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150 Jahre Louis Vierne
Edle Orgelkunst

Louis Vierne führte die Orgelsinfonie zu ihrem goldenen Ende. Den vielen schweren Herausforderungen in seinem Leben trotzte er immer voller Demut vor der Kunst und in deren Dienst. Annährung an den letzten wichtigen Organisten und Komponisten der französischen Orgelromantik.

Von Maria Gnann |
    Vor einem rosettenförmigen Kirchenfenster aus blauem, rotem und lilafarbenem Glas stehen viele metallene Orgelpfeifen, eingebundem von reich verziertem Holz.
    So farbenreich wie das berühmte Fenster über der großen Orgel der Kathedrale von Notre Dame funkelt, scheinen die Scherzi von Louis Vierne davon inspiriert zu sein. (picture-alliance/Godong)
    Ein einziger Pedalton hing noch in der Luft, als Louis Vierne am 2. Juni 1937 am Spieltisch "seiner" Orgel zusammenbrach und starb. 37 Jahre hatte er das Cavaillé-Coll-Instrument in der Pariser Notre-Dame Kirche beherrscht – technisch perfekt und hochvirtuos – und darauf anspruchsvolle, düster-chromatische Werke geschaffen, die bis heute zur Ausbildung am Pfeifeninstrument dazugehören. Koboldhaft funkelnde Scherzi prägen seine Orgelsymphonien, aber auch ein zunehmend schwermütiger Tonfall. Ab 1906 erlebte der Komponist eine "pure Aneinanderreihung von Katastrophen": Er brach sich das Bein und erkrankte an Typhus. Seine Frau verließ ihn, sein Sohn wurde erschossen, sein Bruder von einer Granate getötet. Und Viernes gesamtes Vermögen versickerte ab 1916 in einem Schweizer Sanatorium, in dem er sich mehrere Jahre wegen seines Augenleidens aufhalten musste. An Grauem Star litt Vierne seit seiner Geburt am 8. Oktober 1870. Heute, 150 Jahre später, wird noch immer an sein Leben und Werk erinnert, zum Beispiel von Olivier Latry, dem jetzigen Titularorganisten von Notre-Dame, der in dieser Sendung zu Wort kommt.