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125. Geburtstag des Ex-Bundestrainers
Sepp Herberger - taktisch war er revolutionär

Der Fußball ermöglichte ihm den sozialen Aufstieg, als Spieler und als Nationaltrainer. Das "Wunder von Bern", der überraschende Gewinn der Weltmeisterschaft mit der bundesdeutschen Elf 1954, verlieh Sepp Herberger geradezu unsterblichen Ruhm.

Von Eduard Hoffmann |
Der einstige Fußball-Bundestrainer Sepp Herberger (l.) wird nach der Rückkehr vom WM-Turnier 1954 in der Schweiz auf dem Münchner Hauptbahnhof stürmisch begrüßt.
Der einstige Fußball-Bundestrainer Sepp Herberger (l.) wird nach der Rückkehr vom WM-Turnier 1954 in der Schweiz auf dem Münchner Hauptbahnhof stürmisch begrüßt. (picture-alliance / dpa - Gerhard Rauchwetter)
"Gekickt habe ich schon sehr früh, was transportabel war, hat 'n Tritt bekommen, ich bin noch nicht zur Schule gegangen, da hab ich schon gekickt."
In Mannheim hat alles angefangen mit Josef „Sepp“ Herberger und dem Fußball. Am 28. März 1897 wurde er geboren, auf dem Waldhof, in der Arbeitersiedlung eines Spiegel-Fabrikanten, bei dem der Vater arbeitete.
Die Volksschule schloss er als Klassenbester ab. Das Gymnasium jedoch blieb ihm verwehrt. Der Vater starb, es konnte kein Schulgeld gezahlt werden. Sepp musste als Hilfsarbeiter mithelfen, die Familie zu ernähren. Fußball aber blieb weiterhin die große Leidenschaft:

Als Nationalspieler kam er nur dreimal zum Einsatz

"Und mit dem zunehmenden Alter war ich immer mehr dem Ball verfangen, hab täglich mit dem Ball gespielt und hab so angefangen wie mit jungen Jahren, schon mit 16 in die damals erste Mannschaft von Waldhof gekommen.“
Der talentierte Halbstürmer wurde Nationalspieler, kam aber nur dreimal zum Einsatz. Vom Arbeiterverein SV Waldhof wechselte er zu Phönix und dann zum VfR Mannheim, einem wohlhabenden bürgerlichen Klub. Hier fand der ambitionierte Fußballer mehr Möglichkeiten für seinen sportlichen Aufstieg.
Zunächst aber kam eine lebenslange Verbandssperre. Denn Herberger hatte für den Wechsel zu Phönix 10.000 Mark Handgeld kassiert. Das verstieß gegen die Amateurstatuten. Nachdem er Einspruch eingelegt und das Geld zurückgezahlt hatte, wurde die Sperre auf ein Jahr reduziert.

Fußball-Historiker: "Er war ein Mitläufer"

Die nächste Station war 1926 Tennis Borussia Berlin. An der DHFL, der Deutschen Hochschule für Leibesübungen, konnte der wissbegierige Sportler auch ohne Abitur ein Studium zum Diplom-Turn- und Sportlehrer aufnehmen. Sepp Herberger schloss als Jahrgangsbester ab. Er wurde Trainer bei Tennis Borussia, dann beim Westdeutschen Spielverband, und schließlich ab 1936 Reichstrainer. Bereits 1933 war er in die NSDAP eingetreten.
"Er war ein Mitläufer, der mit voller Berechnung in die Partei eingetreten ist, um auch Karriere zu machen. Was er nicht gewesen ist, er war kein überzeugter Nationalsozialist. Das haben ihm auch viele bescheinigt“, erklärt der Direktor des Deutschen Fußball Museums und Herberger-Kenner Manuel Neukirchner. Er hat die 1.500 Bücher starke Privatbibliothek des Autodidakten wissenschaftlich untersucht und unter anderem entdeckt, dass der belesene Fußballlehrer etwa für seine Taktik vor allem Militärstrategen wie Carl von Clausewitz oder Mao Tse-Tung zu Rate gezogen hat. Neukirchner hält Sepp Herberger für einen großen Neuerer.
"Sie müssen sich das so vorstellen, dass damals mit sehr starren Positionen gespielt worden ist, jeder hatte seine Position, die nicht verlassen worden ist, das war alles sehr starr. Und Herberger hat gesagt, die fünf offensiv ausgerichteten Spieler sollen sogar ihre Positionen tauschen, verlassen, und das war revolutionär. Das war damals völlig was Neues. Und das hat er dann auch, ja, in der Vollendung auch 1954 gespielt in der Schweiz.“

Der "Chef" konnte auch gallig werden

Und  da erklang Reporter Herbert Zimmermanns legendäres, "Aus, aus, aus, aus – Deutschland ist Weltmeister!"- das sogenannte Wunder von Bern, als die deutsche Elf überraschend Weltmeister wurde, verschaffte Deutschland wieder internationale Anerkennung. Sepp Herberger wurde zur Trainer-Legende. Für die jungen Spieler war der bescheidene und zugewandte Mann, der durchaus auch mal giftig und gallig werden konnte, wie ein Vater. Sie nannten ihn meist nur kurz "den Chef“.
Die deutsche Nationalmannschaft mit Trainer Sepp Herberger (2.v.l.) nach dem WM-Triumph 1954.
Die deutsche Nationalmannschaft mit Trainer Sepp Herberger (2.v.l.) nach dem WM-Triumph 1954. (imago images/Ferdi Hartung)
"Sepp Herberger hatte Autorität, ohne dass man es besonders bemerkte. Er war einer, der Ausstrahlung hatte, und dem man nichts vormachen konnte", sagte sein Spieler und Nachfolger als Bundestrainer Helmut Schön. Detmar Cramer, ebenfalls Herberger-Schüler und später erfolgreicher Trainer, sprach von einer "ganz starken Führerpersönlichkeit“.
"Er hatte ein Talent der Vereinfachung, wie Konrad Adenauer in der Politik. Er konnte die kompliziertesten Dinge ganz einfach sagen. Und diese Begabung, die Überzeugungskraft, das Auftreten, die Haltung, die Disziplin und Selbstdisziplin haben ihn zu diesem starken Trainer gemacht.“
Sepp Herberger war ein Mann der leisen Töne, oft etwas knorrig und spröde, aber stets freundlich und charmant. Er war populär wie kaum ein anderer - 1964 endete die Trainerkarriere des hintersinnigen Taktik-Fuchses. Der "Bundes-Sepp“, wie er oft genannt wurde, starb 1977. Noch heute ist der Fußball-Besessene in vielen Herzen lebendig, und die Sepp-Herberger-Stiftung des Deutschen Fußball-Bundes hält die Erinnerung an den beliebten Sportsmann weiter aufrecht