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100. Geburtstag von Charles Bronson
Markenzeichen Schweigsamkeit

"Die glorreichen Sieben", "Das dreckige Dutzend", "Spiel mir das Lied vom Tod" - Filme wie diese machten den US-Schauspieler Charles Bronson ab den 1960ern zu einem der populärsten Western- und Actiondarsteller. Am 3. November 1921 wurde er als Charles Dennis Buchinski geboren.

Von Katja Nicodemus |
    Charles Bronson zielt mit Pistole im Anschlag in einer Szene des Films "Death Wish 3 - Die Rächer von New York" von 1986
    Charles Bronson 1966 in "Die Rächer von New York" (picture-alliance / dpa | Gustav Unger)
    Es war die Rolle seines Lebens, die Figur, die zu seiner Aura auf der Leinwand passte: In Sergio Leones Western "Spiel mir das Lied vom Tod" von 1968 spricht Charles Bronson nur wenige Worte. Als "Mundharmonika-Mann" nimmt er Rache für seinen Bruder und tötet den sadistischen Schurken, gespielt von Henry Fonda. So schweigsam wie er gekommen ist, wird der Mundharmonika-Mann den Film auch wieder verlassen. Im opernhaften Finale lässt er die schöne Frau stehen, deren Augen ihn geradezu anflehen, zu bleiben. Das konnte man nur Charles Bronson abnehmen: den Mann, der sich gegen Claudia Cardinale und für den einsamen Weg des Westerners entscheidet.
    "Ja, ich muss gehen."
    Großaufnahmen, die seine katzenhaften Augen zeigen, das zerfurchte Gesicht, die undurchdringlichen Züge - mit "Spiel mir das Lied vom Tod" wurde Charles Bronson international bekannt. Der Film prägte sein Image des Rächers und Einzelgängers. Bronson war eher virile Skulptur als schauspielernder Mime, die Schweigsamkeit seiner Figuren wurde zu seinem Markenzeichen.
    Charles Bronson und Henry Fonda im Western "Spiel mir das Lied vom Tod".
    Premiere vor 50 Jahren - „Spiel mir das Lied vom Tod“
    Der amerikanische Western hatte in den 1960ern seine beste Zeit schon hinter sich, als Europa mit teils billig produzierten sogenannten Italo-Western überschwemmt wurde. Nur wenige stachen aus der Massenware heraus: Sergio Leones "Spiel mir das Lied vom Tod" gilt heute als Klassiker des Western-Genres.
    Charles Bronson wird am 3. November 1921 in Ehrenfeld, Pennsylvania, als Charles Dennis Buchinsky geboren. Er ist das elfte von 15 Kindern einer litauischen Einwandererfamilie, und angesichts seiner Jugend begreift man die Härte, die seine Leinwandpersona umgibt: Sein Vater stirbt, als er zehn Jahre alt ist. Die Familie ist so arm, dass Charles zeitweise im Kleid seiner Schwester zur Schule geht und sich mit seinem älteren Bruder ein Paar Socken teilt. Ab seinem sechzehnten Lebensjahr schuftet er in Kohleminen für einen Dollar die Tonne. Im Zweiten Weltkrieg wird er als Bomberschütze verwundet.

    Gern für Rollen mit osteuropäischem Akzent besetzt

    Ende der 40er-Jahre kommt Bronson als Bühnenarbeiter mit der Schauspielerei in Berührung – wegen der antikommunistischen Hysterie zur Zeit der McCarthy-Ära ändert er seinen russisch klingenden Nachnamen Buchinsky in Bronson. In seinen frühen Hollywood-Jahren spielt er unzählige Nebenrollen, wird für Figuren mit indianischem und immer wieder auch mit osteuropäischem Hintergrund und entsprechendem Akzent besetzt. Etwa in John Sturges‘ "Gesprengte Ketten" aus dem Jahr 1963. Der Film erzählt von einer Gruppe US-amerikanischer Soldaten, die während der Nazizeit gemeinsam aus einem deutschen Gefangenenlager ausbrechen. Bronson spielt Danny Valinski, der unter wochenlanger Mühsal den Schacht gräbt, durch den alle entkommen.

    Bei schlechten Regisseuren sah Bronson rot

    Zu Beginn der 70er-Jahre ist Bronson ein gefragter Action-Darsteller. Er dreht in Frankreich, Italien, England und den USA. Doch zufrieden ist er selten: "Ich habe es ständig mit Regisseuren zu tun, die nicht auf der Höhe des Themas sind. Oder mit denen man aus anderen Gründen nicht klarkommt. Das macht die Arbeit sehr kompliziert. Ich würde sagen, bei drei von fünf Regisseuren ist das der Fall."

    Umstrittenes Selbstjustiz-Epos

    Charles Bronsons berühmteste Rolle war zugleich seine umstrittenste: Mit Mitte fünfzig spielt er in dem Film "Ein Mann sieht rot" den Architekten Paul Kersey, dessen Familie durch ein Gewaltverbrechen zerstört wird. Kersey beginnt, wahllos Kriminelle zu erschießen, durchquert die New Yorker Nächte auf der Suche nach Verbrechern.
    Der US-Elitesoldat Sergeant Matt Eversman (Josh Harnett, r.) kniet im Kinofilm "Black Hawk Down" während eines Gefechts in Somalias Hauptstadt Mogadischu bei einem verletzten Kameraden.
    Kriegsbilder - Über Narrative des Kriegs im Film
    Kein Mensch hat je verstanden, was Krieg wirklich ist. Aber fast jeder hat Meinungen, Modelle, Erklärungen, Diskurse, Bilder, Narrative vom Krieg und sogar Erfahrungen damit. Unsere Vorstellungen sind dabei stark geprägt von Filmen und Fotos – und damit auch von Propaganda und Zeitgeist.

    Später verengten sich Bronsons Rollen zusehends

    "Ein Mann sieht rot" von Michael Winner wurde ein weltweiter Erfolg und löste in den USA und Europa Debatten über Selbstjustiz aus. Die Filmkritik strafte das rohe Machwerk mit Verachtung. "Ein Mann sieht rot" machte Charles Bronson zu einem der populärsten Darsteller der 70er-Jahre, führte aber zu einer radikalen Verengung seiner Rollen, was sich auch an den Filmtiteln ablesen lässt: "Der Mann ohne Nerven", "Ein stahlharter Mann", "Der Tag der Abrechnung", "Ein Mann räumt auf", "Ein Mann ohne Gnade". 1994, mit über 70 Jahren, übernahm Bronson auch noch die Hauptrolle im fünften Teil der "Ein Mann sieht rot"-Serie.
    Charles Bronson starb am 30. August 2003 im Alter von 81 Jahren in Los Angeles. Man hätte ihm mehr Filme gewünscht, die mit seinem Mythos mithalten können.