"Wir sind hier in einer vorromanischen Kirche, weil Markgraf Gero diese Kirche im Jahr 959 gegründet hat. In dem Jahre hat er den letzten seiner beiden Söhne verloren und das war für ihn eine Katastrophe, kann man sich ja vorstellen. Nicht nur dass damit die Erbfolge infrage gestellt war, sondern auch das Seelenheil. Und deshalb hat er beschlossen, seine Waffen niederzulegen und hier an dem Ort, an dem seine Burg stand und der auch heute noch seinen Namen trägt, nämlich Gernrode, Geronis Rodung. Dieser Ort sollte dann ein Ort des Gedächtnisses sein und für diesen Zweck hat er hier eine Klosterkirche errichten lassen."
Pfarrer Andreas Müller. Die Stiftskirche St. Cyriakus in Gernrode bei Quedlinburg ist eine der ältesten Kirchen Nordeuropas. Und keine kleine! Ein hohes schmales Kirchenschiff mit flacher Holzdecke, eine breite Treppe führt zum Hohen Chor, hinter bemalten Gewölbebögen liegen die Seitenschiffe. Es war die Zeit des Kaisers Otto des Großen, vor 1050 Jahren, so gilt die Gernroder Kirche noch als vorromanisch.
"Der einfache Stützenwechsel zwischen Pfeiler und Säule ist ja ein solches Symbol für die Vorromanik. Und hier befinden wir uns gerade in der Ostkrypta, dem ältesten Bauteil. Die Ostkrypta selber ist ganz einfach gestaltet. Man sieht das ja hier: Pfeiler mit ganz simplen Basen und Kapitellen und über uns wölbt sich ein ganz einfaches Tonnengewölbe. Ohne allen möglichen Schmuck, der erst später wurde. Wir haben eine ganz besondere Ostkrypta hier, nämlich die einzige dreischiffige Krypta aus dieser ottonischen Zeit."
Der größte Schatz allerdings ist das heilige Grab, das älteste in Deutschland. Schon um 1100 eingebaut ins Seitenschiff. Seit Kurzem erst ist dieses heilige Grab wieder zu sehen, nach 10-jähriger Restaurierung.
Im benachbarten Quedlinburg thront die Stiftskirche St. Servatii mitsamt Schloss auf einem Felsen – dem Schlossberg - neben der Altstadt.
"Die Stiftskirche St. Servatii ist errichtet worden über dem Grab Heinrichs I., der im Jahr 936 stirbt und seine Witwe Mathilde begründete hier ein Frauenstift. Und natürlich, wenn wir heute in die Stiftskirche gehen, ist das nicht die Kirche aus dem 10. Jahrhundert. Das ist ein Nachfolgebau. Die heutige Kirche, die als Juwel der Hochromanik gilt, ist entstanden nach einem Brand, 1070 und wurde 1129 neu geweiht."
Kustus Thomas Labusiak führt uns unter dem romanischen Hohen Chor in eine noch viel ältere Krypta. Dort befinden sich die Gräber von Heinrich und Mathilde. Doch wo die Gebeine Heinrichs des Ersten sind, das weiß man nicht.
"Also wir wissen auf jeden Fall: 936 wird Heinrich I. bestattet in einer Kirche, die dem Heiligen Petrus geweiht war, und zwar hier in Quedlinburg. 968 stirbt seine Frau Mathilde, und sie wird bestattet an der Seite ihres Mannes, dann wohl auch in dieser Kirche. Und diese Bestattungsstelle der Heiligen Mathilde ist mehr oder weniger unverändert heute noch zu sehen. Es ist sogar der alte Steinsarkophag noch erhalten aus dem 10. Jahrhundert mit einer Inschrift, die Mathilde nennt. Das ist natürlich gerade für Epigrafiker ganz großartig. Eine ottonische Steininschrift gibt es eben auch nicht so häufig. Allein, wo die Gebeine von Heinrich abgeblieben sind, das ist tatsächlich unklar. Denn durch diese Änderungen hier im Baugefüge sind die Gebeine höchstwahrscheinlich irgendwann mal umgebettet worden. Das Problem ist: Wir wissen nicht wohin, denn die Quellen schweigen."
Hier wurde urdeutsche Geschichte geschrieben. Deshalb auch ist der Quedlinburger Domschatz ein besonderer:
"Denn das Grab Heinrichs, also des ersten Königs, des Begründers der ottonischen Herrscherdynastie war natürlich auch ein ganz wichtiger Ort für seine Nachfolger. Also sein Sohn Otto der Große hat eben ordentlich gestiftet. Und das geht so weit, dass wir z. B. ein kleines Reliquiar haben, auf dem steht der Name Otto III. noch drauf."
Viele der kunstvollen Reliquiare stammen aus ottonischer Zeit oder sind sogar noch älter.
Unterhalb des Schlossbergs ringeln sich enge Gassen mit schmalen Fachwerkhäusern. Etwas entfernt - in der eigentlichen Stadt - dann größere Höfe und Handelshäuser, auch alles Fachwerk. Und weil Quedlinburg das Schicksal anderer Fachwerkstädte erspart blieb – es ist nie vollständig abgebrannt – kann man hier durch sieben Jahrhunderte Fachwerk und eine wunderbunte Mischung spazieren, freut sich die Stadtführerin Sabine Houben:
"Deswegen kann man aus den vielen Jahrhunderten Beispiele in jeder Straße eigentlich finden. Es wurde immer nur neu gebaut, wenn ein Haus abgebrannt war oder ersetzt werden musste. Fachwerk war aber immer das Bauen der normalen oder der armen Leute. Und alles, was wichtig war, wurde in Stein gebaut. Das Rathaus war wichtig genug, um in Stein gebaut zu werden schon im 13. Jahrhundert. Burgen, Kirchen oder die Wohnsitze der edlen Familien, soweit sie es sich leisten konnten. Aber das normale Volk hat sich nur Fachwerk leisten können."
Das sogenannte Ständerhaus in der Wordgasse zeigt die Urform des Fachwerkhauses. Senkrechte Holzbalken, eben die Ständer, dazwischen etwas beulige weiße Wände. Keine Kreuze oder Schmuckrosetten – die kamen erst später.
"Da sind die Ständer von der Grundschwelle bis zum Dach durchgehend, verzapft und mit Holznägeln abgesichert. Man hat die Bäume so groß, wie sie gewachsen waren, verarbeitet. Es ist Fichtenholz. Wir hatten hier die Norddeutsche Fichte, die wächst sehr langsam und dadurch auch so haltbar. Das Haus hat immer noch 65 Prozent Originalholz."
Gebaut übrigens um 1350, vor 660 Jahren. Das Haus mit den winzigen Zimmern und schiefen Fußböden war bis in die 1960er-Jahre noch bewohnt, ist nun Fachwerkmuseum. Quedlinburg gilt heute als Muster einer mittelalterlichen Stadtanlage und zählt zum Weltkulturerbe.
"Diese 80 Hektar Welterbe, das besteht aus diesem Westendorf, das ist der Stadtteil, der sich so in Ringeln um den Schlossberg zieht, dann die Altstadt, deren Entwicklung auch im 10. Jh. beginnt und dann die Neustadt, die 2-300 Jahre später angebacken wurde. Was üblich war im Mittelalter, wenn die Altstadt zu klein wurde. Da drum herum ist ein Ring von Villen, die von 1900 her stammen, denn in der Industrialisierung im 19. Jh. ist die Stadt ganz ganz reich geworden. Und da gibt es die Bodeaue, da hat man die schönen Villen hingesetzt mit diesen wunderschönen Gärten zum Bodeufer hin. Also da ist so richtig ein Ring Reichtum um den Altstadtkern drum rum gebaut worden."
Auf der Suche nach wichtigen Bauten aus 1000 Jahren in Sachsen-Anhalt kommen wir in die Landehauptstadt Magdeburg. Auch hier sind die herausragenden Bauten ein Kloster und ein Dom, doch auf dem Weg zu diesen beiden streift man unweigerlich einen großen Bau von Friedensreich Hundertwasser. Es ist sein letzter großer Entwurf. Doch anfangs wurde schwer diskutiert, sagt die Autorin des Buchs Cornelia Heller:
"Ja, die Magdeburger waren sich schon im Unklaren darüber, ob man im Angesicht des historischen gotischen Domes ein solches, ganz anderes Haus bauen darf, das ja mit einem ganz anderen Baustil daher kommt. Aber mittlerweile lieben sie es. Es hat sich so selbstverständlich in das Stadtbild eingepasst. Und es ist für Touristen ein derartiger Magnet, dass allein schon deshalb ein gewisser Stolz darauf gewachsen ist, ein Hundertwasser-Haus im Stadtbild zu haben."
Es sind die berühmten runden Ecken, die fröhlichen Farben, mehrteiligen Säulen, Scherbenmosaike, die golden Kugeln auf den Türmchen. Bäume und Sträucher wachsen auf den Dächern und aus Nischen der Fassade. Drinnen sind begehrte Wohnungen, Hotel, Kindergarten …
"... und man kann hier sehr lauschig einkaufen, in Bistros einen Kaffee trinken. Und es ist ein guter Ausgangspunkt, um nach anderen Dingen in Magdeburg zu suchen."
Gleich hinter dem Hundertwasser-Haus fällt der Blick auf zwei schlanke Türme, dazwischen ein hoher romanischer Giebel – das Kloster Unser Lieben Frauen. Es ist schon lange kein Kloster mehr, war Bibliothek, dann zu Napoleons Zeit Kaserne, Hospital, sogar Viehstall und ist nun kultureller Mittelpunkt der Stadt.
"Wir sind im Innenhof des Klosters Unser Lieben Frauen, uns umgibt der Kreuzgang. Es ist ein wunderbarer Ort der Ruhe und auch Besinnung im Trubel einer modernen Stadt. Das Kloster ist das älteste Gebäude der Stadt, über 900 Jahre alt. Und es ist wie durch ein Wunder durch Kriege und Zeiten unversehrt hindurch gekommen. Und es spielt auch eine ganz wichtige Rolle im kulturellen Leben der Stadt. Es ist das Kunstmuseum für Gegenwartskunst, mit wirklich spannenden wechselnden Ausstellungen."
Außen fallen große Spiegel auf, die anstelle von Fensterläden montiert sind.
"Die haben einen ganz witzigen Kipp- und Schließmechanismus. In den Spiegeln spiegelt sich sowohl die Umgebung rund ums Kloster und andererseits, wenn man im Museum steht, dann hat man immer wieder ganz überraschende Blicke hinaus oder auch auf die Fassade des Hauses, die sich wiederum in den Spiegeln darstellt. Das ist eine Kunst von Jan und Tim Edler. "TransReflex" heißt sie."
Nach wenigen Schritten sind wir auf dem Domplatz, haben nach dem schlichten romanischen Kloster nun ein Wunderwerk der Gotik vor uns. Die älteste gotische Kathedrale in Deutschland.
"Hier stand ja der ottonische Dom. Also der Dom Ottos des Großen. Der ist allerdings 1207 abgebrannt. Und Kardinal Albrecht hat sich 1209 dazu entschlossen, einen Dom zu bauen in diesem modernen, von Frankreich her kommenden gotischen Stil."
Riesengroß und trotzdem luftig leicht anzusehen.
"Das ist ja auch das Grundprinzip der Gotik, das Licht in den Innenraum hinein holen zu können. Durch dieses Strebewerk war es überhaupt erst möglich, so hohe und so große Fenster zu bauen, das Licht Gottes in das Bauwerk hinein strahlen zu lassen."
Innen beeindruckt die Kunstfertigkeit, mit der der Lettner gearbeitet ist und das Chorgestühl geschnitzt. Einen Schatz muss man etwas suchen: die Paradiespforte.
"Es ist das biblische Gleichnis von den klugen und den törichten Jungfrauen. In dem Buch habe ich geschrieben: "Ihr Lächeln, ihre Tränen deuten auf die Geschichte und Geschichten, von denen der Magdeburger Dom unendlich viele zu erzählen vermag." Ganz außergewöhnliche ausdrucksstarke Gesichter. Man sieht auch wirklich hier diese Freude in den Gesichtern und jedes Gesicht ist auch anders. Und wenn man zu den trauernden, den törichten Jungfrauen schaut, die mit ihren Gewändern die Tränen trocknen und die Köpfe in die Hände neigen, das ist schon sehr berührend."
Dom und Kloster haben den 30-jährigen Krieg überstanden, von dessen Zerstörungen sich die Stadt nie wieder richtig erholt hat. Und standen auch nach dem verheerenden Bombenangriff, der 1945 kurz vor Kriegsende die Innenstadt fast ausgelöscht hat.
Wer im späten Mittelalter – so um 1500 - mit Pferd und Wagen von Magdeburg, Braunschweig aus nach Stendal kam, der stand vor einem prächtigen Stadttor. Wir sehen heute nur noch den Rest, Vortor und Zwingeranlage fehlen. Doch das Uenglinger Tor beeindruckt immer noch, 27,5 Meter hoch, reich verzierte Backsteingotik.
"Vor allen Dingen, was den Erbauern offensichtlich ganz wichtig gewesen ist: Ich werde von Weitem schon darauf aufmerksam gemacht, ich komme in eine reiche und wohlhabende Stadt. Das Tor wird gerne als das – nach dem Lübecker Holstentor – schönste in Norddeutschland bezeichnet. Das hören die Stendaler natürlich gerne."
Wir steigen mit Silke Junker hoch auf das Stadttor. Zu Füßen erkennen wir einen früheren Dorfanger – Steinedal – der Ursprung der Stadt. Hier entwickelte sich um 1150 an der Kreuzung zweier Handelsstraßen und nicht weit von der Elbe eine bedeutende Stadt.
"Wir müssen davon ausgehen, dass Stendal in dieser Zeit die reichste Stadt in der Mark Brandenburg war. Als Stendal noch größer war als Berlin."
Der Handel brachte das Geld. Stendal war Hansestadt und die reichen Bürger ließen sich ihre Kirche was kosten. So sind die Türme der riesigen Marienkirche höher als die der Stiftskirche.
In Eisleben ist Martin Luther geboren und auch gestorben, daran erinnern sein Geburts- und sein Sterbehaus, wobei beide nicht die Originale sind. Das Geburtshaus wurde 1684 nach einem großen Stadtbrand wieder aufgebaut.
"Und zwar von Anfang an auch als Museum für Martin Luther. Damit haben wir es mit einem der ältesten Geschichtsmuseen aus bürgerlicher Wurzel in Deutschland zu tun. Deswegen dann auch dieses große Luther-Relief direkt über dem Eingang. Ursprünglich war schon ein hölzernes Luther-Bild an diesem Haus befestigt, das dann im Stadtbrand nicht unterging. Der "unverbrannte Luther" gehört zu den Highlights der Eislebener Museumskollektion."
Martin Treu ist für die Ausstellungen in den Luther-Gedenkstätten zuständig.
Wir gehen nach Bad Lauchstedt, um 1800 ein beliebter Kurort. Dort steht noch das Theater, das Goethe nach seinen Vorstellungen bauen ließ.
"Goethe wünschte ein dreigeteiltes Gebäude. Ein niedriges Vorsälchen als Eingangsbereich mit Platz für die Kasse, die Treppe, die zu den Logen führt und eine kleine Konditorei, wo man Nachwerk kaufen konnte. Der Zuschauerraum ist geprägt von einer Zeltleinwand-Decke, ein Wunsch Goethes. Des Weiteren bestimmte der die Farben. Rot und Gelb – warme, festliche, heitere Töne entsprechend seiner Farbenlehre, und grau wie Granit, Sinnbild der Unvergänglichkeit."
Und die Bühne entspricht der in Weimar, damit man gleich die dortigen Kulissen nutzen konnte. Damals schon mit einem versenkbaren Bühnenteil – betrieben per Handkurbel. Und auch die Kulissen schwebten wie von Geisterhand bewegt. Ute Böbel zeigt die alte Technik unter der Bühne:
"An dieser Welle ist heutzutage ein Motor angeschlossen, der sie bewegt, zur Goethe-Zeit waren es sechs starke Männer. Um diese Welle im Keller sind Seile gelegt, die zu den Kulissenwagen gehen. Die Kulissenwagen tragen oberhalb des Bühnenbodens das jeweilige Bühnenbild."
Wir kommen in die Moderne. Das Bauhaus Dessau und die Meisterhäuser, ineinander verschachtelte Kuben, die Gropius für seine Dozentenkollegen baute.
In Magdeburg hat Bruno Taut ab 1911 mit der Siedlung Reform sozusagen die Urmutter der Gartenstädte geschaffen. In dieser Arbeitersiedlung hatte jede Familie ihr kleines Reihenhäuschen mit Garten und Kaninchenstall. Eine Revolution in Zeiten von Mietskasernen und Hinterhöfen. Ebenso die Werkssiedlung Piesteritz, die 1916 bis 1919 als in sich geschlossenes kleines Paradies entstand.
Für das urälteste Kunstwerk der Region entstand ein futuristischer Bau. Wie ein goldenes Schiff scheint das Info-Zentrum Arche Nebra über dem Unstrut-Tal zu schweben. Die Himmelsscheibe ist die älteste bislang bekannte Himmelskarte, weltweit. Auf der tellergroßen Bronzescheibe lassen sich z.B. die Sonnenwende ablesen und der Schalt-Monat. Den hatte man eingefügt, weil ja Sonnen- und Mondjahr nicht übereinstimmen. In der Arche Nebra wird die Himmelsscheibe in ihrer Zeit erklärt, ihre Entstehung und der astronomische Hintergrund. Und es gibt eine Kopie zum Anfassen.
"Nicht anfassen … Doch, das soll man ja, die ist zum Anfassen … Du sollst ja mal ausprobieren, wie schwer die ist … Die ist aber klein und 3600 Jahre alt, ist schon erstaunlich."
Der Mittelberg war ein mystischer Berg. Hier wurde nicht gesiedelt, doch es gibt viele Grabstätten und einen eisenzeitlichen Wall.
"Und erfahrungsgemäß ist es so, wenn ich innerhalb so einer Wallanlage suche, ist die Chance, etwas Wertvolles zu finden doch bedeutend größer, als wenn ich einfach so durch den Wald streife. Und deshalb sind die dann losgezogen mit solchen Metalldetektoren und haben halt gesucht. Und sind dann fündig geworden."
Zwei Raubgräber hatten die Himmelsscheibe gefunden und wollten sie zu Geld zu machen. Doch wie im Krimi wurden sie gestellt, die Scheibe kam zurück nach Deutschland. Oben auf dem Mittelberg steht jetzt ein Turm, leicht geneigt, wie der Zeiger einer Sonnenuhr. Schon der Turm selbst ist sehenswert und von oben kann man die Sichtverhältnisse vor 3000 bis 4000 Jahren nachvollziehen. Dietmar Lutter:
"Der Mittelberg selbst ist 252 Meter hoch, das ist nicht besonders viel, aber trotzdem ist es die höchste Erhebung hier ringsum. Und sie müssen sich vorstellen, damals war dieser Berg nicht bewaldet. Deshalb hat man Sichtmöglichkeiten bis hin zum Brocken, bis zum Kyffhäuser, in östlicher Richtung bis zum Petersberg bei Halle und in südlicher Richtung bis zu diesem Plateau kurz vor Naumburg, wo heute die Neuenburg draufsteht. Alles das konnte man vom Mittelberg aus sehen. Und kann man heute vom Turm aus sehen. Und deshalb konnte man auch vom Mittelberg aus solche astronomischen Bezüge festmachen, wie den Sonnenuntergang zur Sommersonnenwende neben dem Brocken."
Der wohl auf der Himmelsscheibe dargestellt ist.
Obwohl Sachsen-Anhalt ein eher kleines Bundesland ist, hat man gut zu tun, will man alle Schätze sehen. Das Buch "Architektouren - 100 Bauten aus 1000 Jahren" soll Gästen und Einheimischen gleichermaßen Anregung sein.
"Sachsen-Anhalt ist ja in seiner über 1000-jährigen Geschichte altes Land, wenngleich als Bundesland erst 1990 nach der Wende wieder. Und mein persönliches Anliegen ist es auch, den Sachsen-Anhaltern selbst zu erzählen, wie viele interessante Orte, Gebäude und Geschichten es in diesem Land gibt. Man soll dieses Buch in die Hand nehmen, es hat ja Taschenformat, und diese 100 schönsten des Landes für sich auf eine ganz eigene Art entdecken. Das ist mein innigster Wunsch."
Die Wanderausstellung "100 Bauten aus 1000 Jahren - Architektouren durch Sachsen-Anhalt" wird im Mai 2013 in Tangermünde zu sehen sein und im Juni in Magdeburg.
Pfarrer Andreas Müller. Die Stiftskirche St. Cyriakus in Gernrode bei Quedlinburg ist eine der ältesten Kirchen Nordeuropas. Und keine kleine! Ein hohes schmales Kirchenschiff mit flacher Holzdecke, eine breite Treppe führt zum Hohen Chor, hinter bemalten Gewölbebögen liegen die Seitenschiffe. Es war die Zeit des Kaisers Otto des Großen, vor 1050 Jahren, so gilt die Gernroder Kirche noch als vorromanisch.
"Der einfache Stützenwechsel zwischen Pfeiler und Säule ist ja ein solches Symbol für die Vorromanik. Und hier befinden wir uns gerade in der Ostkrypta, dem ältesten Bauteil. Die Ostkrypta selber ist ganz einfach gestaltet. Man sieht das ja hier: Pfeiler mit ganz simplen Basen und Kapitellen und über uns wölbt sich ein ganz einfaches Tonnengewölbe. Ohne allen möglichen Schmuck, der erst später wurde. Wir haben eine ganz besondere Ostkrypta hier, nämlich die einzige dreischiffige Krypta aus dieser ottonischen Zeit."
Der größte Schatz allerdings ist das heilige Grab, das älteste in Deutschland. Schon um 1100 eingebaut ins Seitenschiff. Seit Kurzem erst ist dieses heilige Grab wieder zu sehen, nach 10-jähriger Restaurierung.
Im benachbarten Quedlinburg thront die Stiftskirche St. Servatii mitsamt Schloss auf einem Felsen – dem Schlossberg - neben der Altstadt.
"Die Stiftskirche St. Servatii ist errichtet worden über dem Grab Heinrichs I., der im Jahr 936 stirbt und seine Witwe Mathilde begründete hier ein Frauenstift. Und natürlich, wenn wir heute in die Stiftskirche gehen, ist das nicht die Kirche aus dem 10. Jahrhundert. Das ist ein Nachfolgebau. Die heutige Kirche, die als Juwel der Hochromanik gilt, ist entstanden nach einem Brand, 1070 und wurde 1129 neu geweiht."
Kustus Thomas Labusiak führt uns unter dem romanischen Hohen Chor in eine noch viel ältere Krypta. Dort befinden sich die Gräber von Heinrich und Mathilde. Doch wo die Gebeine Heinrichs des Ersten sind, das weiß man nicht.
"Also wir wissen auf jeden Fall: 936 wird Heinrich I. bestattet in einer Kirche, die dem Heiligen Petrus geweiht war, und zwar hier in Quedlinburg. 968 stirbt seine Frau Mathilde, und sie wird bestattet an der Seite ihres Mannes, dann wohl auch in dieser Kirche. Und diese Bestattungsstelle der Heiligen Mathilde ist mehr oder weniger unverändert heute noch zu sehen. Es ist sogar der alte Steinsarkophag noch erhalten aus dem 10. Jahrhundert mit einer Inschrift, die Mathilde nennt. Das ist natürlich gerade für Epigrafiker ganz großartig. Eine ottonische Steininschrift gibt es eben auch nicht so häufig. Allein, wo die Gebeine von Heinrich abgeblieben sind, das ist tatsächlich unklar. Denn durch diese Änderungen hier im Baugefüge sind die Gebeine höchstwahrscheinlich irgendwann mal umgebettet worden. Das Problem ist: Wir wissen nicht wohin, denn die Quellen schweigen."
Hier wurde urdeutsche Geschichte geschrieben. Deshalb auch ist der Quedlinburger Domschatz ein besonderer:
"Denn das Grab Heinrichs, also des ersten Königs, des Begründers der ottonischen Herrscherdynastie war natürlich auch ein ganz wichtiger Ort für seine Nachfolger. Also sein Sohn Otto der Große hat eben ordentlich gestiftet. Und das geht so weit, dass wir z. B. ein kleines Reliquiar haben, auf dem steht der Name Otto III. noch drauf."
Viele der kunstvollen Reliquiare stammen aus ottonischer Zeit oder sind sogar noch älter.
Unterhalb des Schlossbergs ringeln sich enge Gassen mit schmalen Fachwerkhäusern. Etwas entfernt - in der eigentlichen Stadt - dann größere Höfe und Handelshäuser, auch alles Fachwerk. Und weil Quedlinburg das Schicksal anderer Fachwerkstädte erspart blieb – es ist nie vollständig abgebrannt – kann man hier durch sieben Jahrhunderte Fachwerk und eine wunderbunte Mischung spazieren, freut sich die Stadtführerin Sabine Houben:
"Deswegen kann man aus den vielen Jahrhunderten Beispiele in jeder Straße eigentlich finden. Es wurde immer nur neu gebaut, wenn ein Haus abgebrannt war oder ersetzt werden musste. Fachwerk war aber immer das Bauen der normalen oder der armen Leute. Und alles, was wichtig war, wurde in Stein gebaut. Das Rathaus war wichtig genug, um in Stein gebaut zu werden schon im 13. Jahrhundert. Burgen, Kirchen oder die Wohnsitze der edlen Familien, soweit sie es sich leisten konnten. Aber das normale Volk hat sich nur Fachwerk leisten können."
Das sogenannte Ständerhaus in der Wordgasse zeigt die Urform des Fachwerkhauses. Senkrechte Holzbalken, eben die Ständer, dazwischen etwas beulige weiße Wände. Keine Kreuze oder Schmuckrosetten – die kamen erst später.
"Da sind die Ständer von der Grundschwelle bis zum Dach durchgehend, verzapft und mit Holznägeln abgesichert. Man hat die Bäume so groß, wie sie gewachsen waren, verarbeitet. Es ist Fichtenholz. Wir hatten hier die Norddeutsche Fichte, die wächst sehr langsam und dadurch auch so haltbar. Das Haus hat immer noch 65 Prozent Originalholz."
Gebaut übrigens um 1350, vor 660 Jahren. Das Haus mit den winzigen Zimmern und schiefen Fußböden war bis in die 1960er-Jahre noch bewohnt, ist nun Fachwerkmuseum. Quedlinburg gilt heute als Muster einer mittelalterlichen Stadtanlage und zählt zum Weltkulturerbe.
"Diese 80 Hektar Welterbe, das besteht aus diesem Westendorf, das ist der Stadtteil, der sich so in Ringeln um den Schlossberg zieht, dann die Altstadt, deren Entwicklung auch im 10. Jh. beginnt und dann die Neustadt, die 2-300 Jahre später angebacken wurde. Was üblich war im Mittelalter, wenn die Altstadt zu klein wurde. Da drum herum ist ein Ring von Villen, die von 1900 her stammen, denn in der Industrialisierung im 19. Jh. ist die Stadt ganz ganz reich geworden. Und da gibt es die Bodeaue, da hat man die schönen Villen hingesetzt mit diesen wunderschönen Gärten zum Bodeufer hin. Also da ist so richtig ein Ring Reichtum um den Altstadtkern drum rum gebaut worden."
Auf der Suche nach wichtigen Bauten aus 1000 Jahren in Sachsen-Anhalt kommen wir in die Landehauptstadt Magdeburg. Auch hier sind die herausragenden Bauten ein Kloster und ein Dom, doch auf dem Weg zu diesen beiden streift man unweigerlich einen großen Bau von Friedensreich Hundertwasser. Es ist sein letzter großer Entwurf. Doch anfangs wurde schwer diskutiert, sagt die Autorin des Buchs Cornelia Heller:
"Ja, die Magdeburger waren sich schon im Unklaren darüber, ob man im Angesicht des historischen gotischen Domes ein solches, ganz anderes Haus bauen darf, das ja mit einem ganz anderen Baustil daher kommt. Aber mittlerweile lieben sie es. Es hat sich so selbstverständlich in das Stadtbild eingepasst. Und es ist für Touristen ein derartiger Magnet, dass allein schon deshalb ein gewisser Stolz darauf gewachsen ist, ein Hundertwasser-Haus im Stadtbild zu haben."
Es sind die berühmten runden Ecken, die fröhlichen Farben, mehrteiligen Säulen, Scherbenmosaike, die golden Kugeln auf den Türmchen. Bäume und Sträucher wachsen auf den Dächern und aus Nischen der Fassade. Drinnen sind begehrte Wohnungen, Hotel, Kindergarten …
"... und man kann hier sehr lauschig einkaufen, in Bistros einen Kaffee trinken. Und es ist ein guter Ausgangspunkt, um nach anderen Dingen in Magdeburg zu suchen."
Gleich hinter dem Hundertwasser-Haus fällt der Blick auf zwei schlanke Türme, dazwischen ein hoher romanischer Giebel – das Kloster Unser Lieben Frauen. Es ist schon lange kein Kloster mehr, war Bibliothek, dann zu Napoleons Zeit Kaserne, Hospital, sogar Viehstall und ist nun kultureller Mittelpunkt der Stadt.
"Wir sind im Innenhof des Klosters Unser Lieben Frauen, uns umgibt der Kreuzgang. Es ist ein wunderbarer Ort der Ruhe und auch Besinnung im Trubel einer modernen Stadt. Das Kloster ist das älteste Gebäude der Stadt, über 900 Jahre alt. Und es ist wie durch ein Wunder durch Kriege und Zeiten unversehrt hindurch gekommen. Und es spielt auch eine ganz wichtige Rolle im kulturellen Leben der Stadt. Es ist das Kunstmuseum für Gegenwartskunst, mit wirklich spannenden wechselnden Ausstellungen."
Außen fallen große Spiegel auf, die anstelle von Fensterläden montiert sind.
"Die haben einen ganz witzigen Kipp- und Schließmechanismus. In den Spiegeln spiegelt sich sowohl die Umgebung rund ums Kloster und andererseits, wenn man im Museum steht, dann hat man immer wieder ganz überraschende Blicke hinaus oder auch auf die Fassade des Hauses, die sich wiederum in den Spiegeln darstellt. Das ist eine Kunst von Jan und Tim Edler. "TransReflex" heißt sie."
Nach wenigen Schritten sind wir auf dem Domplatz, haben nach dem schlichten romanischen Kloster nun ein Wunderwerk der Gotik vor uns. Die älteste gotische Kathedrale in Deutschland.
"Hier stand ja der ottonische Dom. Also der Dom Ottos des Großen. Der ist allerdings 1207 abgebrannt. Und Kardinal Albrecht hat sich 1209 dazu entschlossen, einen Dom zu bauen in diesem modernen, von Frankreich her kommenden gotischen Stil."
Riesengroß und trotzdem luftig leicht anzusehen.
"Das ist ja auch das Grundprinzip der Gotik, das Licht in den Innenraum hinein holen zu können. Durch dieses Strebewerk war es überhaupt erst möglich, so hohe und so große Fenster zu bauen, das Licht Gottes in das Bauwerk hinein strahlen zu lassen."
Innen beeindruckt die Kunstfertigkeit, mit der der Lettner gearbeitet ist und das Chorgestühl geschnitzt. Einen Schatz muss man etwas suchen: die Paradiespforte.
"Es ist das biblische Gleichnis von den klugen und den törichten Jungfrauen. In dem Buch habe ich geschrieben: "Ihr Lächeln, ihre Tränen deuten auf die Geschichte und Geschichten, von denen der Magdeburger Dom unendlich viele zu erzählen vermag." Ganz außergewöhnliche ausdrucksstarke Gesichter. Man sieht auch wirklich hier diese Freude in den Gesichtern und jedes Gesicht ist auch anders. Und wenn man zu den trauernden, den törichten Jungfrauen schaut, die mit ihren Gewändern die Tränen trocknen und die Köpfe in die Hände neigen, das ist schon sehr berührend."
Dom und Kloster haben den 30-jährigen Krieg überstanden, von dessen Zerstörungen sich die Stadt nie wieder richtig erholt hat. Und standen auch nach dem verheerenden Bombenangriff, der 1945 kurz vor Kriegsende die Innenstadt fast ausgelöscht hat.
Wer im späten Mittelalter – so um 1500 - mit Pferd und Wagen von Magdeburg, Braunschweig aus nach Stendal kam, der stand vor einem prächtigen Stadttor. Wir sehen heute nur noch den Rest, Vortor und Zwingeranlage fehlen. Doch das Uenglinger Tor beeindruckt immer noch, 27,5 Meter hoch, reich verzierte Backsteingotik.
"Vor allen Dingen, was den Erbauern offensichtlich ganz wichtig gewesen ist: Ich werde von Weitem schon darauf aufmerksam gemacht, ich komme in eine reiche und wohlhabende Stadt. Das Tor wird gerne als das – nach dem Lübecker Holstentor – schönste in Norddeutschland bezeichnet. Das hören die Stendaler natürlich gerne."
Wir steigen mit Silke Junker hoch auf das Stadttor. Zu Füßen erkennen wir einen früheren Dorfanger – Steinedal – der Ursprung der Stadt. Hier entwickelte sich um 1150 an der Kreuzung zweier Handelsstraßen und nicht weit von der Elbe eine bedeutende Stadt.
"Wir müssen davon ausgehen, dass Stendal in dieser Zeit die reichste Stadt in der Mark Brandenburg war. Als Stendal noch größer war als Berlin."
Der Handel brachte das Geld. Stendal war Hansestadt und die reichen Bürger ließen sich ihre Kirche was kosten. So sind die Türme der riesigen Marienkirche höher als die der Stiftskirche.
In Eisleben ist Martin Luther geboren und auch gestorben, daran erinnern sein Geburts- und sein Sterbehaus, wobei beide nicht die Originale sind. Das Geburtshaus wurde 1684 nach einem großen Stadtbrand wieder aufgebaut.
"Und zwar von Anfang an auch als Museum für Martin Luther. Damit haben wir es mit einem der ältesten Geschichtsmuseen aus bürgerlicher Wurzel in Deutschland zu tun. Deswegen dann auch dieses große Luther-Relief direkt über dem Eingang. Ursprünglich war schon ein hölzernes Luther-Bild an diesem Haus befestigt, das dann im Stadtbrand nicht unterging. Der "unverbrannte Luther" gehört zu den Highlights der Eislebener Museumskollektion."
Martin Treu ist für die Ausstellungen in den Luther-Gedenkstätten zuständig.
Wir gehen nach Bad Lauchstedt, um 1800 ein beliebter Kurort. Dort steht noch das Theater, das Goethe nach seinen Vorstellungen bauen ließ.
"Goethe wünschte ein dreigeteiltes Gebäude. Ein niedriges Vorsälchen als Eingangsbereich mit Platz für die Kasse, die Treppe, die zu den Logen führt und eine kleine Konditorei, wo man Nachwerk kaufen konnte. Der Zuschauerraum ist geprägt von einer Zeltleinwand-Decke, ein Wunsch Goethes. Des Weiteren bestimmte der die Farben. Rot und Gelb – warme, festliche, heitere Töne entsprechend seiner Farbenlehre, und grau wie Granit, Sinnbild der Unvergänglichkeit."
Und die Bühne entspricht der in Weimar, damit man gleich die dortigen Kulissen nutzen konnte. Damals schon mit einem versenkbaren Bühnenteil – betrieben per Handkurbel. Und auch die Kulissen schwebten wie von Geisterhand bewegt. Ute Böbel zeigt die alte Technik unter der Bühne:
"An dieser Welle ist heutzutage ein Motor angeschlossen, der sie bewegt, zur Goethe-Zeit waren es sechs starke Männer. Um diese Welle im Keller sind Seile gelegt, die zu den Kulissenwagen gehen. Die Kulissenwagen tragen oberhalb des Bühnenbodens das jeweilige Bühnenbild."
Wir kommen in die Moderne. Das Bauhaus Dessau und die Meisterhäuser, ineinander verschachtelte Kuben, die Gropius für seine Dozentenkollegen baute.
In Magdeburg hat Bruno Taut ab 1911 mit der Siedlung Reform sozusagen die Urmutter der Gartenstädte geschaffen. In dieser Arbeitersiedlung hatte jede Familie ihr kleines Reihenhäuschen mit Garten und Kaninchenstall. Eine Revolution in Zeiten von Mietskasernen und Hinterhöfen. Ebenso die Werkssiedlung Piesteritz, die 1916 bis 1919 als in sich geschlossenes kleines Paradies entstand.
Für das urälteste Kunstwerk der Region entstand ein futuristischer Bau. Wie ein goldenes Schiff scheint das Info-Zentrum Arche Nebra über dem Unstrut-Tal zu schweben. Die Himmelsscheibe ist die älteste bislang bekannte Himmelskarte, weltweit. Auf der tellergroßen Bronzescheibe lassen sich z.B. die Sonnenwende ablesen und der Schalt-Monat. Den hatte man eingefügt, weil ja Sonnen- und Mondjahr nicht übereinstimmen. In der Arche Nebra wird die Himmelsscheibe in ihrer Zeit erklärt, ihre Entstehung und der astronomische Hintergrund. Und es gibt eine Kopie zum Anfassen.
"Nicht anfassen … Doch, das soll man ja, die ist zum Anfassen … Du sollst ja mal ausprobieren, wie schwer die ist … Die ist aber klein und 3600 Jahre alt, ist schon erstaunlich."
Der Mittelberg war ein mystischer Berg. Hier wurde nicht gesiedelt, doch es gibt viele Grabstätten und einen eisenzeitlichen Wall.
"Und erfahrungsgemäß ist es so, wenn ich innerhalb so einer Wallanlage suche, ist die Chance, etwas Wertvolles zu finden doch bedeutend größer, als wenn ich einfach so durch den Wald streife. Und deshalb sind die dann losgezogen mit solchen Metalldetektoren und haben halt gesucht. Und sind dann fündig geworden."
Zwei Raubgräber hatten die Himmelsscheibe gefunden und wollten sie zu Geld zu machen. Doch wie im Krimi wurden sie gestellt, die Scheibe kam zurück nach Deutschland. Oben auf dem Mittelberg steht jetzt ein Turm, leicht geneigt, wie der Zeiger einer Sonnenuhr. Schon der Turm selbst ist sehenswert und von oben kann man die Sichtverhältnisse vor 3000 bis 4000 Jahren nachvollziehen. Dietmar Lutter:
"Der Mittelberg selbst ist 252 Meter hoch, das ist nicht besonders viel, aber trotzdem ist es die höchste Erhebung hier ringsum. Und sie müssen sich vorstellen, damals war dieser Berg nicht bewaldet. Deshalb hat man Sichtmöglichkeiten bis hin zum Brocken, bis zum Kyffhäuser, in östlicher Richtung bis zum Petersberg bei Halle und in südlicher Richtung bis zu diesem Plateau kurz vor Naumburg, wo heute die Neuenburg draufsteht. Alles das konnte man vom Mittelberg aus sehen. Und kann man heute vom Turm aus sehen. Und deshalb konnte man auch vom Mittelberg aus solche astronomischen Bezüge festmachen, wie den Sonnenuntergang zur Sommersonnenwende neben dem Brocken."
Der wohl auf der Himmelsscheibe dargestellt ist.
Obwohl Sachsen-Anhalt ein eher kleines Bundesland ist, hat man gut zu tun, will man alle Schätze sehen. Das Buch "Architektouren - 100 Bauten aus 1000 Jahren" soll Gästen und Einheimischen gleichermaßen Anregung sein.
"Sachsen-Anhalt ist ja in seiner über 1000-jährigen Geschichte altes Land, wenngleich als Bundesland erst 1990 nach der Wende wieder. Und mein persönliches Anliegen ist es auch, den Sachsen-Anhaltern selbst zu erzählen, wie viele interessante Orte, Gebäude und Geschichten es in diesem Land gibt. Man soll dieses Buch in die Hand nehmen, es hat ja Taschenformat, und diese 100 schönsten des Landes für sich auf eine ganz eigene Art entdecken. Das ist mein innigster Wunsch."
Die Wanderausstellung "100 Bauten aus 1000 Jahren - Architektouren durch Sachsen-Anhalt" wird im Mai 2013 in Tangermünde zu sehen sein und im Juni in Magdeburg.