Jitzchak Rabin und Jassir Arafat geben sich die Hand, dahinter steht Bill Clinton: Das Foto von der Unterzeichnung des Oslo-Abkommens im September 1993 ging um die Welt und prägt bis heute das Bild des israelischen Ministerpräsidenten. Doch Rabin war kein charismatischer Politiker, betont der Historiker und Rabin-Biograph Itamar Rabinowich:
"Die israelische Öffentlichkeit bewunderte ihn nicht, weil er das Charisma von Ben Gurion oder Moshe Dayan gehabt hätte. Die israelische Öffentlichkeit bewunderte ihn, weil er eine Autorität in Sachen nationale Sicherheit war und weil er aufrichtig war. Die Leute vertrauten ihm, das war die Quelle seiner politischen Stärke."
1922 in Jerusalem geboren, begann Rabins militärische Karriere in den Einheiten der Palmach, einer paramilitärischen Gruppe, die für die Errichtung des jüdischen Staates kämpfte. 1964 wurde er Chef des Generalstabs der israelischen Armee. Der triumphale Sieg gegen Ägypten, Jordanien und Syrien im Sechstagekrieg drei Jahre später ist eng mit ihm verbunden. Am 8. Juni 1967 verkündet er voll Stolz:
"Heute befindet sich de facto das gesamte Landgebiet westlich des Jordans in unserer Hand, einschließlich der Altstadt von Jerusalem, einschließlich Jericho am Toten Meer."
Doch der Chef der israelischen Armee spürte, dass durch die neuen Territorien nicht nur die Sicherheit Israels gewachsen, sondern auch der Charakter des Staates gefährdet war: Israel war zur Besatzungsmacht geworden. 1976, Rabin war inzwischen in die Politik gewechselt und seit zwei Jahren Ministerpräsident des Landes, übte er in einem Interview harsche Kritik an der nationalreligiösen Siedlerbewegung Gush Emunim, die in der Palästinensergebieten systematisch Siedlungen errichtete:
"Das ist keine Siedlerbewegung, das ist ein Krebsgeschwür im sozialen und demokratischen Gewebe Israels, eine Gruppierung, die das Gesetz in die eigenen Hände nimmt. Ich glaube nicht, dass man so auf Dauer existieren kann, jedenfalls nicht, wenn man keine Apartheid gegenüber eineinhalb Millionen Arabern in einem jüdischen Staat haben möchte."
Mit harter Hand gegen die erste Intifada
Als gut zehn Jahre später die erste Intifada ausbrach, war Rabin Verteidigungsminister. Er rief die Sicherheitskräfte auf, mit äußerster Härte gegen die Steinewerfer vorzugehen. Doch er wusste auch, dass das keine Lösung war. In seiner zweiten Amtszeit als Ministerpräsident nahm Rabin 1992 Geheimverhandlungen mit den Palästinensern in Oslo auf. Für das Abkommen ein Jahr später erhielt er gemeinsam mit Außenminister Schimon Peres und PLO-Chef Arafat den Friedensnobelpreis. Doch innenpolitisch wurde Rabin als Verräter beschimpft und auf Transparenten in Nazi-Uniform gezeigt. In dieser tief gespaltenen Situation fand am 4. November 1995 in Tel Aviv eine Großdemonstration für den Frieden statt. Jitzchak Rabin sprach vor 100.000 Anhängern:
"Ich bin überzeugt, eine Mehrheit des Volkes will Frieden und will für einen Frieden auch Risiken in Kauf nehmen. Denn die Gewalt zerstört die Grundlage der israelischen Demokratie. In einer Demokratie gibt es Meinungsverschiedenheiten, aber Entscheidungen werden in demokratischen Wahlen getroffen. Deshalb haben wir das Mandat, das zu tun, was wir tun, und wir werden diesen Weg fortsetzen."
Israels Rechtswende
Als Rabin die Bühne verließ, wurde er von einem rechtsextremen israelischen Jurastudenten erschossen. Er starb wenig später im Krankenhaus. Der Mörder, Jigal Amir, wurde zu lebenslanger Haft verurteilt. Die überwiegende Mehrheit der Israelis verurteilte den Anschlag, doch Amirs Grundüberzeugung, Rabin sei ein Verräter, weil er mit den Palästinensern über jüdischen Boden verhandelt habe, wurde und wird von vielen geteilt. Die Folgen des Attentats, so der Historiker Rabinowich:
"Es war ein Wendepunkt: die Schleusen waren offen, die Rechten haben die Offensive übernommen und sind jetzt an der Macht. Menschen, die an der Hetze beteiligt waren, sind jetzt in der Regierung, was für viele von uns inakzeptabel ist."
Ohne es direkt auszusprechen, richtet sich diese Kritik auch gegen den derzeitigen israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu. Als Oppositionsführer stand er 1995 an der Spitze jener Bewegung, die Rabin als Verräter brandmarkte.