Als Adam Johann von Krusenstern 1770 auf dem Gut Haggud im damals russischen Estland geboren wurde, befand sich Captain James Cook auf seiner ersten Südseereise. Die stolzen Eltern konnten nicht ahnen, dass ihr achtes Kind einmal selbst um die Welt segeln sollte. "Seine Eltern waren Deutsch-Balten und Protestanten und lebten in einfachen Verhältnissen, auch wenn sie ein eigenes Gut bewirtschafteten", erklärt Eike Eckert, Kurator am Ostpreußischen Landesmuseum in Lüneburg. Ihm zufolge führte Krusenstern ein "im Grunde genommen normales adliges Leben ohne größere Vergünstigungen".
"Schweigsam, kantig und spröde"
Krusenstern besuchte die Domschule in Reval, dem heutigen Tallinn, und trat mit 14 in das Seekadettenkorps in Kronstadt ein. Er sollte in der russischen Marine Karriere machen, nannte sich fortan "Iwan Fjodorowitsch". Sein Mitschüler Juri Lissjanski beschrieb ihn als "seriös, konzentriert, zugeknöpft, schweigsam, kantig und spröde".
Die Zeit im Kadettenkorps endete abrupt, als der 17-Jährige zusammen mit 141 seiner Kameraden den Dienst in der russischen Flotte antreten musste. Es herrschte Krieg mit den Türken und bald mit den Schweden. Krusenstern diente auf dem Schiff von Kapitän Grigory Ivanovich Mulovsky, fand in ihm einen Freund und Förderer. Mulovsky hatte für Katharina die Große eine Weltreise geplant, die jedoch nie stattfand, da er in einem Gefecht ums Leben kam. Für Historiker Eike Eckert ist es, "nicht unwahrscheinlich, dass Krusenstern damals von seinem Kapitän schon einen ersten Entwurf für diese Weltreise erzählt bekommen hat".
Ausbildung in der britischen Flotte
Entdeckungsreisen begeisterten Krusenstern. Nach dem Friedensschluss mit Schweden wurde der junge Adelige, der durch Tapferkeit, Ehrgeiz und Bildung aufgefallen war, nach Großbritannien versetzt: zur Ausbildung in der britischen Flotte. Die Fahrten, die er unternehmen durfte, führten ihn unter anderem nach China. Ihn beeindruckte zutiefst, wie effizient England dort seinen Handel aufzog: "Während meines Aufenthalts in Canton kam ein kleines Schiff, welches von einem Engländer geführt ward, von der Nordwest-Küste von Amerika in Canton an. Die Ladung, welche es brachte und die nur aus Rauchwerk bestand, ward für 60.000 Piaster verkauft."
Das Chinageschäft lockte
Welche Gewinne wären da erst für die russischen Pelze zu erzielen! 1800 nach Russland zurückgekehrt, trieb Krusenstern die Idee einer Weltreise voran. Dabei betonte er die wirtschaftliche Seite: Die fernsten Territorien Russlands waren mit dem Schiff sehr viel schneller zu erreichen als über Land - und das Chinageschäft lockte, so Eike Eckert.
"Die Vorlage für diese Reise wurde zunächst abgetan. Erst als mit Alexander I. 1801 ein neuer Kaiser auf den russischen Thron kam, gelang es einem Fürsprecher von Krusenstern im Wirtschaftsministerium, den Kaiser auf diese Dinge aufmerksam zu machen." Und am 7. August 1803 begann die Expedition - als die beiden Schiffe "Nadeschda" und "Newa" aus Kronstadt absegelten: "Am 7. August morgens um 9 Uhr wandte sich der Wind. Um 10 Uhr waren wir unter Segel. Der Admiral Channikoff kam an Bord, uns eine glückliche Reise zu wünschen und begleitete uns bis zum Wachtschiff, das in einer Entfernung von vier Meilen von Kronstadt liegt."
Prekäre Proviantsituation
Die Reise führte über Teneriffa und Brasilien um das Kap Horn herum in den Pazifik. Einer der Höhepunkte: der Aufenthalt auf der Insel Nuku Hiva, heute Teil von Französisch-Polynesien. In Krusensterns Reisebericht spielt die damals sehr komplizierte Versorgung der Mannschaft mit frischen Lebensmitteln eine große Rolle: "Da ich erfuhr, dass eben nicht viele Schweine vorhanden wären, so erklärte ich, dass Äxte und Beile nur gegen sie vertauscht werden sollten. Um den Eintausch von Lebensmitteln zu befördern, hatte ich sogleich bey meiner Ankunft der Schiffsmannschaft untersagt, irgendetwas, sogar keine Seltenheiten, von den Eingeborenen zu tauschen."
Die Reise war in wirtschaftlicher und wissenschaftlicher Hinsicht ein großer Erfolg: Zuvor wenig bekannte Küsten wurden exakt aufgenommen, es gab neue Erkenntnisse in der Nautik, Ozeanografie, Astronomie und Ethnologie. Nur der Versuch, handelspolitische Beziehungen mit Japan aufzunehmen, schlug fehl.
1806 zurückgekehrt, verfasste Krusenstern den Expeditionsbericht und den Atlas der Südsee. Er wurde korrespondierendes Mitglied wissenschaftlicher Gesellschaften und Direktor der Seekadettenanstalt in Kronstadt, die er reformierte. Schließlich schied er im Rang eines Admirals aus. Er starb am 24. August 1846 auf Schloss Ass im Nordosten Estlands.