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150 Jahre Frankfurter Palmengarten
Botanische Weltreise mitten in der Stadt

Ein Ort der Erholung, der Bildung und der imaginierten Weltreise: Der Frankfurter Palmengarten begeistert jährlich 600.000 Besucher und zählt zu den schönsten innerstädtischen Gärten Deutschlands. Seine Gründung verdankt er einer Initiative des hessischen Gartenkünstlers Heinrich Siesmayer vor 150 Jahren.

Von Rudolf Schmitz |
    Innenansicht eines Palmenhauses im Frankfurter Palmengarten
    Als neue Attraktion plant der Frankfurter Palmengarten ein Schmetterlingshaus (imago stock&people / Möbus)
    Wie viele deutsche Fürsten ließ auch Herzog Adolph von Nassau für seine Residenz in Biebrich bei Wiesbaden großartige Pflanzenhäuser bauen, für die er exotische Gewächse zusammentrug: Palmen, Kamelien, Orchideen, Farne. Die Frankfurter pilgerten dorthin, um die "Wintergärten" zu bewundern. 1866 war es damit vorbei. Die Preußen annektierten das Herzogtum Nassau und die Freie Stadt Frankfurt.
    "Der Herzog von Nassau hat verloren gegen die Preußen, mit dem Unglück verbunden, dass er seine Pflanzensammlung verkaufen musste. Und dann kam eben Siesmayer ins Spiel und sagte den Frankfurtern: Das müsst ihr euch holen, unbedingt".
    Ohne dieses Kriegspech und den Frankfurter Gärtner und Gartenkünstler Heinrich Siesmayer hätte es den Palmengarten nie gegeben, so sein Direktor Matthias Jenny. Siesmayer, dem nicht nur Frankfurt viele Parks und Gartenanlagen verdankt, kannte den Wert der Biebricher Pflanzensammlung.
    Ein revolutionärer Bau
    Am 6. Mai 1868 initiierte er ein Komitee "Zum Erwerb der Biebricher Wintergärten". Wohlhabende Frankfurter Bürger gründeten eine Aktiengesellschaft und beschlossen, auf einem gepachteten Gartengelände im Zentrum der Stadt ein Palmen- und Gesellschaftshaus zu bauen.
    "Das Palmenhaus hat ohne Säulen, ohne Stützen eine freitragende Konstruktion. Die war damals revolutionär, und man sagt, sie sei abgekupfert worden von der Weltausstellung in Paris".
    Ein Symbol für Exotik, Bildung und Freizeitvergnügen
    Palmenhaus und Gesellschaftshaus gingen ineinander über und symbolisierten damit die gewünschte Einheit von exotischer Erfahrung, Bildung und Freizeitvergnügen. Das Gesellschaftshaus war Ort für Konzerte, Tanz- und Opernveranstaltungen. Vor dem Haupteingang lag das "Blumen-Parterre", wie Siesmayer es nannte. Dort waren feine, teppichartige Muster aus einheimischen Zierpflanzen und Blumen zu sehen, die der Gartenkünstler mit Palmen, Agaven oder seltenen Koniferen kombinierte. Gewächshäuser mit exotischen Pflanzen waren eingebettet in eine Parklandschaft nach englischem Vorbild, mit Grotten, Wasserfällen oder einem Alpengarten mit Schweizerhaus.
    Goldkugelkakteen (Echinocactus grusonii), auch umgangssprachlich Schwiegermuttersitz genannt. Aufgenommen im Botanischen Garten in Bonn.
    Zwei Kakteen (picture alliance / dpa / Wolfgang Moucha )
    "Die Nutzer, die waren ursprünglich die besseren Leute von Frankfurt, eben die Aktionäre, und heute ist es im besten Sinn ein Volksgarten, da hat sich vieles geändert."
    Die Attraktion des Frankfurter Palmengartens ist heute noch immer die Kombination von Gewächshauspalästen für tropische Pflanzen und großzügigem Landschaftsgarten.
    "Der Englische Garten, das sind diese Brezelwege, nennt man sie auch, diese verschlungenen Wege. Und das merkt man auch jetzt noch: Der Palmengarten ist 22 Hektar groß, aber völlig unübersichtlich. Wenn man drin ist, denkt man, er sei viel größer."
    Bis heute ein Publikumsmagnet
    Publikumsmagnet ist das in den 1980er-Jahren gebaute Tropicarium. Sternförmig zusammengefügte Gewächshäuser lassen verschiedene Klimazonen, Biotope und charakteristische Pflanzen für Regenwälder oder Wüsten erleben: Mangroven, Bromelien, Aaronstabgewächse oder die kugelig dicken Schwiegermuttersitz-Kakteen.
    "Da haben wir weltweit eine der größten Gewächshausanlagen, wo Vegetationszonen von der Wüste bis zum Regenwald gezeigt werden, und zwar nicht alle Kakteen zusammen und nicht alle Orchideen zusammen, sondern richtige tropische Vegetationstypen. Da ist der ganze Tropengürtel vereint auf engstem Raum, und das ist einmalig."
    Der größte Wunsch des scheidenden Palmengartendirektors ist ein neuartiges Blüten- und Schmetterlingshaus, benannt nach Maria-Sybilla Merian, der 1647 in Frankfurt geborenen naturforschenden Künstlerin.
    "Also dort wird es sehr warm sein, und man kann die Schmetterlinge beobachten, wie sie aus der Puppe schlüpfen. Und wie sie sich sogar auf die Schulter oder auf die Hand setzen."
    Im Frankfurter Palmengarten, dieser Oase der Ruhe inmitten einer turbulenten Stadt, lässt sich eine botanische Weltreise erleben. Das Maria-Sybilla-Merian-Haus dürfte seine Attraktivität auch für künftige Zeiten sichern.