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100. Katholikentag in Leipzig
Der Islam im Fokus

In Leipzig wird ab heute der 100. Katholikentag gefeiert. "Seht, da ist der Mensch" heißt das Leitwort, das rund 1.000 Angebote zusammenbindet. Diesmal nehmen die Katholiken den Islam besonders in den Blick - verzichten aber auf Diskussionsbeiträge der AfD. Deren Politiker wurden von den Podien ausgeschlossen.

Von Christiane Florin |
    Teilnehmer der Vollversammlung des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) haben sich am 24.05.2016 in der Kongresshalle in Leipzig (Sachsen) versammelt.
    Teilnehmer der Vollversammlung des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) in Leipzig (picture alliance / dpa / Sebastian Willnow)
    Die Anfänge atmeten revolutionären Geist: Im bewegten Jahr 1848 trafen sich in Mainz engagierte Katholiken, allesamt Nicht-Kleriker, allesamt Männer, zu einer Generalversammlung. Es sollte der erste Katholikentag werden, das erste große Treffen der Laien, wie man Ungeweihte in der katholischen Kirche zu nennen pflegt. Mittlerweile sind 99 solcher Treffen ins Land gegangen, mal waren sie mehr, mal weniger kämpferisch. Dieses Jahr wird also der 100. Katholikentag gefeiert. Und das in Leipzig, einer Stadt mit einem Katholikenanteil unterhalb der Fünf-Prozent-Hürde.
    Organisator ist das Zentralkomitee der deutschen Katholiken, kurz ZdK. Dessen Präsident, der nordrhein-westfälische CDU-Politiker Thomas Sternberg, schwärmt vom Reiz des Ortes: "Ich war vor ein paar Wochen in Leipzig bei einem Sonntagsgottesdienst dort, da sagt der Pfarrer: Wir haben in der Messe eine Wiederaufnahme und eine Taufe, das ist bereits die sechste Taufe an diesem Wochenende. Das heißt, eine stark wachsende Gemeinde und es tut gut, das zu sehen. Glaube kann auch in diese Richtung gedacht werden."
    1.000 verschiedene Angebote für Kirchennahe wie Kirchenferne
    Dass kirchlich gebundener Glaube nichts Selbstverständliches mehr ist, bekam das ZdK bei der Vorbereitung des Leipziger Katholikentages auch finanziell zu spüren. Um die städtischen Zuschüsse gab es eine monatelange Diskussion, schließlich bewilligte der Stadtrat eine Million Euro, auch wegen des erhofften wirtschaftlichen Effekts.
    "Seht, da ist der Mensch" heißt das Leitwort, das rund 1.000 verschiedene Angebote für Kirchennahe wie Kirchenferne zusammenbindet. Das Motto ist weit genug gehalten, um die globalen Probleme der Gerechtigkeit zu diskutieren, die Tücken langjähriger Paar-Beziehungen zu ergründen oder das Vaterunser in Gebärdensprache zu üben. Traditionell stehen auf der Agenda auch alle innerkirchlichen Reizthemen zwischen Unterleib und höheren weiblichen Weihen. Diesmal aber nehmen die Katholiken den Islam besonders in den Blick. Dazu Thomas Sternberg: "Wenn ich denke, wie das Zusammenleben in Deutschland gefährdet wird durch populistische Äußerungen über Islam, über Zuwanderung, wie wir in Europa unseren europäischen Zusammenhalt zu verlieren drohen. Das sind schon absolut wichtige, große Themen, die wir zu beraten haben."
    AfD-Politiker ausdrücklich ausgeschlossen
    AfD-Politiker wurden ausdrücklich von den Podien ausgeschlossen. Die Entscheidung fiel im vergangenen November, der ZdK-Präsident hält sie noch immer für richtig: "Ausgegrenzt wird hier niemand. Wir haben hier eine Sammelbewegung, die eine Partei werden kann, aber zurzeit noch keine Partei ist, Frau Petry hat nur einen einzigen Wunsch: Möglichst jeden Tag auf der Titelseite einer Zeitung gemeinsam mit andern Parteiführern zu stehen. Wenn Sie wieder lesen, was heute an Unfug in den Zeitungen steht, dass sie Probleme hat überhaupt mit dem Kopftuch in diesem Land. Ich frag mich, wie man in den bayerischen Dörfern mit den alten Frauen nächstens umgeht", sagt Thomas Sternberg.
    Kopftuch, Islam, Rechtspopulismus - die Gesprächsthemen setzen in Leipzig auch diejenigen, die nicht mitreden sollen.