Ich kann nur sagen, dass ich ihn keine Minute bereut habe und ich habe eine neue, wie ich glaube ungeheuer wichtige Aufgabe übernommen, den Vorsitz in der größten Fraktion im deutschen Bundestag.
Heinrich von Brentano wurde am 20. Juni 1904 als jüngster Sohn des Geheimen Justizrates und späteren hessischen Zentrums-Ministers Otto von Brentano di Tremezzo geboren. Drei seiner Brüder waren im öffentlichen Dienst an maßgeblichen Stellen tätig, der vierte war der Schriftsteller Bernard von Brentano. Zu seinen Vorfahren zählten die beiden phantasievollsten Geschöpfe der Deutschen Romantik, Bettina und Clemens von Brentano. Die Wurzeln der Brentanos lassen sich weit vor der ersten Jahrtausendwende in den noblen Familien Oberitaliens nachweisen. Heinrich von Brentano studierte Jura und ließ sich 1932 als Rechtsanwalt und Notar in Darmstadt nieder. Während der Nazizeit musste sein Bruder Bernard als Redakteur der Frankfurter Zeitung emigrieren, seine Bücher wurden verbrannt. Heinrich von Brentano lebte zurückgezogen in Darmstadt. Nach dem Krieg war er Mitbegründer der CDU in Hessen und gehörte dem Parlamentarischen Rat an, der das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland formulierte. Seit 1949 Mitglied des Deutschen Bundestages, übernahm er 1955 das Auswärtige Amt von Bundeskanzler Konrad Adenauer, der die Auswärtigen Angelegenheiten bis dahin in Personalunion geführt hatte. Heinrich von Brentano baute auf dem Fundament der gerade geschaffenen NATO die Westbindung der Bundesrepublik Deutschland aus. Die unter dem Namen des vormaligen Staatssekretärs Walter Hallstein bekanntgewordene Doktrin von der strikten Nichtanerkennung der DDR als selbständigem Staat gehörte zu Brentanos eigenen festen Überzeugungen. Im November 1956 betonte der Außenminister im Deutschen Bundestag erneut:
...dass wir keine Beziehungen aufnehmen zu Ländern, die die so genannte Deutsche Demokratische Republik als einen selbständigen souveränen Staat anerkennen.
Brentano glaubte, es könne keine europäische Entspannung ohne eine Lösung der deutschen Frage geben. Gleichzeitig wies er immer wieder, so auch im März 1958 im Bundestag, darauf hin:
Die Bundesregierung bestreitet die demokratische Legitimation der so genannten Regierung von Pankow, und sie weiß, dass die Anerkennung dieser Regierung die Anerkennung der Teilung Deutschlands bedeuten würde. Sie verspricht sich nichts davon, ein Gespräch zu führen mit Männern, denen diese Legitimation fehlt, und sie glaubt auch nicht, dass man ernsthaft über die freiheitliche Ordnung eines Volkes von 68 Millionen sprechen kann mit denen, die 17 Millionen Deutschen die primitivsten Freiheitsrechte verweigern.
Nach seinem Rücktritt als Außenminister im Oktober 1961 galt Brentano als Kanzlermacher seiner CDU/CSU-Fraktion. Dem Kettenraucher blieb nicht mehr viel Zeit. Sein Favorit für die Nachfolge Konrad Adenauers war Ludwig Erhard. Im Dezember 1963 musste Heinrich von Brentano sich einer schweren Operation unterziehen, elf Monate darauf verstarb er an einem Krebsleiden.