100 Jahre Makkabi ist nicht irgendein Jubiläum. Es ist eins, das viel Geschichte in sich trägt und zugleich auch viel Verantwortung für die Zukunft. Gegründet wurde der jüdische Sportweltverband 1921 im tschechischen Karlsbad. Der Ursprung damals, erläutert der heutige Präsident von Makkabi Deutschland, Alon Meyer, war "aus dem Ausschlussprinzip, weil die Juden aus nicht jüdischen Vereinen immer wieder ausgeschlossen wurden. Und dann gab es die Idee, dass es irgendwann aber einmal einen jüdischen Staat geben solle und alle Juden dorthin wandern werden und diesen auch mit ihren Händen aufbauen sollen, aber eben nicht diese Kraft besitzen, wenn sie sich nicht sportliche betätigen würden."
Die Kraft zum Aufbau des neuen Staates. Im Nationalsozialismus wurde die Bewegung dann zerschlagen, die jüdischen Menschen verfolgt, jüdische Sportlerinnern und Sportler verfehmt, ihre Leistungen aus den Erinnerungen, den Büchern gelöscht.
Neugründung 1965
1965 wurde der Dachverband Makkabi Deutschland. wieder neu gegründet. Seither sind viele Vereine entstanden, etwa 40 sind es gegenwärtig in Deutschland mit rund 5.000 Mitgliederinnen und Mitgliedern. Und die Vereine haben einiges geleistet bei der Integration von jüdischen Zugewanderten, insbesondere aus den ehemaligen Staaten der Sowjetunion.
Aber die Situation heute ist nicht so, dass der Sekt aufgemacht werden und sich ausgelassen über 100 Jahre Sportbewegung gefreut werden kann. "Immer wieder werden Makkabi-Mitgleder auf Sportplätzen, auf der Straße oder im Netz beschimpft, beleidigt und bedroht, weil sie jüdisch sind, oder als jüdisch wahrgenommen werden. Manche haben Angst ihr Judentum offen zu zeigen, einige trauen sich nicht mehr das Makkabi-Trikot mit dem David-Stern zu tragen, wenn sie in der Stadt unterwegs sind", sagte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in einer Grußbotschaft als erster von vielen Gratulanten.
Von der Bundesregierung war Justiz- und Jugendministerin Christine Lambrecht in Dortmund und auch sie sagte ernste Worte angesichts des zunehmenden Antisemitismus. "Wir erleben momentan eine Zeit mit viel Fake-News mit antisemitischem Hintergrund, auch durch die Corona-Pandemie, die wieder kursieren und auch auf Zuspruch stoßen. Warum ist das so? Auch da wieder ganz oft dieses Nicht-Wissen, nicht gegenhalten können. Und das ist uns wichtig, dass wir da Menschen stark machen."
Mit einer Million Euro fördert das von ihr vertretene Jugendministerium daher seit einem Jahr und noch bis 2024 das Projekt "Zusammen eins", bei dem mit dem Kooperationspartner Makkabi gegen dieses Nicht-Wissen oder Falschinfomationen angearbeitet werden soll. "Zum Beispiel die Trainer stark machen, aber auch mal genau wissenschaftlich aufzuarbeiten was passiert denn jeweils bei Antisemitismus-Äußerungen, worin ist es denn begründet?"
Peters: "Menschen ausbilden in Verhaltensweisen"
Aufklären in einer Zeit, in der Aufklärung durch die massenhafte Verbreitung von Falschinformationen in den sozialen Netzwerken immer schwieriger gemacht wird. Das ist auch ein Problem, mit dem der Fußball stark konfrontiert ist. Die antisemitischen Vorfälle auf den Fußballplätzen nehmen zu, Interims-Co-Präsident Peter Peters erklärte im Rahmen der Feierstunde: "Wir sind ein Fußballverband, und wie der Name schon sagt sind wir eigentlich dafür zuständig, Menschen auszubilden Fußball zu spielen. Aber wir stellen immer mehr fest, das reicht nicht, deshlab gibt es ja auch diese Projekte wie "Zusammen eins", weil wir müssen auch Menschen ausbilden in Verhaltensweisen."
Als Präventionsmaßnahme und dort, wo der Hass schon in den Köpfen steckt und sich auf den Plätzen zeigt, sollen die Sportgerichte in Zukunft die Fälle noch schneller und effizienter aufarbeiten und am besten auch mit anderen Sanktionen: "Wir müssen auch verhindern, dass der Hass größer wird durch solche Bestrafungen, das ist ein sehr wichtiger Aspekt. Vielleicht ist es besser, die Menschen dann zu verpflichten, in Aufklärung, in Seminare zu gehen, dort zu lernen, warum sie was falsch gemacht haben anstatt sie einfach nur zu bestrafen, drei Monate zu sperren, so dass vielleicht der Hass noch größer wird."
Bei allem Sorgenvollen war der Festakt auch ein Anlass zur Freude, sagte Makkabi-Deutschland-Chef Alon Meyer: "Dass wir heute so zahlreich und inmitten des Fußball-Museums in Dortmund angekommen sind, zeigt unser Standing. Wir sind inmitten der Gesellschaft angekommen, das feiern wir und hoffentlich bleiben wir das – deswegen ein freudiges Ereignis."
Anfeindungen als größte Herausforderung
Als größte Herausforderung für Makkabi Deutschland für die kommenden Jahre sieht Josef Schuster, der Vorsitzende des Zentralrats der Juden, neben der Überwindung der Corona-Pandemie "sich zu behaupten und auch den, leider immer gegebenen, Anfeindungen und anti-semitischen Tendenzen entgegenzutreten."
Damit die jüdischen Fußballstars der Vorkriegszeit nicht in Vergessenheit bleiben, hat das Deutsche Fußballmuseum anlässlich des Festakts ein Online-Lexikon präsentiert, das im Lauf des Jahres online gehen wird. Zum Start sind 150 Biographien von mehr als 30 Vereinen zusammengetragen worden, erklärt Manuel Neukirchner, Direktor des Deutschen Fußballmuseums: "Wir haben eine Online-Plattform gegründet zusammen mit dem Netzwerk der Vereinsmuseen und Vereinsarchive in Deutschland, wir haben 150 Lebensbilder schon zusammengetragen mit Hilfe auch der Vereine, mit dem FC Bayern München, mit Eintracht Frankfurt, mit dem Hamburger Sportverein, mit Schalke und wir haben jetzt mindestens nochmal 150 in der Pipeline, die wir gerade redaktionell bearbeiten."
So dass jüdische Lebensgeschichten wieder zurückkommen und einstige Stars wie Julius Hirsch, Max Giergulski oder Gottfried Fuchs genauso ins kollektive Gedächtnis zurückkehren wie Fritz Szepan oder Ernst Kuzorra.