"In mir paukt und trompetet es seit einigen Tagen sehr; ich weiß nicht, was daraus werden wird."
Das schrieb Robert Schumann im Dezember 1845 an seinen Freund und Kollegen Felix Mendelssohn Bartholdy. Was da in Schumanns Kopf tönte, waren vermutlich die ersten Ideen für eine Sinfonie in C-Dur.
"Schwindel", "nervöse Zustände"
Den Entwurf der Sinfonie brachte Schumann noch bis Ende des Jahres in nur 16 Tagen zu Papier. Die Instrumentierung und Ausarbeitung nahmen dann Monate in Anspruch. Schumann hatte eine lange Phase der Depression hinter sich und klagte über "Schwindel", "nervöse Zustände" und eine "schreckliche Schwäche". Das Komponieren habe da eine geradezu therapeutische Wirkung gehabt, schreibt er Jahre später:
"Die Symphonie schrieb ich im Dezember 1845 noch halb krank; mir ist's, als müsste man ihr dies anhören. Erst im letzten Satz fing ich an, mich wieder zu fühlen; wirklich wurde ich auch nach Beendigung des ganzen Werkes wieder wohler."
Ein Psychogramm ihres Komponisten ist die Sinfonie nicht
Dennoch lässt sich die C-Dur-Sinfonie nicht auf ein Seelenbild ihres Komponisten reduzieren. Schumann lotet darin die sinfonische Gattung neu aus und findet für sich zugleich zu einer neuen Kompositionspraxis, so Armin Koch von der Robert-Schumann-Forschungsstelle in Düsseldorf:
"Schumann selbst beschreibt, dass er ursprünglich mal so alle Gedanken sofort umgesetzt hat. In dieser Zeit ändert sich das, dass er von Anfang an verschiedene Möglichkeiten ausprobiert. Also, es gibt verschiedene Entwürfe, auch mehr oder weniger parallel. So dass er da auch noch seinen Weg gesucht hat, diese große Form neu zu füllen. Und da noch stärker daran zu arbeiten."
Das schwere Erbe Beethovens und Mozarts
Seit dem 18. Jahrhundert hatten Komponisten wie Joseph Haydn, Wolfgang Amadeus Mozart und vor allem Ludwig van Beethoven sinfonische Maßstäbe gesetzt. Ihr gewichtiges Erbe nahm sich Schumann ebenso zum Vorbild wie die "große" C-Dur-Sinfonie von Franz Schubert. Außerdem studierte er die Werke von Johann Sebastian Bach, was sich in seiner eigenen C-Dur-Sinfonie vor allem im Adagio des dritten Satzes spiegelt. Dazu Armin Koch:
"Es sind Motive, wie sie auch bei Bach vorkommen, nämlich chromatische Linien, die in romantischer Art weiterentwickelt werden. Aber man sieht trotzdem diese Zusammenhänge, und das ist auch das Besondere nicht zuletzt dieser Sinfonie. Dass die Sätze aufeinander bezogen sind, also vor allen Dingen der Finalsatz greift alle anderen Sätze wieder auf und zeigt eben letztlich diese Entwicklung, die in der Sinfonie drinsteckt."
Die Uraufführung fand am 5. November 1846 im Leipziger Gewandhaus statt. Schumann reiste aus Dresden an, wo er damals lebte. Die Leitung übernahm Gewandhauskapellmeister Felix Mendelssohn Bartholdy. Selbst für ihn eine anspruchsvolle Aufgabe, so Armin Koch:
"Es war so, dass Schumann mit dieser Sinfonie ganz besondere spieltechnische Herausforderungen gestellt hat, über die sich offensichtlich manche Musiker beklagt haben. Aber es wird mehrfach berichtet, dass Felix Mendelssohn Bartholdy sehr intensiv mit den Musikern geprobt hat. Und auch auf Schumanns Bemerkungen dazu eingegangen ist."
Die Resonanz der Uraufführung war eher verhalten. Die Sinfonie erklang im Konzert relativ spät, als das Publikum schon ermüdet war. Für eine zweite, erfolgreichere Aufführung überarbeitete Schumann sie noch einmal. Obwohl es sich chronologisch eigentlich um sein drittes Sinfonieprojekt handelt, erschien das Werk ein Jahr später als seine zweite Sinfonie, Opus 61 im Druck. Ihre große Bedeutung für Schumanns Schaffen brachte ein Kritiker 1848 in der "Neuen Zeitschrift für Musik" auf den Punkt:
"Der Componist hat mit diesem Werke einen neuen Höhepunkt seines Schaffens erreicht. Wer sich nicht bereits in die Individualität des Tondichters eingelebt hat, der wird durch dieses Werk vor allen anderen seiner Werke erfasst werden."