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20 Jahre Euro
"Ein riesiges ökonomisches Experiment"

Vor 20 Jahren wurde der Euro als gemeinsame Währung für Europa eingeführt. Bis er tatsächlich in Umlauf gebracht wurde, dauerte es noch drei Jahre. Trotz der Schuldenkrise profitieren die EU-Länder von der Gemeinschaftswährung, meinen Devisenexperten. Sie fordern aber eine Fiskalunion.

Von Victor Gojdka | 28.12.2018
    Ein Mitarbeiter reinigt am 01. Juni 1998 einen Doppelstockbus an den für die EURO Einführung geworben wird. Die österreichische Bundesregierung hat anlässlich der Einführung des EURO als Bargeld eine Werbekampagne gestartet.
    Werbekampagne für die Einführung des Euro in Österreich im Juni 1998 (dpa / www.picturedesk.com / Alex Halada)
    31. Dezember 1998. Mitten in der Frankfurter Innenstadt haben sich Tausende zu einer Silvesterparty versammelt. Sie alle warten auf diesen einen Moment. "Drei, zwei eins. Der Euro ist da, der Euro ist da." Als Bargeld gibt es den Euro noch nicht, aber als sogenanntes Buchgeld.
    An den Börsen notieren die Kurse ab jetzt in Euro – und auch die Banken rechnen intern nun in der Gemeinschaftswährung. Ein bedeutender Schritt sagt Börsenexperte Folker Hellmeyer, der damals mit Währungen handelte:
    "Das Buchgeld ist für den Wirtschaftskreislauf der viel entscheidendere als das Bargeld. Also ist dieser Punkt, der für den Euro die Geburtsstunde war."
    Doch bald schon weicht die Freude. Der Kurs des Euro zum Dollar sinkt. Von 1,17 US-Dollar, geht es nach unten. Die Währung: Weich wie eine Matte, sagen manche. Schnell fällt der Euro unter einen Dollar, unter 90 Dollarcent. Dann greifen die Notenbanken ein – mit Stützungskäufen. Devisenexperte Ulrich Leuchtmann erinnert sich, warum der Euro damals auf Talfahrt ging:

    "Da war eben noch Restunsicherheit: Bleibt das Ding denn bestehen oder fliegt das Ding auseinander. Klappt das alles mit so einem riesigen ökonomischen Experiment, das wir alle noch nie gesehen hatten. Und deswegen war das natürlich mit Restunsicherheiten besetzt."
    Seit 2002 zahlen Geldautomaten Euro aus
    Doch der Euro schafft Vertrauen, wertet auf. Auch als er 2002 an den Bankautomaten kommt, läuft alles glatt. Die Deutschen sind sich allerdings nicht einig, was sie von diesem "Euro" halten sollen:
    "Ich freu mich drauf, ich freu mich vor allen Dingen drauf, dass ich in Europa rumreisen kann mit einer Währung und die dort ausgeben kann. Finde ich prima." "Man muss es erst mal ansehen." "Ich rechne trotzdem um. Wenn ich irgendwo was kaufe, rechne ich erst mal um, wie viel D-Mark das ist. Und nicht, wie viel Euro dasteht."
    Nachrichten: "In Deutschland und in den 11 anderen Staaten haben Millionen Menschen die Währung mit großen Feiern begrüßt. Die Einführung der neuen Währung verlief bislang offenbar ohne größere Probleme."
    Doch kaum zehn Jahre später zeigen sich die Sollbruchstellen. Nach der Finanzkrise schlittert Europa in die Schuldenkrise. Griechenland droht, aus dem Euro zu fliegen.
    Angela Merkel: "Scheitert der Euro, dann scheitert nicht nur das Geld, dann scheitert die Idee der europäischen Einigung."
    Europäische Fiskalunion als Ausweg aus der Krise
    An den Aktienbörsen sorgt die Eurokrise für Aufruhr, erinnert sich Händler Carsten Sommerfeld:
    "Man war dann doch sehr überrascht, wie hier plötzlich davon gesprochen wurde, die ganze Eurozone würde auseinanderbrechen oder den Euro würde es hinterher nicht mehr geben. Es herrschte absolute Panik, keiner wusste, wie es mittelfristig weitergeht. Und dementsprechend sind die Aktienanleger hier in Scharen aus den Aktientiteln ausgestiegen."
    Devisenexperte Ulrich Leuchtmann kennt einen Ausweg. Eine europäische Fiskalunion: "Wenn wir alle einen gemeinsamen Haushalt haben, haben vielleicht nicht mehr alle Staaten die Möglichkeit, mit ihrer Haushaltspolitik Unsinn zu treiben. Oder vielleicht nicht mehr so relevanten Unsinn zu treiben."