Der gesetzliche Mindestlohn hatte der Taxibranche schon im Vorfeld großes Kopfzerbrechen bereitet. Kundenschwund, Stellenabbau – das waren die Befürchtungen. Rund einhundert Tage nach Einführung des Mindestlohns gibt Michael Müller, der Präsident des Branchenverbandes BZP Entwarnung. Zumindest was die Fahrgastzahlen angeht. Die seien nicht dramatisch zurückgegangen, obwohl laut Statistischem Bundesamt das Taxifahren über das Bundesgebiet hinweg im Februar im Vergleich zum Vorjahr rund zehn Prozent teurer geworden sei.
Doch viele Unternehmen hätten nun mit den gestiegenen Kosten zu kämpfen. Die Folge: In einigen Fällen säßen die Unternehmer wieder selber am Steuer, um Kosten zu sparen, teilt die Fachvereinigung Personenverkehr Nordrhein Taxi-Mietwagen mit. Es habe Entlassungen bei Minijobbern und Vollzeitkräften gegeben. Das ist auch aus anderen Bundesländern zu hören.
8,50 Euro pro Stunde, trotz Mindestlohn ist das für viele angestellte Taxifahrer immer noch nicht Alltag, sagt Bernd Hoffmann. Oft sei nur die Abrechnungspraxis kreativer geworden. Eine Methode:
"Ein Softwaremodul in den Taxametern, das automatisch in Pausenmodus springt, nach einer definierten Zeit. Also, programmierbaren Zeit."
Erzählt der Berliner Taxifahrer, der eigentlich anders heißt.
Umfangreiche Dokumentationspflicht - nur nicht für die Pause
Die Folge: umsatzlose Standzeiten – in Berlin, nicht selten eine Viertelstunde oder länger - werden als Pausen gerechnet.
"Da die Arbeitszeit ja kontrolliert werden soll, acht Stunden fahren. Da aber in den acht Stunden das nicht reinkommt, was man braucht, damit es rundläuft, werden weiterhin zehn, zwölf Stunden gefahren. Das andere wird als Pause rausgerechnet."
"Da die Arbeitszeit ja kontrolliert werden soll, acht Stunden fahren. Da aber in den acht Stunden das nicht reinkommt, was man braucht, damit es rundläuft, werden weiterhin zehn, zwölf Stunden gefahren. Das andere wird als Pause rausgerechnet."
Arbeitgeber müssen für den Einsatz Anfang, Ende und Gesamtdauer der Arbeitszeit dokumentieren. Der genaue Zeitpunkt für eine Pause muss dabei nicht notiert werden.
Vielen Arbeitgebern aber gehen die Dokumentationspflichten zu weit. Holger Schwanneke etwa, der Generalsekretär des Zentralverbands des Deutschen Handwerks, plädiert für weitreichende Änderungen. Etwa bei der Höhe der Verdienstgrenze, bis zu der kontrolliert wird. Die liegt bislang noch bei 2.958 Euro.
Verdi-Chef Frank Bsirske hingegen spricht sich gegen jegliche Aufweichung des gesetzlichen Mindestlohns aus. Er betonte, die Pflicht zur Dokumentation der Arbeitszeit sei unverzichtbar, um die Einhaltung des Mindestlohns kontrollieren zu können. Auch Arbeitsministerin Andrea Nahles hat sich gegen Änderungen am Mindestlohngesetz ausgesprochen. Sie zeigte sich aber gesprächsbereit, die Pflicht zur Dokumentation der Arbeitszeiten praxisnäher zu gestalten. Am 23. April wollen sich die Koalitionsspitzen zusammensetzen, um gemeinsam über mögliche Änderungen zu beraten.