Mai 2015 - Hunderttausende Salvadorianer feiern in der Hauptstadt des kleinen mittelamerikanischen Landes die Seligsprechung Oscar Romeros. Auch Jahrzehnte nach seiner Ermordung ist er ein Volksheld. Grünes Licht für die Ehrung kam von Papst Franziskus, dem Argentinier. Unter seinen Vorgängern war das unmöglich, weil Romero als Linker gegolten hatte, als ein der Befreiungstheologie nahe stehender Fürsprecher der Armen.
35 Jahre zuvor, auf der Trauerfeier für Romero in San Salvador, metzeln Scharfschützen etwa 40 Menschen nieder, in der Massenpanik werden einige totgetrampelt. Sie hatten nicht nur um ihren Erzbischof getrauert, sondern vom Regime Freiheit und Gerechtigkeit gefordert. Romero war durch einen tödlichen Schuss gestorben, den ein Scherge der US-finanzierten Militärdiktatur mitten in einer Messe auf ihn abgefeuert hatte. Romeros Tod und das Massaker galten als Beginn des Bürgerkriegs, der 12 Jahre dauerte und mindestens 70.000 Opfer forderte. Romero ahnte, was auf sein Land zukommen würde. In der letzten Messe vor seiner Ermordung appellierte er an das Militär:
"Brüder, es ist euer eigenes Volk, eure eigenen Brüder auf dem Land, die ihr tötet. Kein Soldat ist gezwungen, einem Befehl zu folgen, der gegen das Gesetz Gottes verstößt, das sagt 'Du sollst nicht töten'. Im Namen Gottes und im Namen dieses leidenden Volkes, dessen Klagen jeden Tag lauter zum Himmel steigen, ersuche ich euch, bitte ich euch, befehle ich euch im Namen Gottes: Hört auf mit der Repression!"
Bald Heiligsprechung?
Aber, die Soldaten hörten nicht auf den Erzbischof. Der Vatikan ließ Romero abblitzen, als er um Hilfe für das unterdrückte Volk bat. Sein Engagement hatte sich erst im Laufe seiner Arbeit herausgebildet. Anfangs war er eher unpolitisch und konservativ. Doch die Unterdrückung eines ganzen Volkes durch eine kleine Elite, unterstützt durch das Militär, ließ ihn aufwachen. Heute ist Oscar Romero eine Identifikationsfigur - nicht nur für die Salvadorianer. Ordensschwester Maria Lidia arbeitet an der alten Wirkungsstätte Romeros:
"Monseñor Romero hat ständig Todesdrohungen erhalten. Er sagte: 'Wenn sie mich töten, werde ich in meinem salvadorianischen Volk auferstehen'. Aber er ist auf der ganzen Welt auferstanden. Als Hirte, Christ und Prophet hat er seine Botschaft nicht nur unserem Land, sondern der gesamten Welt hinterlassen. Eine Botschaft des Heils, des Glaubens und der Menschlichkeit."
Oscar Romero - Volksheld und Märtyrer in El Salvador, verehrt wie ein Heiliger in ganz Lateinamerika, lange bevor seine mögliche offizielle Heiligsprechung durch den Vatikan überhaupt zum Thema wurde. Das Wunder, das es dafür braucht, ist vorhanden, fehlt nur noch das Plazet des Papstes. Der machte bislang keinen Hehl aus seiner Sympathie für Oscar Romero:
"Er war ein guter Hirte, erfüllt von der Liebe Gottes. An der Seite seiner Brüder erlebte er die alltägliche Gewalt. Er hat sein Leben geopfert, wurde ermordet, während er die Eucharistie feierte."
Franziskus wird Anfang September, nur drei Wochen nach Romeros 100. Geburtstag nach Lateinamerika aufbrechen und zur Enttäuschung der El-Salvadorianer nur Kolumbien besuchen. Aber Eine Heiligsprechung von Oscar Romero ist schon zum Greifen nah.