Wiener Jugendstil: Der erste der elf "Ländlichen Tänze" – das Opus 1 des 20-jährigen Alexander von Zemlinsky, der am 14. Oktober 1871 in Wien geboren wurde. Weder stammte er aus einer Musikerfamilie noch war er ein Wunderkind, und auch sein Klavier- und Kompositionsstudium am Wiener Konservatorium verlief eher solide als brillant. Immerhin fand seine Abschlussarbeit Anerkennung und Lob – eine Symphonie in d-Moll, ganz im Geiste des bewunderten Johannes Brahms.
Aber bald schon sollte Zemlinsky neue, eigene Wege gehen: Er löste sich von Brahms und der Harmonik Richard Wagners, stieß an die Grenzen der Dur/Moll-Tonalität und entwickelte vor allem in seinen Vokalwerken einen extrem aufgeladenen Stil, den man später als »Wiener Espressivo« bezeichnen wird.
Leidenschaftliche Affäre mit der späteren Alma Mahler
In den 1890er- und 1900er-Jahren gehörte er zu den gefragtesten Musikern Wiens – als Komponist, Pianist, Dirigent und Lehrer. Zu seinen Schülern gehörten Erich Wolfgang Korngold und der drei Jahre jüngere Arnold Schönberg, der 1901 Zemlinskys Schwester Mathilde heiratete. Seit 1900 unterrichtete er auch die 21-jährige Alma Schindler in Komposition. Es entwickelte sich eine leidenschaftliche Affäre, obgleich Alma ihren nur ein Meter 59 großen Lehrer anfangs »furchtbar häßlich« fand: »Er ist das komischste, was es gibt: Eine Carricatur – kinnlos, klein, mit herausquellenden Augen und einem zu ›verrückten‹ Dirigieren – und doch gefiel er mir ausnehmend."
Unterdessen widmete ihr Zemlinsky die "Fünf Gesänge Opus 7". Als Alma sich 1902 von ihm trennte und den Hofoperndirektor Gustav Mahler heiratete, war Zemlinsky völlig verzweifelt; noch viele Jahre später hallte die Zurückweisung in der Oscar-Wilde-Oper Der Zwerg nach.
Von Wien nach Prag
Werke wie die Orchesterfantasie "Die Seejungfrau" oder die "Oper Kleider machen Laute" festigten seinen Namen als Komponist, aber vor allem als Dirigent verlief Zemlinskys Karriere geradlinig weiter: 1900 ging er ans Wiener Carltheater, im September 1903 wechselte er ans Theater an der Wien, ein Jahr später an die Volksoper, 1911 schließlich als Musikdirektor an das Neue deutsche Theater nach Prag. Sechzehn Jahre blieb er hier, gefeiert für seine Mozart- und Wagner-Aufführungen, und hier in Prag entstand auch 1922/23 sein bis heute bekanntestes Werk: Die "Lyrische Symphonie op. 18", nach Gedichten von Rabindranath Tagore – eine Art Spiegelbild von Mahlers Lied von der Erde.
1927 folgte er einem Ruf an die Berliner Kroll-Oper, als Erster Kapellmeister unter Otto Klemperer. Zemlinsky – seit 1906 Protestant – war zwar nicht religiös, aber sephardischer Herkunft; so spürte er umso drückender das Aufkommen des Nationalsozialismus – etwa bei den Agitationen gegen Kurt Weills "Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny", die er in Berlin einstudierte. Auch nach seiner Rückkehr nach Wien 1933 als Dirigent des Konzertorchesters wurde die Lage nicht besser, und im November 1938 gelang ihm mit seiner zweiten Frau Louise gerade noch die Flucht ins Exil nach New York. Unter dem Pseudonym »Al Roberts« versuchte er hier, noch einmal als Song-Komponist Fuß zu fassen – vergebens. Am 15. März 1942 starb Alexander von Zemlinsky, 71 Jahre alt, in Larchmont.