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100 Jahre Kirchliche Hochschule Bethel

Die Kirchliche Hochschule Bethel in Bielefeld feiert mit einem dreitägigen Festprogramm ihr 100-jähriges Bestehen. Einer der Gastredner ist Bischof Wolfgang Huber, Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche Deutschland, und das zeigt schon, dass Bethel unter den drei kirchlichen Hochschulen in Deutschland eine besondere Stellung einnimmt: Sie ist die erste und älteste evangelische Hochschule.

Von Silke Tornede |
    "Tochter Zion, freue dich, jauchze laut Jerusalem ..."

    Ein Gottesdienst zum Semesterbeginn gehört in der Kirchlichen Hochschule Bethel genauso zur Tradition wie die tägliche Andacht am Vormittag. In Bethel studieren, das heißt nicht nur wissenschaftlich arbeiten, sondern auch Kirche erleben und in Gemeinschaft mit anderen sein.

    "Es ist schon ne ganz besondere Atmosphäre da oben unter den Studierenden. Das macht es eigentlich so aus.
    Es sind ja nur Theologiestudierende , fast nur, wir wohnen alle zusammen in Wohnheimen, und das macht einen schönen Flair aus, um Theologie zu studieren.
    Ich hab alle drei Sprachen hier absolviert. Die Lernatmosphäre ist gut, es bilden sich Lerngruppen.
    Ich bin hauptsächlich in Bethel, weil ich noch alle drei alten Sprachen nachholen muss. "
    Auch das hat Tradition. Seit Jahrzehnten kommen Studienanfänger nach Bethel, um Griechisch, Latein und Hebräisch zu lernen. Auf dem Campusgelände am Rande des Teutoburger Waldes, in familiärer Atmosphäre und kleinen Seminaren scheint das Vokabel-Lernen leicht zu fallen. Außerdem raten viele Ehemalige: Geht nach Bethel, wenn ihr evangelische Theologie studieren wollt, sagt Rektor Francois Vouga.

    "Es gibt in Deutschland tatsächlich ein ganzes Netz von Pfarrern, die jetzt noch tätig sind oder schon pensioniert sind und die hier angefangen haben. . . . Und das ist tatsächlich eine Lobby, die für uns sehr wichtig ist. "

    Hinzu kommen Studierende aus Osteuropa, Korea, Indien. Zurzeit studieren an der Hochschule fast 500 Frauen und Männer – so viele wie schon lange nicht mehr. Auch der Name von Bodelschwingh, prägende Gestalt in der Diakonie, der sozialen Arbeit der evangelischen Kirche, und um 1900 Leiter der gleichnamigen Einrichtung in Bielefeld-Bethel, zieht viele Studierende an. Friedrich von Bodelschwingh war es auch, der 1905 die Theologische Schule gründete. Er war der Auffassung, dass die Theologie an den staatlichen Universitäten viel zu sehr losgelöst vom Glauben und von der Kirche unterrichtet wurde. Eine eigene, staatlich unabhängige Schule sollte Abhilfe schaffen. Im Oktober 1905 startete der Lehrbetrieb mit damals elf Studenten, erzählt Professor Andreas Lindemann, bis vor wenigen Wochen Rektor der Hochschule.

    " Und dann hat sich diese Theologische Schule aus sehr kleinen Anfängen .... dann relativ rasch, vor allem nach dem 1. Weltkrieg, zu einer größeren Einrichtung ausgeweitet, deren Studienleistungen auch von den Landeskirchen anerkannt worden sind. "

    Während der NS-Zeit distanzierte sich die Kirchliche Hochschule – nach anfänglichem Zögern – vom Nationalsozialismus und stellte sich auf die Seite der Bekennenden Kirche. In dieser Zeit kamen erstmals hochqualifizierte Wissenschaftler nach Bethel, die aus politischen Gründen nicht mehr an den Universitäten lehren durften, so Lindemann.

    28 Es war völlig klar, Bethel war ein Ort, an dem eine Theologie gelehrt wurde, die dem Denken der Bekennenden Kirche entsprach. Das war mit ein Grund, dass die Schule im Frühjahr 1939 geschlossen wurde.

    Zum Wintersemester 1945 konnte sie wieder eröffnet werden. Mit der Verleihung der Promotions- und Habilitationsrechte 1979 wird die Kirchliche Hochschule vollständig staatlich anerkannt. Kurz darauf begann auch die Kooperation mit der Universität Bielefeld in der Lehrerausbildung.

    Die Finanzkrise der evangelischen Kirche stellte die Einrichtung Ende der 90-er Jahre vor große Probleme. Zeitweise wurde sogar über eine Schließung nachgedacht. Inzwischen haben sich die Landeskirchen verständigt, dass die Kirchlichen Hochschulen in Wuppertal und Bethel ab 2007 zu einer Hochschule verschmelzen sollen. Beide Standorte bleiben aber mit unterschiedlichen Schwerpunkten erhalten. In Wuppertal sollen künftig Pfarrer ausbildet werden, in Bethel liegt der Schwerpunkt bei den Diakoniewissenschaften. Das bedeutet eine große Veränderung, aber auch ein Anknüpfen an eine alte Tradition. Denn eine enge Verbindung zur Diakonie hat es in der Hochschule schon allein wegen der Nähe zu den von Bodelschwinghschen Anstalten immer gegeben.