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"100 Jahre in 100 Bildern"
Hamburg feiert Helmut Schmidt

Viele der Fotos sind längst Teil des kollektiven Gedächtnisses, andere wiederum überraschen – beispielsweise mit Blicken auf den Privatmenschen Helmut Schmidt. Mit der Ausstellung "100 Jahre in 100 Bildern" feiert Hamburg "seinen" Altkanzler, der am 23. Dezember 100 Jahre alt geworden wäre.

Von Axel Schröder |
    Olaf Scholz vor einigen Fotos der Helmut-Schmidt-Ausstellung in Hamburg
    Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) bei der Eröffnung der Helmut-Schmidt-Ausstellung in Hamburg (deutschlandradio / Axel Schröder)
    Es kann nur einen geben. Und eigentlich fehlten nur die Kapelle, ein Trommelwirbel und ein Tusch, als im prächtigen Kaisersaal des Hamburger Rathauses die "Helmut-Schmidt"-Briefmarke vorgestellt wird. Die Staffelei mit einer Vergrößerung der Marke noch mit weißem Leinen bedeckt, rechts daneben der deutsche Vizekanzler und Bundesfinanzminister Olaf Scholz: "Sein Andenken bewahren wir, indem wir seine Grundüberzeugungen in die Zukunft tragen. Oder, wie Helmut Schmidt es sagte: ‚Hanseaten werden in der Politik gebraucht! ‘ Ich freue mich also, diesem großen Hamburger jetzt zum 100. Geburtstag ein kleines selbstklebendes Denkmal setzen zu können!"
    Der ewige Helmut
    Das Leinentuch wird gelüftet, der Staatsmann Schmidt blickt entschlossen aus dem gezackten Rahmen heraus, hinein ins Publikum. Auf den Vizekanzler, auf Peer Steinbrück, auf Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher. Sogar Schmidts einstiger Leibwächter Otti Heuer ist gekommen, um die neue Briefmarke zu feiern. Nach einem kleinen Imbiss geht es gleich weiter mit den "Helmut-Schmidt"-Festspielen. Ein paar hundert Meter weiter, im Haus der "Helmut-Schmidt"-Stiftung wird die Ausstellung "100 Jahre in 100 Bildern" eröffnet. Und auf allen 100 Fotos zu sehen ist, natürlich - der ewige Helmut:
    "Wir haben uns zusammengesetzt vor einem Jahr ungefähr, haben die ganze Etage ausgelegt mit groß gezogenen Bildern und haben überlegt: Wie kriegen wir die Themen unter? Wie kriegen wir den Schmidt als Mensch unter? Wie kriegen wir auch die querliegenden Themen unter? - Schmidt als Neugieriger, als jemand, der von ganz vielen Leuten gefragt wird, jemand, der so wissbegierig gewesen ist, der diese ungeheure Intensität ausgestrahlt hat. Das kommt natürlich bei vielen Bildern rüber. Aber es ist immer ein Abwägen zwischen der zeithistorischen Variante und dem Thematischen und dann aber auch dem Menschlichen. Denn wir wollen ja beides zeigen."
    1.10.1982: Bundeskanzler Helmut Schmidt, SPD, gratuliert dem CDU-Fraktionsvorsitzenden Helmut Kohl nach dem gewonnenen Misstrauensvotum im Plenum des Deutschen Bundestags
    Das Ende seiner Kanzlerschaft: Helmut Schmidt gratuliert Helmut Kohl zum gewonnenen Misstrauensvotum im Deutschen Bundestag (imago / Thomas Imo)
    Dr. Magnus Koch hat die Ausstellung zusammen mit seinem Team erarbeitet. Viele Fotos sind bekannt, sind längst Teil des kollektiven Mediengedächtnisses: Schmidt in schwarz-weiß, zwischen Wehner und Brandt; Schmidt zerknirscht beim Händeschütteln mit Helmut Kohl nach dem Machtwechsel 1982; oder lachend, herzlich bei einem Treffen mit Anwar as-Sadat.
    Schmidts Gespür für die Selbstinszenierung
    Weniger bekannt die Bilder vom Kanzler beim Blumengießen vor dem schlichten Reihenhaus in Hamburg-Langenhorn oder Beine baumelnd, fröhlich-ausgelassen auf der Motorhaube eines alten Fords, mitten im Grünen. Oder, strotzend vor Selbstvertrauen und Coolness: Schmidt von Kopf bis Fuß, zentral in der Bildmitte, perfekt ausgeleuchtet, eine Hand in der Hosentasche, der perfekte Bravo-Star-Schnitt für SPD-Anhänger:
    "Schmidt im Anzug, in schicken Schuhen, einfach ungeheuer selbstbewusst, leger, dabei aber auch ganz entschlossen. Wir nennen es immer intern: wie die Boss-Werbung. Das Bild erzählt einfach diese Geschichte von Entschlossenheit, von Willen und von so einer Selbstverständlichkeit. Und es gibt auch zu der Zeit noch nicht viele Leute, die das so machen."
    Ex-Bundeskanzler Helmut Schmidt im Gespräch mit Verleger Gerd Bucerius von der Wochenzeitung "Die Zeit" in Hamburg
    Ex-Bundeskanzler Helmut Schmidt im Gespräch mit Verleger Gerd Bucerius von der Wochenzeitung "Die Zeit" (imago / Sven Simon)
    Dass das öffentliche, das abgedruckte Bild des Altkanzlers so makellos, so unverwüstlich ist, liege auch daran, dass Helmut Schmidt ein sehr genaues Gespür dafür hatte, wie er rüberkommen wollte, so Magnus Koch: "Ehemalige Mitarbeiterinnen erzählen, Schmidt wusste immer, wo die Kamera steht. Schmidt war sich immer bewusst, dass er, bei allem, was er tut, beobachtet wird. Das sind Dinge, die Schmidt einfach ganz genau klar hatte. Aber diese Selbstinszenierung funktioniert nur, wenn da auch Substanz dahinter ist. Sonst durchschauen die Leute das auch ganz schnell."
    "Der bleibt Kult!"
    Dass diese Inszenierung bei Helmut Schmidt funktioniert, davon können sich die Besucher der Ausstellung überzeugen. Selbst jene, die das Autoritäre dieser Polit-Ikone kritisieren, seine Haltung zur Aufrüstung, zur Atomkraft, zur rechtlich umstrittenen Terroristenjagd der Siebzigerjahre. Selbst diese Besucher werden vermutlich beeindruckt sein von den "100 Jahren in 100 Bildern".
    Eine Auswahl dieser Bilder hängt in den kommenden Monaten auch in der Halle des Hamburger Rathauses. Und die Besucher dort schauen hoch zu den großformatigen Abzügen, nicken anerkennend: "Das ist ja auch nicht so lange her, da hat er eine Münze bekommen." - "Und verdient hat er das?" - "Auf jeden Fall! Ich denke schon!" - "Helmut Schmidt fand ich gut. Es war halt eine Größe! Und in der Politik kommen halt keine Größen mehr nach. Der wird immer wieder gefeiert. Der hat’s sich auch verdient! Der bleibt Kult!"