"Das Wunder von Bern" 1954. Überraschend schlägt die deutsche Fußballnationalelf im Finale der Weltmeisterschaft den haushohen Favoriten Ungarn 3:2. Noch Generationen später zeugt die unbändige Freude des Reporters Herbert Zimmermann von der historischen Bedeutung des Sieges im Nachkriegsdeutschland.
"Als dann die Sensation perfekt war, da hat selbst die Oma und der Opa und viele andere Leute, die sich nie für Fußball interessiert haben, die haben gesagt: Wir sind Fußballweltmeister, und wir sind wieder wer. "
So Mannschaftskapitän Fritz Walter, ein wahrer Ballartist mit überragender Spielübersicht -und maßgeblich am Erfolg beteiligt. Stellvertretend für die Mannschaft wurde der sensible Fußballkünstler zur lebenden Sportlegende, zum Mythos. Der Historiker und Herausgeber der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" Joachim Fest erklärte später:
"Es war eine Art Befreiung der Deutschen von all dem, was auf ihnen lastete. Und ein Freund hat zu mir mal gesagt: Es gibt drei Gründungsväter der Bundesrepublik, politisch ist es Adenauer, wirtschaftlich ist es Erhard und mental ist es Fritz Walter."
Insbesondere der stets bescheidene und bodenständige Fritz Walter, der sich uneigennützig immer in den Dienst der Mannschaft stellte, wurde zur Projektionsfläche und zum Idol von Millionen von Deutschen nicht nur in der Nachkriegsgeneration. Er verkörperte die Botschaft von Bundestrainer Sepp Herberger wie kein anderer:
"Männer, denkt daran, dass ihr nicht nur den Deutschen Fußball, sondern auch unser Land innerhalb und außerhalb des Spielfeldes ehrenvoll vertretet."
In Sepp Herbergers Reichsauswahl
Fritz Walter wurde am 31. Oktober 1920 in Kaiserslautern als Ältestes von fünf Kindern geboren. Kaum war er acht Jahre alt, kickte Friedrich bei den Schülern des 1. FC Kaiserslautern. Mit 17 spielte das Ausnahmetalent bereits in der ersten Herrenmannschaft, und zwei Jahre später schon stand er in Sepp Herbergers Reichsauswahl. Bei seinem Debüt im Sommer 1940 erzielte der 19-Jährige gegen Rumänien gleich drei Tore und machte sich einen Namen. 26 Mal spielte der Pfälzer in der Reichself, die noch bis zum November 1942 zu Propagandaspielen antrat.
Nach dem Krieg erfüllte sich für Fritz Walter ein Traum. 1951 wird er mit seinem geliebten FCK erstmals Deutscher Meister. Fußball-Deutschland ist via Radio mit dabei:
"Eckball für die Kaiserslauterner, von rechts, von Fritz Walter getreten, /.../ der sehr schön herein kommt, Kopfball ins Gewühl, Schuss – Tooor, Tooor (Jubel) 2:1 für Kaiserslautern."
Zwischen Fußball und Stadtsparkasse
Für den Erfolg trainierte der ausgebildete Bankkaufmann verbissen. Oft radelte er schon um sechs Uhr morgens zum Stadion, stieg die steilen Treppen hoch und kletterte über den Zaun:
"Hab' meine Runden gedreht, so wie ich gedacht habe, dass es richtig ist, war um sieben zu Hause, habe mich am Wasserstein, da gab’s noch kein Bad und keine Brause, a bissl kalt abgeduscht, um halb acht habe ich auf der Stadtsparkasse gesessen, und habe gearbeitet."
1954 dann der sportliche Höhepunkt: Die Weltmeisterschaft, die dem untadeligen und heimatverbundenen Sportsmann nicht nur große Sympathie und Anerkennung bescherte, sondern auch viele lukrative Angebote ausländischer Clubs.
Er schlug sie alle aus. Nicht zuletzt seine Frau Italia, die ihm über 53 Jahre treue Gattin und "Managerin" war, riet ihm dazu.
Zwei Pfälzer unter sich: Fritz Walter bei Helmut Kohl
Auch nach seinem sportlichen Karriereende war der Star ohne Allüren und Skandale, der stets freundlich und geduldig jeden Autogrammwunsch erfüllte, sehr erfolgreich. Er betrieb eine Wäscherei und ein Kino, war als Repräsentant verschiedener Firmen unterwegs und vermarktete noch im hohen Alter seinen Namen mit Autogrammstunden. Zum 70. Geburtstag des großen Sportidols gab Helmut Kohl 1990 einen Empfang im Bundeskanzleramt:
"Der Fritz Walter, der ist als der deutsche Fußballspieler seiner Zeit nie vom Boden abgehoben, der ist ganz normal geblieben, ganz natürlich, er hat Fröhlichkeit bewahrt, und er war für die Menschen da."
2002 starb der große Fußballer, der schon zu Lebzeiten zur Legende geworden war.