu Woody Herman. Sie lebte immer von Tag zu Tag. Anita O’Day hatte keinen großen Stimmumfang, aber sie erfasste intuitiv die Essenz der Schallplatten.
Ihr anstrengendes Leben, das ständige Herumreisen forderte seinen Tribut. Mehrmals landete sie wegen geringer Delikte im Gefängnis. Ständig geriet Anita O'Day an falsche Freunde, die sie mit Alkohol und Drogen versorgten.
Ihr anstrengendes Leben, das ständige Herumreisen forderte seinen Tribut. Mehrmals landete sie wegen geringer Delikte im Gefängnis. Ständig geriet Anita O'Day an falsche Freunde, die sie mit Alkohol und Drogen versorgten.
"Manchmal habe ich gedacht, es leben zwei Anitas in einem Körper - die Gute und die Schlechte, die Gesunde und die Kranke. Die gute Anita ist ehrgeizig, kreativ und kooperativ. Die schlechte Anita ist eine Dame, der alles egal ist. Vor dieser Anita sollte man sich hüten, sie kann im Handumdrehen alles torpedieren, was die Gute in Jahren aufzubauen versuchte."
16 Jahre lang war sie heroinsüchtig, ihr Leben eine Achterbahn. 1958 hatte sie – zu sehen in dem Film "Jazz on a Summer's Day" -, nach einem Wolkenbruch einen Auftritt beim Newport Festival, der sie zur Ikone machte. Der große schwarze Hut mit den weißen Federn, das Kleid und die weißen Handschuhe, ihr Lächeln.
Comeback mit 60
"Ich mochte anfangs Mildred Bailey und natürlich Billie Holiday, diesen Sound, ich fand das interessant. Als Ella Fitzgerald ankam, sagten wir: Das ist wirklich was! Ich hörte die Platte, kopierte die Platte, und arbeitete damit auf der anderen Seite der Stadt."
Mit 60 Jahren hatte sie ein starkes Comeback. Immer wieder raffte sie sich auf - eine solitäre Überlebenskünstlerin des Jazzgesangs. Am 23. November 2006 starb Anita O'Day im Schlaf an einem Herzinfarkt, mit 87 Jahren in West Hollywood.