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100. Geburtstag von Arthur Miller
Unbotmäßiger amerikanischer Intellektueller

Arthur Millers Sorge, nur als zeitweiliger Ehemann von Marilyn Monroe in Erinnerung zu bleiben, war unbegründet. Millers eigene Darstellung seiner Liebesgeschichte geht aus seiner Autobiografie "Zeitkurven" hervor: Sie erschien 1987 und ist für viele zugleich eine der besten Prosaarbeiten des weltberühmten Dramatikers.

Von Christian Linder |
    Der amerikanische Schriftsteller und Dramatiker Arthur Miller ("Der Tod des Handlungsreisenden", "Hexenjagd") im Dezember 1956 nach seiner Ankunft auf dem Idlewild Flughafen in New York.
    Der amerikanische Schriftsteller und Dramatiker Arthur Miller ("Der Tod des Handlungsreisenden", "Hexenjagd") im Dezember 1956 nach seiner Ankunft auf dem Idlewild Flughafen in New York. (picture alliance / dpa)
    Natürlich beschlich Arthur Miller manchmal die Sorge, die Nachwelt werde ihn vielleicht vor allem nur noch kennen als zeitweiligen Ehemann von Marilyn Monroe. Wer sich nicht mit den bis heute herumgereichten Klatsch- und Tratsch-Geschichten um die fünfjährige, von 1956 bis 1961 dauernde Liaison des Schriftstellers mit der damals auch als Sex-Symbol zum Mythos gewordenen Schauspielerin begnügen will, erfährt Millers eigene Darstellung seiner Liebesgeschichte aus seiner Autobiografie "Zeitkurven". Sie erschien 1987 und ist für viele zugleich eine der besten Prosaarbeiten des weltberühmten Dramatikers. In ihr ist nachzulesen, wie der am 17. Oktober 1915 in New York als Sohn einer aus Galizien eingewanderten jüdischen Familie geborene Miller auf seine Lebensbahn gekommen ist. Kein Blick zurück in Nostalgie.
    "Ich glaube nämlich keineswegs, dass die Vergangenheit auch nur irgendwie besser war. Man hat ja sogar die Zeit der großen Depression zu romantisieren versucht, obwohl damals wirklich ungeheures Leid herrschte. Manche Leute sagen, in jenen Tagen hätte man sich mehr umeinander gekümmert - davon habe ich allerdings nichts erlebt."
    Weltweit nachgespielter Dramatiker
    Tatsächlich erlebt hat Miller die Weltwirtschaftskrise im Zusammenhang mit dem Börsenkrach von 1929 als sozialen Niedergang seiner Familie im Sinne einer völligen Verarmung. Aus dieser Erfahrung hat er sein Lebensthema gestaltet, am eindrucksvollsten in seinem 1949 uraufgeführten Theaterstück "Tod eines Handlungsreisenden".
    "Das Stück erwuchs aus einfachen Bildern: Einem kleinen Haus in einer Straße voller kleiner Häuser, damals hallte es wider vom Lärm Heranwachsender, dann war es leer, still und schließlich von Fremden bewohnt."
    Die Geschichte des alternden und am Ende auch deshalb entlassenen Handlungsreisenden Willy Loman, der in die Mühlen des brutalen amerikanischen Wirtschaftssystems gerät und zermalmt wird, ist Theater in der alten Tradition einer moralischen Anstalt. Mit der Uraufführung in Philadelphia, in der Regie von Elia Kazan, der vorher, 1947, schon das Stück "Alle meine Söhne" in New York inszeniert hatte, war Miller als bald weltweit nachgespielter Dramatiker "gemacht" und er wusste nun, wie es "geht":
    "Die Kunst des Stücke-Schreibens besteht hauptsächlich aus der Manipulation von Zeit: Alles muss so zeitlich gerafft werden, dass es dramatisch wird."
    Zum Beispiel in einem Stück wie "Hexenjagd" aus dem Jahr 1953, in dem Miller zwar einige Jahrhunderte zurück in die amerikanische Geschichte blendete, doch jeder Zuschauer die Handlung als Kritik an der in den 1950er Jahren in Amerika beliebten Kommunistenjagd verstehen konnte. Als Miller später selbst nach Washington vor den "Ausschuss für unamerikanische Umtriebe" geladen wurde, verweigerte er die Aussage und wurde zu einem Jahr Gefängnis auf Bewährung verurteilt. Die Bestrafung nahm er als Auszeichnung und erwies sich ihrer fortan als weiterhin unbotmäßiger amerikanischer Intellektueller würdig.
    Kommentare zur Watergate-Affäre
    Nach der Trennung von Marilyn Monroe lernte er die österreichische Fotografin Inge Morath kennen und lebte mit ihr in dem Ort Roxbury im amerikanischen Bundesstaat Connecticut. Ein bis zu seinem Tod im Februar 2005 fleißiger Arbeiter, dem es nichts auszumachen schien, dass späteren Dramen und Drehbüchern die bis heute prägnante Bedeutung seiner frühen Nachkriegsstücke nicht mehr zugesprochen wurde – so spektakulär auch der 1960 in der Regie von John Huston gedrehte Film "Misfits" noch einmal wirkte, mit einer Marilyn Monroe buchstäblich auf den Leib geschriebenen Rolle.
    Zur täglichen Arbeit gehörten auch viele publizistische Texte wie Kommentare zur Watergate-Affäre oder zum American way of life sowie Reportagen zum Beispiel aus Russland. Das tägliche Schreiben half ihm einfach, sein Leben zu strukturieren. In diesem Zusammenhang hat er in seiner Autobiografie folgende Quintessenz seines Lebens hinterlassen:
    "Das Hier und Jetzt zerrann immer vor einem Traum, dessen Anfang auf mich zukam oder dessen Ende gerade entschwand. Ich musste zwanzig werden, ehe ich lernte, fünfzehn zu sein, dreißig, ehe ich wusste, was es heißt, zwanzig zu sein, und heute muss ich mich zwingen aufzuhören, wie ein Mann von fünfzig zu denken, der noch viele Jahre vor sich hat."