"Wenn man sich einmal dem großen Endziel nähert, muss man das Recht erworben haben, sich zu sagen: ‚Ich habe getan, was ich konnte'". Louis Pasteur konnte sich am Ende seines Lebens sicher sein, dass er dieses Recht hatte. Er blieb immer einem Motto treu: Man muss arbeiten. Doch sein unermüdlicher Fleiß war nur eine der Eigenschaften, die ihm half, zu einem der größten Wissenschaftler seiner Zeit zu werden.
Louis Pasteur stammte aus eher einfachen Verhältnissen. Er wurde 1822 als Sohn eines Gerbers in Dole, im Osten Frankreichs geboren. Zu dieser Zeit gab es nur nebulöse Vorstellungen darüber, was ansteckende Krankheiten auslöste. Ebenso rätselhaft war, was Lebensmittel verderben ließ. Doch zu diesen Fragen kam Pasteur erst später in seiner Laufbahn als Forscher, erzählt Christoph Gradmann, Professor für Medizingeschichte an der Universität Oslo. "Pasteur war von Haus aus Chemiker und hat sich seine Sporen und auch seinen Ruhm erworben mit Kristallographie."
Erkenntnisgewinne dank Bier und Wein
Schon als Doktorand in Paris war Pasteur ein genauer Beobachter mit einem Blick für entscheidende Details unter dem Mikroskop. Das galt nicht nur für Kristalle, sondern später auch für winzige Lebewesen. Die machte Pasteur für gewollte und ungewollte Gärungsprozesse in Traubensaft verantwortlich. Auch an der praktischen Anwendung seiner Forschung interessiert, bewies Pasteur später als Professor in Paris, dass schonende Erhitzung Keime abtötete, so Christoph Gradmann. "Die Pasteurisierung zum Beispiel ist etwas, das zunächst einmal zur Wein-Reinhaltung entwickelt worden ist, dass man den Wein besser lagern konnte. Die aber dann eben popularisiert wird, die sich auf alles Mögliche, zum Beispiel zur Lagerung von Milch und so weiter, anwenden lässt."
Von dort war für Pasteur der Weg nicht mehr weit zu ansteckenden Krankheiten: "Wenn man sieht, wie Bier und Wein tiefgreifende Veränderungen erleiden, weil Mikroorganismen sich in diesen Flüssigkeiten angesiedelt haben, dann muss man von dem Gedanken beherrscht sein, ob nicht Ereignisse gleicher Art auch manchmal bei Menschen und Tieren vorkommen können und müssen." Zu dieser Zeit war Louis Pasteur aufgrund körperlicher Leiden als Chemieprofessor an der Sorbonne im Ruhestand – mit gerade mal Anfang 50. Doch er war gut vernetzt. So gelang es ihm, Mittel einzuwerben, um an der "École normale supérieure" in Paris in einem Labor mit Assistenten zusammen an Infektionskrankheiten zu forschen.
Dazu Christoph Gradmann: "Pasteur verstand es ausgezeichnet, glaube ich, Wissenschaft nicht nur durchzuführen, sondern sie sozusagen als Sensation auch in die Öffentlichkeit hinein zu lancieren."
Waghalsiger Impstoff-Test
So zum Beispiel auch bei seinen beiden größten medizinischen Erfolgen: bei der Bekämpfung von Milzbrand und Tollwut. Pasteur glaubte, dass sich die Gefährlichkeit von Krankheitserregern abschwächen ließ. Und dass die gezähmten Keime in einem Körper nicht nur keinen Schaden anrichteten, sondern sogar zu einem Schutz vor der Infektionskrankheit führen konnten. Damit erschuf er eine Theorie zur Herstellung von Impfstoffen.
Im Fall von Milzbrand bewies Pasteur 1881 vor großem Publikum bei einem öffentlichen Versuch auf dem Land, dass sein Impfserum Schafen das Leben rettete. Dagegen machte der Tollwut-Erreger es Pasteur zunächst schwer, einen Impfstoff zu entwickeln. Denn er war selbst unter dem Mikroskop nicht zu sehen. Es ist ein dafür viel zu kleines Virus, was Pasteur aber damals noch nicht wissen konnte. Christoph Gradmann: "Wichtig für den Tollwut-Impfstoff war, dass er die Annahme hatte, dass der Impfstoff sowohl vorbeugend als auch therapeutisch wirken könne, wenn man ihn früh genug anwandte." Das testete Pasteur schließlich im Juli 1885 an einem neunjährigen Jungen aus dem Elsass. Joseph Meister war zwei Tage zuvor von einem offenbar tollwütigen Hund gebissen worden. Pasteur behandelte das Kind mit einer Impftherapie, die er bis dahin nur an Versuchshunden erprobt hatte. Dabei konnte er sich nicht sicher sein, dass seine Therapie für Menschen ungefährlich war. Doch, so Christoph Gradmann, "Joseph Meister überlebte, und kurze Zeit später stand der Impfstoff zur Verfügung, und viele andere wurden behandelt damit. Das heißt also, diese Demonstration dient ebenso sehr dem Nachweis der Wirksamkeit des Impfstoffes wie seiner Publikation."