
Georg Löwisch ist Chefredakteur der TAZ und hat in Leipzig Journalistik studiert. Doch seit Ende seines Studiums sieht er kaum noch Berührungspunkte zwischen der Wissenschaft und seiner täglichen Arbeit. "Es gibt so eine komische gewachsene Distanz und ich glaube, das hat auch etwas zu tun, dass die Kommunikations– und Medienwissenschaftler, die Publizistikprofessoren zu wenige Praxiserfahrungen im Journalismus haben. Und das finde ich merkwürdig, weil ja auch bei einem Chirurgieprofessor jeder sagen würde, es wäre schon hilfreich, wenn er gut operieren kann. Bei vielen Professoren der Publizistik und Medienwissenschaften gibt es so eine Distanz, man möchte eigentlich nicht mit Journalisten verwechselt werden."
Demokratische Entscheidungen könnten schwieriger werden
Dabei hat für Georg Löwisch die Wissenschaft wichtige Aufgaben. So sei sie nicht nur für die Ausbildung zuständig, sondern auch für das kritische Hinterfragen der Medien und deren Weiterentwicklung. Stephan Ruß-Mohl, Medienwissenschaftler und Journalist, sieht sowohl die Wissenschaft als auch die praktisch arbeitenden Journalisten bedroht. "Weil sich in den sozialen Netzwerken Desinformationen, Gerüchte, Verschwörungstheorien rasend schnell ausbreiten. Oft auch sehr viel öfters geliked und geshared werden mit dem eigenen Freundeskreis. Auf die Art und Weise droht die Wahrheitssuche in den Hinterhalt zu geraten."
Stephan Ruß-Mohl befürchtet, dass diese Entwicklung stärker wird und damit auch demokratische Entscheidungen schwieriger werden. Ein Ausweg könne nur in der besseren Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Medien bestehen. Auch Annekatrin Bock hält das für eine mögliche Lösung der Medien- und Medienforschungskrise. Sie gehört zu den jungen Kommunikationswissenschaftlern. "Ich glaube, da sehe ich ein Potenzial für kommunikationswissenschaftliche Arbeit, nämlich dass man eine Art Vermittlerrolle anbieten kann. Dass man im Rahmen einer Studie Leute an einem Tisch bringt, die sich sonst in der wirklichen Welt, in der Realität, nicht zusammensetzen würden."
Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Medien verbessern
Erfahrungen gibt es bereits mit der Medienarbeit an Schulen. Einen Schritt weiter möchte der Mitteldeutsche Rundfunk gehen. Noch in diesem Jahr soll das Medienkompetenzzentrum seine Arbeit aufnehmen. Für Karola Wille, Intendantin des MDR, ist es ein wichtiger Schritt, gerade in einer Region wo die Lügenpresse-Rufe besonders stark sind. "Zuerst einmal war die Entscheidung, die Medienkompetenz zu stärken eine klare Entscheidung aus der Erkenntnis heraus, um glaubwürdig zu sein, brauchen die Menschen draußen Wissen über uns. Wie funktionieren Medien, wie ist die Arbeitsweise, technisch, inhaltlich. Journalistisch transparenter zu werden, ist eines der Ziele und es den Menschen zu vermitteln. Wir sagen, das Thema gehört nicht in eine Nische, sondern wir wollen versuchen, das über die verschiedenen Wege: Radio, Fernsehen und Onlineplattformen zu entwickeln."
Damit die Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Medien funktioniert, müssen beide Seiten ihre eingefahrenen Pfade verlassen. Davon ist Kommunikationswissenschaftlerin Annekatrin Bock überzeugt. "Mut zum Scheitern. Also, so als Kommunikationswissenschaftler oder Kommunikationswissenschaftlerin sich aus den Zwängen des Wissenschaftssystems sich ein stückweit zu befreien. Aber als Journalist oder Journalisten ein stückweit zu sagen, ich setze mich nicht dem Zeitdruck aus, ich setze mich nicht dem Zwang aus, unmittelbar zu kommunizieren und weiterzuvermitteln, sondern ich nutze noch mal den Moment, frage nach, hole weitere Quellen ein und versuche mir ein Gesamtbild zu verschaffen."