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100 Jahre Wasalauf
Massen-Skimarathon in Schweden

Tausende Skilangläuferinnen und -läufer messen sich auf einer 90 Kilometer langen Loipe - seit 1922 erinnert der Wasalauf alljährlich an die Befreiung Schwedens vom Joch der dänischen Herrschaft im 16. Jahrhundert. Die Teilnehmenden kommen inzwischen aus aller Welt.

Von Eduard Hoffmann |
65.000 Langläuferinnen und -läufer am Start- im schwedischen Sälen: Der Wasalauf 2018
Wasalauf 2018 - 65.000 Langläuferinnen und -läufer in der Loipe (picture alliance / Daniel Eriksson/Bildbyran)
Jedes Jahr, am ersten Wochenende im März, startet in Mittelschweden der weltweit längste Skimarathon, der Wasalauf: In zehn großen Startblöcken, die Spitzenathleten vorneweg, machen sich - dicht gedrängt wie die Ölsardinen - 15.800 Skilangläuferinnen und -läufer auf den Weg. Die 90 Kilometer lange Strecke führt von Sälen, nahe der norwegischen Grenze, nach Mora. Durch verschneite Kiefernwälder mit kleinen Dörfern, vorbei an zugefrorenen Seen und Bauernhöfen und immer wieder über sanfte Hügel. An sieben Verpflegung-Stationen wird unterwegs auch die traditionelle Blaubeersuppe ausgeschenkt. Und wenn der erste schon im Ziel ist, hat der letzte noch zwei Drittel der Strecke vor sich.

Es begann mit 119 Läufern

Der Skimarathon ist ein nationales Ereignis, das am 19. März 1922 erstmals startete: 119 Läufer machten sich damals im eiskalten Morgengrauen auf den Weg. Die Skier waren noch aus kräftigem Holz und die Stöcke aus Bambus. Nach gut siebeneinhalb Stunden erreichte der schwedische Sieger Ernst Alm das Ziel. Heute brauchen die Besten nicht mal vier Stunden.

Schwedens Befreiung von dänischer Tyrannei

Der Lauf sollte eine Erinnerung an Gustav Erikson Wasa sein. Der Adelige hatte 1520 in Mora Unterstützung für einen politischen Umsturz gesucht. Schweden gehörte zu einer Union mit Norwegen und Dänemark, beherrscht vom brutalen und skrupellosen dänischen König Christian II. Als Gustav Erikson gegen Christian mobilmachte, wurde er von dänischen Soldaten verfolgt. In Mora verwehrte man ihm zunächst die Unterstützung, erklärt Hubert Haag, vor Jahren Übersetzer im dortigen Wasalauf-Museum:
"Er ist dann auf seiner Flucht erst mal hier in Mora versteckt worden. Und als sie dann hörten, dass die Dänen in der Nähe sind, hat sich der Gustav Wasa aufgemacht mit Ski, um nach Norwegen zu fliehen.“

Der Skisturz König Christians II.

Als weitere Gräueltaten Christians des Zweiten bekannt wurden, darunter das furchtbare „Blutbad von Stockholm“, bei dem 80 Schweden grausam ermordet wurden, sann man auch in Mora auf Umsturz. Die beiden schnellsten Skiläufer wurden hinter Gustav Erikson hergeschickt. An der norwegischen Grenze, in Sälen, holten sie ihn ein und sicherten ihm die Unterstützung ihrer Stadt zu. Christian wurde gestürzt und Gustav Erikson Wasa zum Reichsvorsteher gewählt.

Der Journalist Anders Pers initiierte den Gedenklauf 1922 zwischen Mora und Sälen. Aus organisatorischen Gründen drehten die Veranstalter Start und Ziel der historischen Strecke um. Los ging‘s in Sälen, das Ziel war Mora.
"Normalerweise ist es eine Angststrecke unter klassierten Läufern, also Läufern, die in der Weltspitze eben mitlaufen. Wenn ich's zu langsam angehe, kann ich nicht gewinnen, wenn ich's zu schnell angehe, kann es passieren, ich halte nicht durch."

Der erste deutsche Wasa-Sieger

So der DDR-Spitzenläufer Gert-Dietmar Klause – er gewann 1975, zur Hoch-Zeit des Anabolika-Dopings in Ostdeutschland, als bislang einziger Deutscher den inzwischen zum Kult- und Weltsportereignis gewordenen Wasalauf. Doch nicht nur Spitzensportler nehmen daran teil. Aus aller Welt strömen Langläuferinnen und Langläufer zum Rennen. Für viele jedoch sind die 90 Kilometer eine große Strapaze, wie ein deutscher Amateur in der ARD bekannte.
"Ich bin nicht der einzige, dem es schlecht geht, die anderen quälen sich halt auch durch, und so hat man immer so ein paar Gruppen, wo man sich ein bisschen ranhängen kann, und man leidet gemeinsam.“

Der Höhepunkt im schwedischen Sportjahr

Millionen verfolgen die Live-Reportage im Fernsehen. Organisatoren sind die gemeinnützigen Sportvereine von Mora und Sälen, unterstützt von zahlreichen Sponsoren und weit über 3.000 ehrenamtlichen Helfern. Bis auf wenige Ausnahmen gewannen immer nur schwedische Läuferinnen und Läufer. Frauen durften allerdings erst ab 1981 um den Siegeskranz kämpfen.

Über dem Zieleinlauf steht noch immer das ursprüngliche Motto zu lesen: "I fäders spår - för framtids segrar. / In der Väter Spur – zu siegen in der Zukunft.“

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1932 und 34 musste das Rennen wegen Schneemangels abgebrochen werden. 1990 reichte der vorhandene Schnee nicht einmal für den Start. Wissenschaftler befürchten, dass in wenigen Jahren fehlender Schnee das Aus für den Wasalauf bedeuten könnte.