Der Hintergrund ist azurblau, durchzogen von wenigen weißen Partien, die zerrissene Wolken sein könnten. Davor türmt sich eine amorphe Masse auf, die an einen halb verkohlten Wald denken lässt. Aus schwarzer Grundierung wachsen vereinzelnd helle Strukturen hervor, gelb, rot und grün schimmernd. Und hinter dieser bizarren Szenerie erhebt sich ein schwarz-roter, mächtiger Ring. Max Ernst gab dem Bild den Titel "Wald". Die Kunsthistorikerin Pia Müller-Tamm schildert eines der Verfahren, die Max Ernst in den Zwanzigerjahren in Paris für sich entdeckte:
"Das Große und das Kleine kommt da ganz nah zusammen. Es ist tatsächlich diese große Rundform, die eben mit Sonne, Mond konnotiert ist, und auf der anderen Seite haben wir diese Mikrostrukturen, die eingelagert sind in dem Bild. Es ist nach dem Verfahren der Grattage entstanden, das auf der Grundlage der Frottage in der Malerei weiterentwickelt wurde. Das heißt, Max Ernst hat eine Leinwand mit mehreren Farbschichten versehen, und als die Farbe noch feucht war, hat er Holzstücke, Muscheln und andere Dinge aus der Natur unter die Leinwand gelegt und hat es dann von der Oberfläche her abgerieben."
"Das Große und das Kleine kommt da ganz nah zusammen. Es ist tatsächlich diese große Rundform, die eben mit Sonne, Mond konnotiert ist, und auf der anderen Seite haben wir diese Mikrostrukturen, die eingelagert sind in dem Bild. Es ist nach dem Verfahren der Grattage entstanden, das auf der Grundlage der Frottage in der Malerei weiterentwickelt wurde. Das heißt, Max Ernst hat eine Leinwand mit mehreren Farbschichten versehen, und als die Farbe noch feucht war, hat er Holzstücke, Muscheln und andere Dinge aus der Natur unter die Leinwand gelegt und hat es dann von der Oberfläche her abgerieben."
Automatisches Malen
Vor der Grattage hatte Ernst die Frottage für sich entdeckt. Diese entstand aus dem simplen Durchreiben der Strukturen eines Dielenbodens, von Blattgerippen oder Fundstücken auf ein Stück Papier. Er nannte den auf diese Weise entstandenen Graphik-Zyklus "Histoire Naturelle", Naturgeschichte. Seine Verfahren des automatischen Zeichnens oder Malens waren Max Ernsts Antwort auf surrealistische Verfahren wie das automatische Schreiben, die écriture automatique. Über diese Techniken spürte er den Strukturen des Unterbewussten nach, des Absurden und des Phantastischen. Grundlegend aber für seine Kunst war das Prinzip der Collage. Dazu O-Ton Max Ernst:
"Collage war ein gewisses Verbrechen. Das heißt, man tat der Natur Gewalt an."
"Collage war ein gewisses Verbrechen. Das heißt, man tat der Natur Gewalt an."
Dada und Collage
Die Berliner Dadaisten hatten die Collage als politische Waffe genutzt. Kanonen, übergewichtige Fabrikbesitzer, Hungerleider und Invaliden wurden aus Pressefotos isoliert und disparat wieder zusammenfügt. Sie prangerten die Sinnlosigkeit des Ersten Weltkriegs an, das überlebte Kaiserreich, den Kapitalismus. Max Ernst hingegen entlockte der Collage selbst als Dadaist poetische Töne. Er nannte sie:
"die systematische Ausbeutung des Zufälligen oder künstlich provozierten Zusammentreffens von zwei oder mehr wesensfremden Realitäten auf einer augenscheinlich dazu ungeeigneten Ebene. Und der Funke Poesie, welcher bei der Annäherung dieser Realitäten überspringt."
"die systematische Ausbeutung des Zufälligen oder künstlich provozierten Zusammentreffens von zwei oder mehr wesensfremden Realitäten auf einer augenscheinlich dazu ungeeigneten Ebene. Und der Funke Poesie, welcher bei der Annäherung dieser Realitäten überspringt."
Ehe mit Peggy Guggenheim währt kurz
Der am 2. April 1891 in Brühl bei Köln geborene Max Ernst studierte in Bonn Kunstgeschichte und Philosophie. Er beschäftigte sich mit der Kunst der "Geisteskranken", las Freud. Erstmals trat er als Mitglied der Kölner Dada-Bewegung in Erscheinung, doch zog es ihn 1922 zu seinen surrealistischen Dichterfreunden nach Paris. Zwanzig Jahre später lebte er als Ehemann von Peggy Guggenheim in New York, die ihm die Emigration aus dem von Hitlers Truppen besetzten Frankreich ermöglicht hatte. Doch hält Max Ernst ein Leben an der Seite der exzentrischen Kunstsammlerin nicht lange durch. Ab 1943 lebt und arbeitet er mit der Malerin Dorothea Tanning in Arizona, später in Huismes an der Loire und in Südfrankreich. Dazu Pia Müller-Tamm:
"Max Ernst hat von sich selbst gesagt, dass es ihm geglückt sei, sich nicht zu finden. Das sei sein größtes Verdienst gewesen. Das heißt, er war ein Künstler mit einer immensen Unruhe in sich, ein Künstler, der immer wieder jede Aufgabe neu angegangen ist, der sich auf keine erprobten Verfahren verlassen hat, sondern der ein immense Innovationsfreude in sich getragen hat."
Max Ernst als Referenz - und Lizenz
Als Max Ernst am 1. April 1976 in Paris im Alter von 84 Jahren starb, hinterließ er ein vielfältiges, aber auch rätselhaftes Werk. Er begründete keine Schule, doch diente er anderen Künstlern wie Sigmar Polke als Referenz, als Lizenz, alles mit seiner Kunst ansteuern zu können: das Große und das Kleine, das Triviale und Banale, genauso gut wie die Fragen nach Bewusstsein, Existenz, Natur und dem kosmischen Ganzen